Konstruktive Rhetorik in Seminar, Hörsaal und online. Jürg Häusermann

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Konstruktive Rhetorik in Seminar, Hörsaal und online - Jürg Häusermann

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energisch an den gewünschten Ort komplimentiert.

      Auf die Akustik achten

      Die akustischen Verhältnisse sind im Freien grundlegend anders als in geschlossenen Räumen. Die Worte werden nicht von den Wänden zurückgeworfen, sondern breiten sich ungehindert aus, so dass ihre Lautstärke mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Deshalb ist eine Verstärkeranlage sogar im kleinen Rahmen nützlich. Andere Möglichkeiten bestehen darin, sich wenigstens so zu stellen, dass der Schall nicht in alle Richtungen entschwindet. Bei einer Ansprache in einem Garten oder auf einer Terrasse z.B. wird man sich mit dem Rücken zur Hauswand stellen, während die Zuhörerinnen und Zuhörer den offenen Raum hinter sich haben.

      image Im Freien reden

      »Das Publikum so platzieren, dass es konzentriert zuhören kann.

      »Verstärkung durch Lautsprecher kann auch im kleinen Rahmen notwendig sein.

      »Störgeräusche (z.B. laufende Apparate) unterbinden. Wenn das nicht möglich ist (z.B. Verkehrslärm), Sprechrichtung anpassen.

      4Der Online-Vortrag ist eine Einladung

      Das Publikum des Online-Vortrags ist weit verstreut. Der eine sitzt zu Hause, die andere in der freien Natur. Und die Rednerin muss für sich und die Kamera einen Platz suchen, der sich für den Redezweck und das Thema eignet: im Büro, in einem Seminarraum, im Freien … Um das in der Welt verteilte Publikum zu erreichen, müssen zwei Räume – der eigene und der Raum der angesprochenen Person – verbunden werden. Es muss das Gefühl entstehen, dass man sich trotz der örtlichen Trennung beieinander fühlt. Da man die Umgebung der Zuhörenden nicht kennt, klappt das nur, indem man das Publikum in seinen Raum einlädt.

      Aber viele Menschen, die ihr Fachwissen online präsentieren, verpassen diese Chance. Sie stellen sich und ihre Umgebung nur zweidimensional dar. Sie setzen sich vor eine flache Wand und werden zu einer Pappfigur in einer Tapetenwelt. Da ist keine Tiefe, kein Platz für Bewegung. In eine solche Kulisse kann man nicht einladen, weil da kein Raum ist.

      Willkommen in meiner Welt

      Die Wahl des Raumes gehört ebenso zur Planung eines Vortrags wie die Wahl des Themas. Wer sich an Skype oder anderen Formen der Bildtelefonie gewöhnt hat, weiß längst, dass Online-Kommunikation einen großen Bewegungsspielraum bietet. Man braucht nicht starr ins Smartphone oder Laptop zu blicken, sondern kann auch die ganze Umgebung kommunizieren: Man kann den Gesprächspartnern die Wohnung zeigen, das Gespräch ins Freie verlagern usw. Mit anderen Worten: Der eigene Raum nimmt Formen an. Er wird für das Publikum begehbar. Deshalb muss er beim Vortrag zuerst einmal gewählt, dann gestaltet und schließlich auch vorgestellt werden.

      image In den eigenen Raum einladen: Das gehört dazu

      »Die Umgebung wählen.

      »Den Raum wählen

      »Den Raum benennen

      »Umgebung und Thematik abgleichen

      »Den Raum dreidimensional darstellen

      »Den Raum mit Gesprächspartnern beleben

      »Akustik überprüfen

      »Bildausschnitt wählen

      »Licht setzen

      »Perspektive überprüfen

      »Durch Bewegung den Raum nutzen.

      »Requisiten einsetzen.

      »Orte und Gegenstände einbeziehen und erklären.

      »Nebengeräusche thematisieren.

      »Zwischenfälle positiv nutzen.

      Den Raum wählen

      Viele Vortragende ignorieren den Raum. Das demonstrieren unzählige Videos im Netz: Zu sehen sind ein Gesicht und ein Hals; den Rest des Bildes füllt Billy von Ikea aus. Oder man gewahrt einen adrett gekleideten Oberkörper hinter einem Schreibtisch, seitlich mit einer Zimmerpflanze dekoriert, im Hintergrund der gleiche notorische Billy. Aber der Raum verbindet sich mit der Botschaft. Er kann sie verstärken oder auch stören. Und alles, was man darin unternimmt, wie man sich darin bewegt, ist Interaktion mit dem Publikum in diesem Raum. Gut genutzt wird er für das Publikum erfassbar und begehbar.

      Wer die Möglichkeit dazu hat, wird einen Raum wählen, der als Raum erkennbar ist und die Botschaft unterstützt. Zumindest aber darf das Publikum nicht auf der Frage „Wo redest du?“ sitzen bleiben. Deshalb:

      »Wähle einen Raum mit optischer Tiefe (also nicht nur eine weiße Wand mit Zimmerpflanze).

      »Wähle einen Raum, der mit deiner Botschaft (deinem Produkt, deinem Beruf, deinem Thema usw.) zu tun hat.

      »Wähle einen Raum, in dem du dich wohlfühlst, so dass sich deine Körperhaltung und deine Gestik mit Leichtigkeit entwickeln.

      Wo redest du? – Dem Raum einen Namen geben

      Die Kommunikation funktioniert besser, wenn der Raum erkennbar ist – als Büro, als Wohnzimmer, als Terrasse usw. Das lässt sich bei Bedarf ansprechen: „Ich musste dem Rest der Familie Platz machen und spreche darum aus der Küche.“ Wenn das abgehakt ist, fällt die Konzentration auf den Inhalt leichter.

      Abzuraten ist von einem verschwommenen Hintergrund. Es ist unterdessen möglich, mit einfachen Möglichkeiten (z.B. in Zoom) den Hintergrund unscharf zu belassen. Ein Raum ist nur angedeutet, aber man erkennt keine Details. Zwar zwingt diese Lösung das Publikum, sich auf die Person und den Inhalt zu konzentrieren. Aber die Atmosphäre wird auch steril, die Botschaft lautet: „Ich will nichts von mir preisgeben.“ – Empfehlenswert ist diese Gestaltung nur in einem Fall: wenn in einem Interview mit einem Split-Screen beide Gesprächspartner gleichzeitig gezeigt werden. Die befragte Person ist in ihrem normalen Umfeld zu sehen, die Interviewerin vor einem verschwommenen Hintergrund. Das ist zum Beispiel die Praxis bei den Interviews von WELT.de. Das lenkt die Aufmerksamkeit gezielter auf die Person, die im Zentrum stehen sollte.

      Umgebung und Thematik abgleichen

      Natürlich ist es ein großer Unterschied, ob man über eine Villa mit 18 Zimmern und einem riesigen Balkon verfügt oder sich eine Einzimmerwohnung mit zwei Mitbewohnern teilt. Aber selbst wenn man sich zur Aufnahme in die (aufgeräumte) Küche verziehen muss, ist das immer noch besser, als sich mit einem Greenscreen vor einen virtuellen Südseestrand zu beamen. Wer die Möglichkeit hat, wird einen Raum wählen, der nicht zu viele Ablenkungen bietet und dessen Einrichtung zur Thematik des Vortrags passt. In anderen Fällen hilft es, die Örtlichkeit kurz anzusprechen und damit allfälligen Irritationen vorzubeugen.

      Eine verbale Bezugnahme auf den Raum lässt ihn oft präsenter werden als viele visuelle Bemühungen. „Ich bin der Held der Steine in Frankfurt am Main

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