Himmel und Hölle. Alexandre Dumas
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Betrachten Sie doch das kluge Aussehen Einiger, das sanfte, träumerische Anderer; erkennen Sie nicht, dass ein großes Geheimnis zwischen ihnen und dem Herrn besteht, ein Geheimnis, das das Altertum vielleicht an dem Tage erkannte, als Homer die Fabel von der Circe schrieb? Will nicht der Rabe mit dem melancholischen Gekrächze, der drei Jahrhunderte lebt, d. h. vier Menschenalter, durch diese Stimme von der Vergangenheit sprechen, die traurig und dunkel war wie sein Gefieder? Hat und die Schwalbe, die aus dem Süden kommt, von den großen Wüsten nichts zu verkünden, in welche der Fuß des Menschen nicht zu dringen vermag, und die ihr Flug durchmaß? Wissen der Adler, der in der Sonne fliegt, und die Eule, die im Dunkeln steht, nicht besser als wir, was geschieht, der erste in der Welt des Tages, die zweite in der Welt der Nacht? Könnte endlich der große Stier, welcher unter dem Eichbaume das blass grüne Gras abweidet, so lange sinnend da stehen und klagend jammern, wenn ihm nicht ein Gedanke durch den Kopf ginge, wenn er nicht vielleicht gegen Gott sich über die Undankbarkeit des Menschen beklagte, seines älteren Bruders, der ihn verkennt?
Betrachten Sie einmal neben einander ein junges Tier und ein kleines Kind, hören Sie auf die unartikulierten Laute, die sie bei ihren Spielen und Liebkosungen wechseln, und Sie werden zu glauben versucht werden, das Tier versuche die Sprache des Kindes, das Kind die Sprache des Tieres zu reden. Welche Sprache sie aber auch reden mögen, sie verstehen einander sicherlich, und sie tauschen jene Urgedanken aus, welche vielleicht mehr Wahrheiten über Gott ausdrücken, als Plato und Bossuet jemals ausgesprochen haben.
Nun aber kehren wir zu den beiden Häuschen zurück, und versuchen unsere Leser mit den guten Landleuten bekannt zu machen, die darinnen wohnen.
II. Das Häuschen zur Linken
Das Häuschen zur Linken, das von dem Weinstocke umkränzt war, und von dem siebzigjährigen Alten, der acht und dreißig jährigen Frau und dem sechzehnjährigen Burschen bewohnt wurde, auf dessen Haustürschwelle ein großer Hund der Länge nach ausgestreckt lag, und mit den Augen in der Sonne blinzelte, in dessen Stalle ein Esel schrie und ein Oche brüllte, war im unbeschränkten Besitze des siebzigjährigen Alten, des Schwiegervaters der Frau, des Großvaters des Burschen.
Dieser Alte, welcher keineswegs die Hauptperson in unserer Geschichte ist, hieß Anton Manscourt, da er aber seiner Zeit der zweite Sohn der Familie gewesen, so hatte er von dem Augenblicke an, da er 1740 zur Welt gekommen bis zu dem, in welchem wir ihn finden, um das Jahr 1810, den Namen der Kleine oder der Jüngere geführt, mit dem Unterschiede, dass man ihn von da an, als er sich verheiratete und selbst einen Sohn bekam, nicht mehr kurzweg den Kleinen, sondern Klein-Vater nannte.
Wenige Personen in dem Dorfe erinnerten sich seines eigentlichen Namens, und da er selbst ihn fast vergessen hatte, so war die natürliche Folge, dass man seine Schwiegertochter Frau Kleine und den jungen Burschen dem kleinen Kleinen nannte.
Wenn von dem Letzteren die Rede sein wird, werden wir angeben, wie dieser Name, nach der in den Dörfern bestehenden Sitte, wiederum in einen andern umgewandelt worden war, den man indes nicht wie bei dem Großvater von der Stellung in der Familie, sondern von der niedrigen Stelle hergenommen hatte, die er der Meinung der Bauern nach in der geistigen Ordnung der Natur einnahm.
Vater Kleine war ein echter Bauer, schlau und pfiffig an der Oberfläche, wie es einem Nachbar der Picardie ziemt, ehrlich, brav und treu im Grande, wie es einem Sohn des alten Gebietes gebührt, das man Ile de Francs heißt. Vielleicht wird es Manchem nicht ganz leicht diese Schlauheit und Pfiffigkeit mit der Treue, Ehrlichkeit und Redlichkeit in Einklang zu bringen; sie mögen daran denken, dass ein Schleier ein Gesicht verhüllen und dasselbe doch jedem Blicke sichtbar lassen kann und werden durch diesen Vergleich ein richtiges Bild von dem erhalten, was wir sagen wollen.
Als Sohn und Enkel von Bauern hatte Vater Kleine in der Person seiner Vorfahren alle Umgestaltungen und Revolutionen des Landes durchgemacht, auf dem er geboren worden oder vielmehr gewachsen war. Im Jahre 1792 war dieses Land, dieser Boden frei geworden und er mit ihm. Dann war er als Tagelöhner in den Dienst des Pächters getreten, welcher als Besitzer des Gutes Longpré den Mönchen folgte, den früheren Besitzern des Klosters dieses Namens.
Durch Arbeit und Sparsamkeit hatte er sich eine kleine Summe von zwölfhundert Francs gesammelt und mit derselben 1798 zwei Morgen Feld gekauft. Deshalb hatte man denn auch in dem Dorfe gesagt, Klein-Vater habe einen Schatz versteckt gehabt — mit Recht. Dieser Schatz aber, den er von Gott selbst empfangen, war Arbeit und Mäßigkeit. In dem Herzen des französischen Bauers hat ein Gedanke tiefe Wurzel geschlagen, der Gedanke: seinen Teil, wie klein er auch sein möge, von Frankreichs Erde zu besitzen, ein Stückchen des Vaterlandes sein zu nennen, wäre es auch eben nur groß genug die Wiege seine Kindes darauf zu stellen oder das Grab seines Vaters da zu graben, nicht ein Mietling zu sein, den die Laune heute annimmt und der Zorn morgen fortschickt; weder Sklave, noch Leibeigener, noch Leibeigener, sondern frei zu sein — ein großes, herrliches Wort, welches das Herz dessen erweitert, der es ausgesprochen hat, dass den Menschen moralischer, besser macht.
Vater Kleine kaufte also um 1798 zwei Morgen Feld für die zwölfhundert Francs, die er in den ersten dreißig Jahren seines Lebens erspart hatte. Vom besten Boden freilich waren die Felder nicht, denn der beste bedeckte sich regelmäßig jedes Jahr mit goldenem Weizen ober grünem Klee, während das von ihm erkaufte Feld, das am Abhange eines Berges lag, reich mit Steinen übersäet war und nur Disteln trug.
Aber nun begann der Kampf der Menschenarbeit mit der Bodenunfruchtbarkeit. Von vier Uhr des Morgens bis sechs Uhr des Abende sah man den Vater Kleine gebückt auf diesem Felde, wie er die Disteln ausraufte und die Steine auflas, die er nicht auf die Felder der Nachbarn zu werfen wagte, da sie ja einmal auch die seinigen werden konnten, werden sollten.
Die Leser erinnern sich der schönen Sage von der Undine, von der Anziehung des Wassers für den Fischer, der durch den klaren Spiegel hindurch das blonde Köpfchen einer Nymphe sieht, die ihm zulächelt und ihm die Arme entgegen breitet. Der Zauber wird mächtiger und mächtiger; auch der Fischer: lächelt und breitet die Arme aus; die Undine kommt näher und näher an die Oberfläche des Sees, ihr blaues Auge bedeckt nur noch ein Schleier so durchsichtig wie Gaze, — ihr blondes Haar schwimmt auf dem Wasser, ihre Korallenlippe atmet bereits die Luft ein, — halb seufzend, halb küssend taucht der Unvorsichtige hinein und glaubt die Nymphe an sich zu ziehen, aber sie zieht ihn auf ihr Bett von Wassergras, in ihre Muschelgrotte, aus der er nie wieder herauskommt, um seine alte Mutter zu sehen, die betet und sein Kind, das weint.
Ach, der Bodenzauber wirkt auf den Bauer noch weit mächtiger als der Wasserzauber auf den Fischer. Das Land, das der Bauer kauft; ist rund, er muss den andern Teil kaufen, um es vierseitig zu machen; ist es endlich das geworden, so muss er noch ein Stück kaufen, um es rund zu machen Ach gar Mancher erliegt diesem Ehrgeize; er kauft und um kaufen zu können, leiht er zu sechs, acht, zehn Prozent auf das unselige Feld, das nur zwei Prozent einbringt. Da beginnt denn der Kampf zwischen dem Wucher und der Arbeit und der Wucher, eine hässliche Hexe mit langen krummen Nägeln an den Fingern, zieht gar oft genug den Bauer, nicht auf ein Bett von Gras und Muscheln, sondern auf das Lager der Armut und der Not, in das Grab des Armen.
Zum Glück war Vater Kleine dazu zu klug, denn sein Spruch; lautete: Sammle, aber Borge nicht.
Als die Disteln und die Steine beseitigt waren, als die Bestellungszeit kam, nahmen er und seine Schwiegertochter einen Spaten und Frühstück und Mittagsbrot in einem Korbe mit sich Frühstück und Mittagsbrot von Brot, Käse und Obst. Die Quelle, die den Durst löschen sollte, sprudelte an der Seite des Berges rein und frisch