Muslime und Christen. Jürgen Neitzert
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Ein Tag unter Muslimen
27. Januar 2016, 6:30 Uhr. Mit dem Fahrrad fahre ich von unserer Franziskanergemeinschaft in Köln-Vingst zu einer vom Verein Pro Humanitate Köln angemieteten Wohnung in das Nachbarviertel Höhenberg. Dort leben neun minderjährige muslimische Flüchtlinge, sieben Syrer, Kurden und Araber, ein Afghane und ein Albaner sowie ein indischer Sikh. Seit September 2015 sind sie in Deutschland und wurden von uns dort aufgenommen. Die jüngsten fünf, 15 bis 17 Jahre alt, werden von mir geweckt; wir frühstücken zusammen. Dann geht es mit der Straßenbahn zu einer Hauptschule, wo ich sie als neue Schüler anmelde. Wir lernen ihre Lehrerin und ihre zukünftige Schulklasse kennen, die Mitschüler sind auch zumeist neu in Deutschland angekommene Flüchtlinge. Danach besorge ich mit den fünf Flüchtlingen beim Verkehrsbetrieb Schülerfahrausweise für das restliche Schuljahr. In der Wohnung der Flüchtlinge essen wir zu Mittag; eine kurdische Bekannte hat dort für die Jungen gekocht. Nachmittags schaue ich dann bei dem Jugendraum des Vereins vorbei, der sich in unserem Stadtteil Vingst befindet. Dort trifft sich eine Jungengruppe. Die zwölf Mitglieder, 15 bis 18 Jahre alt, sind alle in Köln geborene Muslime; ihre Eltern oder Großeltern sind aus der Türkei gekommen. Auch die Eltern des Gruppenleiters Samet stammen aus Gaziantep im Süden der Türkei. Wir schreiben für einige aus der Gruppe Bewerbungen für Lehrstellen. Eine Stunde später trifft sich im Bürgerzentrum neben unserem Jugendraum die Mädchengruppe. Die Leiterin Ruken ist eine in Köln geborene Kurdin, die 14- bis 16-jährigen Mädchen sind muslimische Bulgarinnen und Kurdinnen. Wir planen miteinander eine Jugendfahrt nach Hamburg im Herbst.
Nach der Vesper, dem Abendgebet meiner Gemeinschaft, treffen wir uns mit dem Arbeitskreis „Dialog der Kulturen“ in der Kuba-Moschee im Nachbarviertel Kalk. Der Arbeitskreis kam zusammen, als vor sieben Jahren ein junger Marokkaner bei einem Streit mit einem Russlanddeutschen ums Leben kam und daraufvon seinen Landsleuten große Demonstrationen in unserem Stadtviertel veranstaltet wurden. Seitdem laden die Polizei, die Jugendpfleger und die Sozialarbeiterin für interkulturellen Dialog des Bezirks Köln-Kalk regelmäßig zu Treffen ein. Es kommen vor allem Vertreter der Moscheegemeinden, der Sikhs, der Kirchen und ich als Franziskaner. Wir planen diesmal einen interreligiösen Abend zum Thema: Feste in den Religionen und der Gesellschaft. Um 21:00 Uhr gehe ich noch kurz in die Turnhalle in Vingst, wo 25 jugendliche Roma, von mir organisiert, Fußball spielen. Sie stammen vor allem aus Serbien und Mazedonien, einige Albaner sind auch dabei; fast alle sind Muslime, so auch der Trainer, Schaban, aus Serbien. Wir sprechen kurz über ein von uns geplantes Fußballturnier, dann gehe ich endlich nach Hause.
Ein ganz gewöhnlicher Tag in meinem Leben als Franziskaner in Köln. Mein Alltag ist geprägt von Begegnungen mit vielen muslimischen Freunden.
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