Orgasmus - die weibliche Kraft. Brunhild Hofmann
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Die Sprache der Lust
Vagina – Möse – oder Yoni?
»Auch Sprechen, Reden ist eine Handlung. Wenn wir etwas sagen, dann haben unsere Worte eine Auswirkung auf unseren Körper, unseren Geist und auf die Welt. Eine wohlwollende Sprache wird uns Freude und Gesundheit […] bescheren«, sagt der Mönch Thich Nhat Hanh in seinem Buch »Im Hier und Jetzt zu Hause sein«.1
Ich beschloss, über das Thema zu schreiben. Aber es war gar nicht so einfach, den richtigen Namen für das Objekt meiner Schreibbegierde zu finden. Mir fiel es sehr schwer, einen Begriff für die weiblichen Genitalien zu wählen – außer für die Brüste.
Das Wort »Vagina« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »Hülle für den Penis« – genauso wie »Scheide« die Scheide für das männliche Schwert meint. Außerdem beschreibt »Vagina« nicht die Gesamtheit der Genitalien mit Venushügel, Klitoris, äußeren und inneren Venuslippen, Damm und dem Bereich um den Anus. Über diese Gesamtheit und mein Erleben wollte ich aber schreiben. Ich beschloss, je nach Kontext einen entsprechenden Begriff zu wählen.
Jede und jeder von uns – außer diejenigen, die durch einen Kaiserschnitt das Licht der Welt erblickten – ist durch die engen Wände der Vagina gepresst worden, wurde umschlungen, gehalten, vorwärtsgedrückt. Die Vagina war unser Tunnel aus der Höhle der Gebärmutter ins Licht des Lebens. Neun Monate vorher hat unser Vater diese Vagina besucht, um das Ei der Mutter zu befruchten – und hoffentlich hatten die beiden Spaß dabei.
Wie auch immer die Beziehung zu unserer Mutter später aussieht – wir haben diese Wände passiert, sie haben mit uns in engster Berührung zusammengearbeitet, wir haben sie gespürt, gerochen, geschmeckt: die Vagina unserer Mutter. Sie hat uns vollkommen dabei unterstützt, ins Leben zu treten, als wir uns dafür entschieden hatten und reif und bereit dafür waren.
Wie kann es sein, dass es in unserer Gesellschaft gang und gäbe ist, diesen Körperteil, der für uns alle so entscheidend ist, mit dem schlimmsten aller Schimpfwörter zu belegen, das für Frauen auf dem Markt ist: »Fotze!?« Und dass Frauen das dulden …?
Es ist gut, diesen Umstand einmal auf sich wirken und das Monströse und Herabwürdigende dieses Wortes an seinem inneren Auge vorüberziehen zu lassen: Tatsächlich beleidigt jeder, der dieses Wort benutzt, sich selbst – und verletzt damit jeden, der zuhört.
Wenn wir es als Gesellschaft schaffen, Frauen und ihre Geschlechtsorgane respektvoll und voller Freude über ihre Schönheit und Kraft zu benennen, bedeutet das, dass Frauen mehr wertgeschätzt werden und Männer sich selbst mehr würdigen.
»Vulva« steht als übergeordneter Begriff für den Venushügel, die Klitoris und … die »Schamlippen«! Erneut begegnen wir einer herabwürdigenden Sprache: Wofür sollen wir Frauen uns schämen? Für unsere Körperteile, die uns Lust bringen? Für die Bereiche unseres Körpers, die dazu beitragen, dass neue Menschen geboren werden? Ich ziehe das Wort »Venuslippen« eindeutig vor, denn das sind sie; zart und sanft wollen sie berührt werden und stehen wie die Venus für weibliche Lust und Liebe.
Das Wort »Schoß« fasst im Deutschen alle diese genitalen Anteile zusammen. Im Alltagsgebrauch reflektiert es allerdings mehr den mütterlichen Aspekt weiblichen Lebens: Gebären, Trösten, Geborgensein. Es spiegelt für mich den hingebungsvollen Aspekt der weiblichen Sexualität, nicht den lustvollen, verlangenden.
»Yoni« ist das Sanskritwort für Vulva und Vagina. Es ist von »Mutterleib« abgeleitet und bezeichnet tatsächlich gleichzeitig alle inneren Organe wie die Gebärmutter und die Genitalien der Frau, die zur Zeugung und Reifung von Nachkommen wichtig sind. Das Wort »Yoni« steht somit auch für die Systeme im weiblichen Körper, die an der Entfaltung von Lust beteiligt sind.
Mythologisch meint »Yoni« den Schoß der Frau, aufnehmend und empfangend, aber auch ein Oval, eine Höhle, eine Quelle. Die Quelle, aus der alles Leben entspringt. Yoni als das offene Prinzip, das Annehmende, In-sich-Einsaugende steht im übertragenen Sinn für die Sinnesorgane, für Mund, Nase, Ohren, Augen (siehe auch www.tarambora.de). Yoni – trotz der Würdigung, die mit diesem tantrischen Ausdruck verbunden ist, kommt er mir immer noch schwer über die Lippen: zu exotisch, zu fremd.
Deshalb habe ich mich auf die Suche nach Namen gemacht, die all das – meine Vulva und Vagina, meinen Schoß mit allem, was mir Freude bereitet – treffend beschreiben.
Für die Klitoris finde ich den bekannten Ausdruck »Perle« oder »Perlchen« sehr schön. Sie fühlt sich wie eine kleine feste Perle an.
Für den gesamten Bereich der Vulva mit Klitoris über Vagina bis zu den erogenen Zonen des Dammes und des Anus fällt mir ein:
Lustzentrum,
Schatzkästlein
Glücks- und Krafthöhle
Rose
Es ist wundervoll, wenn Sie weitere lust- und freudvolle Worte finden und verwenden.
Das individuell passende Wort für den Ursprung weiblicher Potenz zu finden, den Ort, durch den Menschen ins Leben gleiten, der uns in höchstes Entzücken versetzt, wenn wir durch ihn Liebe erfahren, dem wir zudem alle während unserer Geburt intim begegnet sind, erhebt uns, bringt uns näher zu uns selbst und zum anderen. Das gilt sowohl für die Frau als auch für den Mann.
Dein Glauben, dein Denken, dein Fühlen – dein Orgasmus
Überzeugungen einer selbstbewussten sexy Frau
Wir wissen heute mehr über uns, als Frauen und Männer jemals über sich, ihren Körper und ihre Sexualität wussten. Warum fällt es uns Frauen so schwer, dieses Wissen in unserem alltäglichen Leben umzusetzen? Warum ist es so schwer, über Sexualität und die eigenen Wünsche zu reden?
Die historischen Hintergründe zeigen, dass dies kein Wunder ist: Im frühen Mittelalter war die Kuh eines Bauern mehr wert als seine Frau; die Frau war praktisch seine Sklavin. Im Mittelalter wurden Frauen, die sich Kenntnisse über den weiblichen Körper angeeignet hatten und z.B. ihre Geschlechtsgenossinnen bei Geburten unterstützten, als Hexen verfolgt. Im 18. Jahrhundert wurde im Bürgertum ein Ideal von Weiblichkeit etabliert, das jedes offene Wort, jeden expliziten Willen, von einer Frau ausgesprochen, als unweiblich festschrieb. Bis zum Ende der 1970er-Jahre mussten Ehefrauen in Deutschland ihren Ehemann um Erlaubnis bitten, wenn sie arbeiten wollten. Heute scheinen all diese Zwänge wie hinweggefegt. Aber im kollektiven weiblichen Unterbewusstsein sind sie vorhanden – und schleichen sich damit in das Leben jeder Frau. Individuell tragen wir die Erlebnisse und Ängste unserer Mütter und Großmütter, unserer Ahninnen und Urahninnen, eingebrannt in unserem Unterbewusstsein.
Es ist sinnvoll und notwendig, zu überprüfen, welche Ansichten unsere unterbewusste Welt bevölkern. Wer und was treibt sich da eigentlich herum? Stärken uns unsere unterbewussten Überzeugungen oder halten sie uns klein, abhängig und ängstlich? Darf ich voll in meine Lust treten oder ist das schlecht und muss ich dann mit Bestrafung rechnen? Was glaube ich darüber wirklich?
Nach meiner Meinung sind die eigenen unterbewussten Überzeugungen die großen Hemmschuhe, die uns davon abhalten, all das, was wir im Kopf wissen, zu leben. Deshalb stelle ich jetzt Überzeugungen vor, die