Hexengruft – Abenteuer in Moorland. Ralph Müller-Wagner
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»Ist denn hier niemand?«, spricht wieder die Stimme aus dem Schrank. »Bin so aufgeladen mit Energie, dass ich fast platze. Muss hier raus, dringend!«
Felix will schon gerne antworten, aber ihm ist so, als würde ein Kloß in seiner Kehle stecken. Nicht einen Ton bekommt er über die Lippen, was ihm gar nicht gefällt. Schließlich ist es das erste Mal in seinem Leben, dass ein Gespenst mit ihm Kontakt aufnimmt. Es kann doch nur ein Gespenst sein. Was denn sonst?
Bum ba bum bum bum bum, klopft es nun rhythmisch von innen gegen die Schrankwand. »Hört mich denn hier keiner?«, jammert die geheimnisvolle Stimme weiter. »Schon bald ist die Stunde vergangen und ich muss in die Zwischenwelt zurück. Hallo! Hallo!«
‚Zwischenwelt? Das klingt wirklich gespenstisch’, überlegt Felix. Und plötzlich ist seine Stimme wieder da, auch wenn sie noch ganz dünn klingt. »Ja, hier ist jemand. Wer gibt sich denn die Ehre? Ich bin mehr als hoch erfreut. Ich mag Gespenster und habe schon eine Menge über euch gelesen.«
»Das ist aber fein. Ist doch jemand da, ich darf also wirklich eintreten, Euer Ehren?«, antwortet die Stimme erleichtert.
»Ja, du darfst. Ich habe auch keine Angst.« Schwupp. Felix verschwindet unter seiner Bettdecke, dort harrt er der Dinge, die da auf ihn zukommen. Euer Ehren hat das Gespenst zu ihm gesagt, das bringt ihn irgendwie zum Schmunzeln.
Die Schranktür knarrt und will gar nicht mehr aufhören damit. Dann wird es gleich mucksmäuschenstill, bis ein mysteriöses Brummen einsetzt.
»Wo seid Ihr denn?«, sagt die Stimme verhalten.
»Na hier, unter der Bettdecke«, antwortet Felix klein laut.
»Wenn Ihr wollt, kann ich ja auch mit hinein huschen, damit wir uns vorstellen können.«
»Nein, lieber nicht!«, ruft Felix entsetzt.
»Warum zeigt Ihr Euch nicht, seid wohl ein Aussätziger?«
»Nein, keineswegs. Ich sehe nicht schlimm aus, bin bestimmt kein Freak. Mir taten nur die Augen so weh, verstehst du?«, schwindelt Felix wie gedruckt. »Aber jetzt geht es mir schon wesentlich besser. Bin gleich draußen, warte mal.« Kaum hat er das hellgrün leuchtende Gespenst mit seiner menschlichen Gestalt gesehen, schreit Felix erschrocken auf und verkriecht sich abermals unter seiner Bettdecke. Selbst das faltenlose Gesicht des Wesens und seine Elfenohren, die zwischen halb langen Haaren hervor schauen, leuchten grün.
»Sehr eigenartig«, wundert sich das fremde Wesen. »Habt Ihr vielleicht Zahnschmerzen? Da wüsste ich Abhilfe. Mit einem Stück Draht ziehe ich Euch den kranken Zahn gerne heraus.«
»Nein, keine Zahnschmerzen!«, antwortet Felix entsetzt. »Die Augen stechen mir so«, schwindelt er dann weiter. Der Typ will ihm doch glattweg mit einem Draht die Zähne ziehen. Hat der noch alle Latten am Zaun? Aber dann besinnt sich Felix. Das Wesen will ihm ja bloß helfen, es muss demnach ein gutes Gespenst sein. So entschließt sich Felix, ihm erneut entgegen zu treten. Mutig kriecht er unter der Bettdecke hervor, obwohl er am ganzen Körper zittert. Na ja, schließlich kriegt man nicht jeden Tag ein Gespenst zu sehen.
Richtig kalt ist es im Zimmer geworden, eiskalt. Felix sieht seinen Atem. Es fröstelt ihn. Oder ist es die Angst, die sein Blut in den Adern gefrieren lässt? Bibbernd steht er vor dem Bett, reibt sich die Augen. Nein, alles ist echt. Er träumt nicht. Und es ist immer noch Geisterstunde.
Die geheimnisvolle Erscheinung ist nicht größer als Felix. Das Wesen trägt echte mittelalterliche Kleidung. Schnürhemd, Lammfellweste, Bundhose und geschnürte Stulpenstiefel. In der rechten Hand hält es einen Filzhut mit Feder. »Es ist mir eine große Ehre, Euch vor die Augen treten zu dürfen, Herr des gelobten alten Palisanderschrankes«, stellt es sich höflich vor. »Mein Name ist Palis. Ich bin ein Baumelf aus dem Lande Ghorgos und betreue da die Palisanderbäume eines Waldes. Seit Jahrhunderten reise ich durch die Zeit, doch dazu später.«
Felix ist so fasziniert von den Worten des Fremden, dass er sich erst einmal auf den Hosenboden setzt und die Eiseskälte vergisst, die immer noch in seinem Zimmer herrscht. Er bringt vor Aufregung kein einziges Wort über die Lippen. Stumm mustert er die bizarre Gestalt, welche in ein grünliches mattes Licht getaucht ist.
»Euch hat es ja offensichtlich die Sprache verschlagen. Ich verstehe das. Es tut mir leid«, entschuldigt sich der Fremde. »Ist auch nicht unbedingt die feine Art, Leute um Mitternacht aus dem wohlverdienten Schlaf zu reißen. Aber ich verfüge nur über diese Möglichkeit, um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Eigentlich bin ich gar nicht so klein. Ich kann meine Größe beliebig ändern, doch aus Anstandsgründen passe ich mich immer der Größe meines Gegenübers an«, offenbart der Fremde weiter, während er an der Schnalle seiner ledernen Gürteltasche spielt.
Felix, der nun die Bettdecke über seine Schultern zieht, um sich auf zu wärmen, findet die Stimme wieder, er fasst sich ein Herz und sagt leise: »Ist nicht so schlimm. Ich bin der Felix. Man, hast du mir einen Schreck eingejagt.«
»Ach, lasst mal gut sein. Das wird schon mit uns beiden«, winkt der Fremde ab. »Auch wenn ich bloß ein Gespenst bin. Wir werden bestimmt gut miteinander auskommen, Herr des gelobten alten Schrankes.«
»Das will ich doch hoffen«, antwortet Felix gerade heraus. Er hat überhaupt keine große Lust, es sich mit einem Gespenst zu verscherzen. »Sage doch einfach Felix zu mir. Ich … ich bin doch noch ein Kind und auch nicht der Herr des Schrankes, wie du meinst.«
»Also gut, Felix. Aber dass dieser schöne Schrank in Eurem Gemach steht, ist bestimmt kein Zufall. Er ist aus Palisanderholz gefertigt und birgt besondere Eigenschaften.«
Felix macht jetzt große Augen und ist gespannt.
Der Fremde beginnt gleich zu erzählen: »Sein Holz ist mit Zauberkräften durchtränkt, die zur Geisterstunde belebt werden. Dadurch ist es mir möglich, mit Euch in Verbindung zu treten. Nun wisst Ihr auch, warum wir uns nicht am Tage begegnen können.«
Felix spitzt die Ohren. Unglaublich, was er da hört! Da steht ein uralter Zauberschrank in seinem Zimmer und er weiß gar nichts davon. Wieder läuft es ihm eiskalt über den Rücken. Kritisch mustert er das Gespenst, fragt: »Bist du aus Fleisch und Blut? Du siehst so echt aus.«
»Oh, danke für das Kompliment«, freut sich der Fremde und reibt seine Hände, dass es nur so raschelt. »Leider muss ich Euch enttäuschen. Meine Gestalt ist feinstofflich. Berührt Ihr mich, greift Ihr ins Nichts und spürt nur Eiseskälte. Wollt Ihr es einmal ausprobieren?«, schlägt er dann vor, den erstaunten Jungen dabei angrinsend.
Felix rümpft die Nase. Klar, er will mal. Wer bekommt schon die Gelegenheit, ein Gespenst zu berühren. Doch ist es ihm auch etwas gruselig dabei. Darum zögert Felix und ehe er sich versieht, legt der Fremde ihm seine rechte Hand um die Schulter. Plötzlich wird dem Jungen so richtig frostig, bis in die Zehenspitzen. Schon fängt er mit den Zähnen zu klappern an und bittet den gespenstischen Baumelfen deshalb freundlich, die Hand von seiner Schulter zu nehmen. Die Kälte lässt auch schlagartig nach, aber Felix schlüpft trotzdem unter die warme Bettdecke.
»Nun, habt Ihr mich gespürt?«, will der Fremde wissen.
»Nein, nur Kä…Kä… Kälte«, stammelt Felix, während er von einem Bein auf das andere tritt. »Ich glaube dir, du bist echt cool. Im wahrsten Sinne des Wortes. Aber mit dem Anfassen,