Der eingemauerte Mann. Heidemarie Pläschke
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Sie verabschieden sich und wünschen sich einen guten Tag.
Zufrieden mit sich und der Welt fährt Mara an diesem 2. Pfingsttag, den 04. Juni 2001, in ihre Wohnung zurück.
Gespannt wartet Mara am nächsten Tag, ob Hanno sie anruft.
Schon 8.05 Uhr klingelt ihr Telefon und am anderen Ende fragt eine Stimme: „Rate mal, wer hier ist?“
„H’m, weiß nicht“, ist sich Mara unsicher und will nichts Falsches sagen, denn seine Stimme hatte sie schließlich am Telefon noch nie gehört, und bittet: „Nun, sag mal.“
„Wenn ich verspreche, ich rufe an, dann rufe ich auch an.“
Mara mit einem Freudenschrei: „Hanno!“
Hanno entschuldigt sich, dass er so früh anruft, denn die Telefonnummer, die er ihr aufgeschrieben hat, wäre nicht ganz richtig gewesen und er will nicht, dass Mara keinen Anschluss bekommt und dass er jetzt zum Zahnarzt muss. Die ganze Nacht hätte er schlecht geschlafen und möchte Mara wiedersehen. Zwar hat er jetzt Urlaub, aber sein Terminkalender ist schon brechend voll. Trotzdem schaufelt sich Hanno den Mittwoch frei und sie verabreden sich zu 18 Uhr an der Schwimmhalle. Er wollte pünktlich sein und nicht wollen, dass Mara auch nur fünf Minuten warten muss.
Aber etwas brennt Mara noch unter den Nägeln und sie fragt: „Darf ich dir noch eine Frage stellen?“
„Ja.“
„Bist du verheiratet?“
„Ja.“
„S c h e i ß e!“, platzt es aus Mara heraus. „Gar nicht scheiße, ich erkläre es dir morgen. Ich will dich nicht belügen.“
„Und bleibst du verheiratet?“
„Ich muss dich erst noch einmal sehen. Du hast mich gestern, als ich dich sah, total aus der Bahn geworfen. Ich lebe gar nicht mehr auf dieser Welt. Habe dir was geschrieben und möchte dabei sein, wenn du es liest.
Habe sofort meinen Termin am Mittwoch umgestoßen, um Zeit für dich zu haben. Vielleicht rufe ich nachher noch einmal an. Jetzt muss ich zum Zahnarzt. Darf ich dich nachher noch einmal anrufen?“
„Du darfst mich jederzeit anrufen“, taumelt Mara vor Glück.
Noch eine ganze Weile hängt Mara ihren Gedanken nach, bevor sie sich aufraffen kann, ihren Grillkamin weiter abzuspachteln. Natürlich hat sie das Telefon in Hörweite und jedes Klingeln weckt in ihr die Hoffnung, dass er es sein könnte.
Endlich um 18.40 Uhr hört sie Hannos liebe Stimme am anderen Ende der Leitung sagen: „Bin auf dem Heimweg und wollte dir nur sagen, dass ich mich auf morgen freue. Wie war denn dein Tag?“
„Habe Essen gemacht und den Kamin abgespachtelt, aber nicht, dass du denkst, ich wäre zu selbstständig; kann nur nicht immer nach Hilfe schreien und mache das, was ich kann, selber.“ Hanno: „Ich habe zwar nicht zwei linke Hände, aber alles kann ich auch nicht. Freue mich auf morgen.“
„Ich freue mich auch auf morgen und danke für deinen Anruf.“ Mara ist selig.
Am nächsten Tag steht Mara schon früh auf, denn sie hat sich viel vorgenommen: Saugen, Kamin streichen, einkaufen und dann noch einmal den Kamin streichen, duschen und was ziehe ich an, sollte ich mich dekorieren?
Ihr Sohn Julian hat ihr die Gartenpforte gestrichen und den Pfosten gerichtet; nun wünscht er sich ein großes Eis.
Da klingelt das Telefon und Hanno fragt, ob er auch etwas früher kommen könnte. „Ja, natürlich, gerne“, hört sie sich sagen. „Schaffe ich noch das Eis? Ach, da ist noch Dreck an der Pforte. Nun aber dalli.“
„Julian, kannst du mir bitte helfen? Ich habe noch nichts gegessen, nur ein Viertel vom Apfel und Zähne muss ich auch noch putzen. Ja, das Eis mache ich dir sofort.“
Gerade noch so geschafft, da steht Hanno auch schon vor der Haustür und strahlt Mara durch die Scheiben an und Mara strahlt zurück. Sie öffnet die Tür und bittet Hanno hineinzukommen. Hanno überreicht ihr einen wunderschönen Blumenstrauß mit den Worten: „Ich hoffe, du magst so etwas.“
„Aber natürlich, Dankeschön, wie lieb von dir.“ Hanno ist sichtlich unsicher, wie er Mara begrüßen soll, ob Hand geben oder doch umarmen, da nimmt Mara ihm diese Entscheidung ab, indem sie ihn einfach liebevoll umarmt.
Mit beiden Händen hält Hanno einen Brief hoch und sagt: „Und dann habe ich dir noch dieses mitgebracht.“
„Oh, so einen dicken Brief für mich. Gleich werde ich ihn lesen, aber ich denke, ich sollte erst einmal diese wunderschönen Blumen (drei rote Gerbera, drei weiße Rosen und eine Rispe mit weißen Blüten von schönem Blattwerk umgeben) ins Wasser stellen. Mara schaut im Wohnzimmer nach einer passenden Vase und entscheidet sich für einen blauen Krug im Landhausstil, wobei sie überlegt, die blaue Manschette, da sie farblich nicht so gut zum Krug passt, zu entfernen, da bittet Hanno sie: „Du, lass das mit den Blumen erst einmal, lass sie bitte dort stehen. Komm, ich möchte mich auf dich konzentrieren. Bitte lies jetzt den Brief.“
„Okay, mache ich im Wohnzimmer“, und sie gehen hinein. Mara nimmt am Esstisch Platz, weil sie dort besseres Licht hat, und setzt ihre Lesebrille auf.
Hanno möchte lieber auf dem Sofa sitzen und sie beobachten; so fragt Mara ganz aufgeregt: „Bin ich traurig, wenn ich den gelesen habe?“
„Nein, das glaube ich nicht. Habe mal so aufgeschrieben, wie es mir gegangen ist und auch was von mir, damit du mich ein wenig kennenlernst.
Mara holt den Brief aus dem Umschlag und sagt: „Kann mich nicht erinnern, dass ich je einen Liebesbrief bekommen habe. Alles mit Füller geschrieben und sieben Seiten lang. Das Herz schlägt ihr bis zum Hals und sie beginnt zu lesen:
Timmendorfer Strand, Pfingstdienstag,
05. Juni 2001
Teure!
Es ist mir entfallen, ob wir uns duzten oder siezten. Wenn ich nun spaßeshalber die zweite Person Plural verwende, so nicht aus Nostalgie, sondern aus Verlegenheit. „Ruf an!“ oder „Rufen Sie an!“ sagtet Ihr gestern, heute morgen leichthin, als wir miteinander sprachen und ich Euch mit der Bemerkung zu halten suchte, ich hätte Euch noch etwas zu sagen. Jetzt schreibe ich. Ihr wisst ja nicht, auf welchen gerade fruchtbaren Boden Eure Aufforderung, etwas zu sagen, fiel. Ihr konntet nicht ahnen, dass ich, der wildeste aller Schreiber, mir gerade bei Euch vorgenommen hatte, nicht zu schreiben.
Alles begann mit Briefen. Aber nicht deshalb wollte ich nicht schreiben, damit keine Liebschaft begänne – ganz im Gegenteil: Ich bin rasend interessiert daran, mit Euch Unmengen von Kaffee und Tee, von Whiskey und Wein zu trinken. Euch dabei glühend anzufunkeln und ständig in größter Unaufdringlichkeit zu beschwören, doch eine wilde Liaison mit mir einzugehen. Aber ich wollte dieses Ziel endlich einmal ohne das Mittel des Briefes