Ursula jagt eine Diebin. Herta Fischer

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Ursula jagt eine Diebin - Herta Fischer

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entlang, schauten neugierig in alle Ecken und Winkel und fanden schließlich die Post. Mit einer Tasche voller Briefe und Karten traten sie den Heimweg an. Im Schlosspark stand jetzt der Sägebock verlassen. Der Hausmeister war wohl frühstücken gegangen. Dafür begegneten sie einer alten Frau mit zersorgtem, runzligem Gesicht. Sie trug eine Schürze und ein rotes Umschlagtuch. In der einen Hand hielt sie einen mit Himbeeren gefüllten Krug, mit der anderen stützte sie sich schwer auf einen festen Stock.

      Ursula und Iris, ihrer guten Vorsätze eingedenk, grüßten höflich: »Guten Tag!«, erhielten jedoch als Antwort nur ein mürrisches Brummen.

      »Die ist aber unfreundlich«, meinte Iris. Gleich darauf fanden die Mädchen einen Bund Schlüssel, der mitten auf dem Parkweg lag. »Ob er der Alten gehört?« vermutete Ursula. »Komm, wir laufen ihr nach.«

      Schnell holten sie die Frau ein und reichten ihr den Fund. Mit gedankenverlorenem Kopfnicken nahm ihn die Alte und steckte die Schlüssel in die Schürzentasche. Die Kinder würdigte sie nur eines kurzen Blickes aus ihren grauen, weltfernen Augen. Vor sich hin brummend, schlurfte sie weiter.

      »Pu!«, sagte Ursula. »Die mag ich nicht leiden.« Auch Iris schüttelte sich. »Die ist garstig!«

      Gleich darauf aber rief sie: »Wollen wir mal über den Bach springen?«

      »Der ist zu breit!«, stellte Ursel fest. »Wir kommen nicht drüber. – Aber, du, ich weiß was Besseres!«

      »Was denn?«

      »Wir könnten schnell mal drin baden.«

      »Baden? Meinst du?«, Iris zögerte nicht lange. »Ach ja, es ist so heiß. Ich schwitze fürchterlich.«

      »Aber wir haben keine Badeanzüge.«

      »Macht nichts!«, Iris zog schon das geblumte Dirndl über den Kopf. »Hier sieht uns doch kein Mensch.«

      Sie legten ihre Kleider fein säuberlich über einen Baumstumpf. Die Tasche mit den Postsachen stellten sie daneben. Zuletzt legte Ursula ihr silbernes Armband, das sie von ihrer Tante zum Geburtstag bekommen hatte, obenauf. Zwischen den Holundersträuchern war der Bach am tiefsten. Dort setzten sie sich ins Wasser, kreischten, weil es so kalt war, bespritzten sich lachend und jubelten vor Vergnügen, bis Ursula mahnte: »Nicht so laut. Wenn uns jemand hört! Wir haben doch nichts an.« Nun flüsterten sie nur noch, blickten sich ab und zu um, kicherten unterdrückt und fanden ihr Bad herrlich erquickend.

      Endlich kletterten sie ans Ufer, ließen sich von der Sonne trocknen, doch während sie sich wieder ankleideten, rief Ursula plötzlich entsetzt: »Wo ist denn mein Armband hin?«

      »Du wirst es runtergeworfen haben«, sagte Iris und suchte mit Blicken den Boden ab. »Das müssen wir finden. Das Gras ist ja hier ganz niedrig.«

      Die Kinder sahen das Armband aber nirgends, obwohl sie, auf den Knien hin und her rutschend, eifrig suchten. Grashalme wurden auseinandergebogen, Steine beiseitegeschoben, jedes Erdfleckchen mit den Händen abgetastet. Das Armband war weg.

      Iris stand in Hemd und Höschen da und vergaß vor Schreck, das Kleid anzuziehen. Sie biss sich in den Handrücken und sah sich nach allen Seiten um. Ursula behauptete: »Das hat jemand gestohlen!«

      »Aber wer denn?«

      »Ja, wer wohl? Vielleicht die mürrische Alte?«

      »Na klar«, stimmte Iris Ursula zu, »es war ja sonst kein Mensch in der Nähe.«

      »Wir müssen ihr nach!«, ereiferte sich Ursula. »Schnell, zieh dich an.«

      Eilig zogen sie ihre Kleider über den Kopf und rannten los. Im Laufen rief Iris: »Aber eigentlich war die alte Frau schon an der Stelle vorbei!«

      »Vielleicht hat sie uns gesehen und ist nochmals umgekehrt.«

      Unversehens standen sie vor dem Mann am Sägebock, der gerade die zersägten Holzblöcke auf eine Schubkarre laden wollte. Wie gut!

      Schüchtern erkundigte sich Ursel: »Verzeihen Sie bitte, haben Sie hier irgendwo eine alte Frau mit einem roten Kopftuch gesehen?«

      »Schau einer an«, polterte der Mann, »schon wieder der Grünschnabel! Wollt mich wohl wieder foppen?« Aber als er Ursulas ehrliche Aufregung bemerkte, brummte er: »Du meinst wohl die alte Hennigen?«

      »Kann schon sein.« Ursula trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Ich weiß nicht, wie sie heißt, aber sie ging auf einen Stock gestützt und hatte Himbeeren gepflückt.«

      »Und sie war brummig wie eine alte Waldeule«, ergänzte Iris.

      »Na ja, ihr meint schon Mutter Hennig«, sagte der Hausmeister, holte einen Kornapfel aus der Hosentasche und drehte ihn nach allen Seiten, ehe er abbiss. »Was wollt ihr denn von ihr? Sie hat sich über euch beschwert, weil ihr solchen Lärm gemacht habt und nichts anhattet beim Baden.«

      »Hat sie uns gesehen?«, fragte Ursula atemlos.

      »Na, freilich! Ganz in der Nähe eurer Badestelle ist doch ihr Ruheplatz, dort frühstückt die Frau immer, wenn sie aus den Beeren kommt.« Er schob mit einer weit ausholenden Handbewegung das Haar aus der Stirn und fragte: »Aber was geht es euch an?«

      Ursel stieß Iris in die Seite und blickte sie vielsagend an: »Na, siehst du nun …« Dann bat sie drängend: »Bitte, sagen Sie uns doch, wohin sie ging. Wir müssen es wissen, und wir haben es eilig.«

      »So, eilig habt ihr’s?« Der Mann schien nicht einsehen zu wollen, dass Ferienkinder keine Zeit haben könnten. Er drehte erst wieder ein paarmal den Apfel in der Hand, biss wieder hinein und meinte: »Der schmeckt gut. Schade, dass es mein letzter ist. Ihr hättet sonst gern mal kosten können. Aus meinem Garten. Eigene Ernte.«

      So ein langweiliger Kerl. Iris stöhnte. Als ob sie jetzt Verlangen nach Äpfeln hätten!

      »Wohin Frau Hennig gegangen ist, möchten wir wissen!«, wiederholte sie ungeduldig. »Ach, lassen Sie uns doch nicht so lange zappeln!«

      »Ach so! Ihr wollt ihr wohl nachlaufen? Habt wohl Appetit auf Himbeeren? Na, ich weiß nicht … Versuchen könnt ihr’s ja mal.«

      Der Mann warf lässig das Kerngehäuse ins Gebüsch und wies mit der ausgestreckten Hand dem Dorfe zu. »Dort um die Ecke, die Dorfstraße hinunter …« Er hatte das letzte Wort noch nicht zu Ende gesprochen, da sausten die Mädchen schon los. Der Hausmeister blickte ihnen kopfschüttelnd nach, wie sie mit flatternden Röcken hinter den Häusern verschwanden.

      Die Dorfstraße war menschenleer. Nur zwei kleine Kinder schoben einen Puppenwagen über die Straße. Ein Junge lief hinter einem Ball her. Auf einem Fensterstock stand eine Frau und putzte die Scheiben. Aber von der alten mit dem Kopftuch war kein Zipfelchen zu sehen.

      »So, das haben wir davon! Nun ist sie uns entwischt!«, stellte Ursula empört fest.

      »Und nur, weil der Mann uns so hingehalten hat«, entrüstete sich Iris. »Was machen wir nun?« Vom Kirchturm schlug es schon zwölf Uhr. Höchste Zeit, ins Lager zu kommen! »Ich muss mein Armband wiederhaben!« Ursula weinte fast. »Was denkst du, wie meine Mutti sonst zankt, ich sollte es doch gar nicht mitnehmen. Aber ich habe so lange gebettelt und hoch

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