Wie viel Tier darf's sein?. Michael Rosenberger

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Wie viel Tier darf's sein? - Michael Rosenberger

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nach Deutschland, wo er anfangs mit „Vegetarianer“ und später dann mit „Vegetarier“ übersetzt wird. Unter dem Sammelbegriff „Vegetarismus“ gilt es, verschiedene Formen des Verzichts auf Nahrungsmittel zu unterscheiden:5

      – Der Pescetarismus meint den Verzicht auf Fleisch, wobei Fisch, Eier und Milchprodukte gegessen werden. Streng genommen ist dies keine Form des Vegetarismus, sondern höchstens eine Vorform. Dennoch werden PescetarierInnen oft als VegetarierInnen betrachtet, sogar in Meinungsumfragen und Statistiken.

      – Der Ovo-Lacto-Vegetarismus bezeichnet den Verzicht auf Fleisch bei gleichzeitigem Konsum von Milch, Milchprodukten und Eiern. Diese Form des Vegetarismus lehnt also ausschließlich das direkte Töten geborener oder geschlüpfter Tiere zum Fleischverzehr ab.

      – Der Lacto-Vegetarismus geht einen Schritt weiter und verzichtet neben Fleisch auch auf Eier. Denn in Eiern könnte ja theoretisch der Keim eines Lebewesens liegen.

      – Der Veganismus plädiert mit der Tierrechtsbewegung für die Auflösung der gesamten Tierwirtschaft, die er als reine Ausbeutung der Tiere betrachtet, und verzichtet daher neben Fleisch und Eiern auch auf Milch und Milchprodukte. Darüber hinaus tragen VeganerInnen keine Kleidung, die tierische Materialien enthält, und verzichten auf Kosmetika, die mittels Tierversuchen getestet wurden.

      – Der Bio-Veganismus ist eine Variante des Veganismus und legt mehr als dieser Wert auf eine ökologische Erzeugung der pflanzlichen Produkte. Gegessen werden nur Pflanzen aus ökologischem Landbau. Allerdings steckt der vegane Ökolandbau noch in den Kinderschuhen, denn der klassische Ökolandbau verwendet tierischen Dünger. Die Frage darf als offen gelten, ob beide Kriterien – vegan und ökologisch – im strengen Sinne gemeinsam verwirklicht werden können.

      – Der Fructarismus oder Fruganismus als radikalste denkbare Form will über die Tiernutzung hinaus auch auf das Töten ganzer Pflanzen verzichten und konsumiert daher nur Früchte, die die Pflanzen ohnehin mit dem Ziel hervorbringen, dass sie von Tieren oder Menschen gegessen werden, um mit ihren Exkrementen den Samen zu verbreiten.

      – FlexitarierInnen hingegen sind Menschen, die zeitweise vegetarisch oder vegan leben, dann aber wieder Fleisch verzehren. Allerdings konsumieren sie relativ bewusst und gezielt Fleisch aus ökologischer und artgerechter Tierhaltung. Sie sind gleichsam „Teilzeit-VegetarierInnen“ oder „Teilzeit-VeganerInnen“. Mir scheint, dass FlexitarierInnen in vielen Statistiken als VegetarierInnen oder VeganerInnen gezählt werden. Selten wird hier präzise unterschieden.

      Im Folgenden werde ich mit dem unspezifischen Begriff „Vegetarismus“ den Ovo-Lacto-Vegetarismus bezeichnen. Sofern eine der anderen Formen des Vegetarismus gemeint ist, verwende ich die spezifischere, präzise Begrifflichkeit für diese Form.

      Das Wort „vegan“ geht auf den Engländer Donald Watson (1910–2005) zurück, der 1944 die Vegan Society als eine Abspaltung der englischen Vegetarian Society gründete. Der Begriff verbindet die ersten drei und die letzten zwei Buchstaben des Wortes „vegetarian“. Während der Vegetarismus mindestens zweieinhalb Jahrtausende alt ist und eine lange Geschichte hat, handelt es sich beim Veganismus also (abgesehen von der Religion der Jainas, an die man aber kaum anknüpft) um eine sehr junge Bewegung. Ein konsequent veganes Leben ist in einer vorindustriellen Gesellschaft nur sehr schwer möglich gewesen.

      Veganismus umfasst – im Unterschied zum Vegetarismus – weit mehr als die Ernährung. Da jegliche Tiernutzung abgelehnt wird, betrifft das auch Kleidung, Kosmetik und sogar Medikamente.

      Das Erkennen rein veganer Lebensmittel ist aufgrund der vielfältigen Verwendung von Stoffen tierischer Herkunft keine einfache Angelegenheit. So wird Gelatine mitunter zum Filtern von Weinen und Fruchtsäften eingesetzt. Bäckereien verwenden tierische Fette. Im Lebensmittelhandel werden vegane Produkte daher, besonders wenn es sich um verarbeitete Produkte handelt, zunehmend öfter gekennzeichnet. Hierzu gibt es das europaweit einheitliche Label der European Vegetarian Union, das eine grüne Pflanze in V-Form darstellt. Im umlaufenden Schriftzug enthält es jeweils die exakte Zuordnung zu einer der vier Kategorien vegan, ovo-, lacto- oder ovo-lacto-vegetarisch. Allerdings darf das Label völlig unabhängig von der ökologischen oder sozialen Qualität der Herstellung eines Produkts verwendet werden. Die gekennzeichneten Produkte stammen meistens aus der konventionellen Landwirtschaft und sind mitunter sogar aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt. Letzteres erfährt man ausschließlich im Kleingedruckten, denn in der Europäischen Union besteht eine Kennzeichnungspflicht für alle Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen.

      Während vegetarische Produkte auch im Segment ökologisch erzeugter Lebensmittel vorhanden sind, gilt dies für vegane Produkte bisher kaum. Denn ökologische Landwirtschaft basiert üblicherweise auf dem Kreislaufprinzip und setzt daher tierischen Mist und Gülle sowie andere „Abfallprodukte“ aus der Tierhaltung ein. Ökolandbau und Veganismus schließen sich nach klassischer Lehre also gegenseitig aus. Dennoch gibt es mittlerweile vereinzelt „bio-vegan“ wirtschaftende Betriebe, die Mitglied eines anerkannten Verbands der Ökolandwirtschaft sind. In Großbritannien und den USA existiert darüber hinaus bereits die Möglichkeit, den landwirtschaftlichen Betrieb nach den „Stockfree Organic Standards“, also den nutztierfreien ökologischen Standards, zertifizieren zu lassen. KonsumentInnen können auf dieser Grundlage biovegan angebaute Produkte am entsprechenden Label klar von anderen Produkten unterscheiden. In Deutschland gibt es derzeit noch keine vergleichbare Zertifizierung.

      Auch Kleidung und andere Textilien enthalten normalerweise einen großen Teil tierischer Stoffe. Ob Leder oder Wolle, Federn oder Knöpfe – einen guten Teil liefern Tiere. Eine konsequent vegane Lebensweise bedeutet, darauf zu verzichten. Lederschuhe und andere Lederwaren werden durch Produkte aus Kunstleder oder Kunstfasern ersetzt. Auch für Wolle, Daunen, Seide und Pelz gibt es Alternativen aus Kunstfasern oder rein pflanzlichen Materialien wie Baumwolle und Baumwollseide. Jedoch muss man selbst dann noch auf viele Details achten, denn beispielsweise Klebstoffe enthalten oft tierische Bestandteile, und Knöpfe werden meist aus dem Horn von Tieren hergestellt.

      VeganerInnen zahlen also einen erheblichen Preis: Die Auswahl beim Einkauf von Kleidung und Textilien reduziert sich drastisch, und das Einholen umfassender Informationen ist vielfach unmöglich. Vor allem aber haben Produkte aus Kunststoffen meistens nicht dieselbe Atmungsaktivität und Qualität wie Produkte aus natürlichen, von Tieren stammenden Stoffen. Noch dazu haben Kunststoffe eine viel schlechtere Ökobilanz. Das gilt mit Blick auf die Gewinnung ihrer (fast immer fossilen) Rohstoffe, deren energieintensive Verarbeitung und schließlich ihre umweltbelastende Entsorgung nach dem Gebrauch. Selbst Baumwolle ist keineswegs „unschuldig“. Zumeist stammt sie aus riesigen Monokulturen mit künstlicher Bewässerung. Um sie vor Schädlingen zu schützen, ist sie entweder gespritzt oder gentechnisch verändert. Einzig Bio-Baumwolle schneidet hier besser ab.

      Ein wichtiges und zugleich leichter zugängliches Segment veganen Konsums sind kosmetische Produkte. Da die Europäische Union seit 2013 keinen Handel mit Kosmetikartikeln mehr zulässt, die selbst oder in einigen ihrer Bestandteile an Tieren getestet wurden, ist die Kosmetikbranche mindestens in Europa tierversuchsfrei. Vegan sind europäische Kosmetika damit in dem Moment, wo sie keinerlei tierische Bestandteile enthalten. Davon gibt es eine Menge, wie man den einschlägigen Listen veganer Organisationen entnehmen kann.

      Relativ leicht können VeganerInnen auch auf Besuche von Zoo und Zirkus verzichten, also auf Einrichtungen, die Tiere im Gehege halten oder mit ihnen arbeiten. Der Veganismus sieht solche Einrichtungen, ganz gleich wie artgemäß und achtsam sie mit den Tieren umgehen, als Ausbeutung der Tiere und lehnt sie ab.

      An die Substanz geht es, wenn sehr

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