Durchgeknallte Weihnachten. Katie Volckx

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Durchgeknallte Weihnachten - Katie Volckx

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sehen. Rundum hysterisches Kreischen, laute Kirmesmusik und das Pfeifen und Rauschen der Fahrgeschäfte. An den Fressbuden aus hellem Holz, dessen Dachgiebel Tannengirlanden und Lichterketten zierten, herrschte dichtes Gedränge und die Luft war erfüllt von süßen, fetten und zu mächtigen Gerüchen. Ich wagte nicht, tief einzuatmen. Nicht nur, dass ich der Verführungskraft der ganzen Köstlichkeiten erliegen könnte, außerdem beschlich mich das Gefühl, dass mich allein das Inhalieren der Kalorien aufgehen ließ wie einen Hefekuchen. Doch immerhin zeigte diese typische Marktatmosphäre nach fünf Minuten tatsächlich Wirkung und gab mir ein Stück Behaglichkeit zurück.

      Als mir der Geruch von Glühwein um die Nase schwirrte, übermannte mich das plötzliche Verlangen, mich damit von Innen aufzuwärmen und meine Nerven zu beruhigen. Und ganz besonders musste ich mal etwas lockerer werden. Also schloss ich mich einem wilden Haufen Jugendlicher an, der offensichtlich dasselbe im Sinn hatte. Na gut, womöglich hatten sie auch nur die Absicht, sich sinnlos zu besaufen.

      Als ich meine Tasse Glühwein endlich mit beiden Händen, die in Fäustlingen steckten, entgegennehmen konnte, sprach mich auf einmal eine mir bekannte Stimme von der Seite an.

      »Leonie? Bist du das?« Anscheinend war es nicht gerade ein Einfaches, mich unter meiner tief in die Augen gezogenen Kapuze meines Mantels und dem bis zur Nase hochgezogenen Schal zu identifizieren. (Es war mir völlig klar, dass dieses Outfit keine Männerherzen höher schlagen ließ, aber es war wirklich bitterkalt geworden.)

      Ich trat beiseite, um dem nächsten Kunden Platz zu machen, hielt gleichzeitig Ausschau nach der Stimme.

      »Rainerrr!«, war dagegen Matz' Vater eindeutig zu erkennen. Daraufhin trat auch die Mutter hinter Rainer hervor. »Und Maaargret!«, verschüchterte mich besonders ihre Präsenz. Dennoch versuchte ich, möglichst unverkrampft aufzutreten, wobei ein unverstelltes Lächeln unmöglich schien. Also unterließ ich es gleich. Zum Glück war mein Gesicht ja fast vollständig verdeckt, da machte Mimik ohnehin wenig Sinn.

      »Wir wären beinahe an dir vorbeigegangen«, versuchte Margret das laute Gelächter vorbeizwängender junger, sehr aufgedonnerter Mädels mit Biermischgetränken in den Händen, die Flaschen aus Sicherheitsgründen teils in die Höhe haltend, teils dicht an die Körper pressend, zu übertönen.

      Da herrschte an diesem Ort ein solch unübersichtliches Treiben, obendrein machten mich meine dicken Klamotten nahezu unkenntlich, trotzdem hatten sie mich ausfindig gemacht wie verdammte Trüffelschweine. Da blieb einem glatt die Spucke weg.

      »So was aber auch!«, fiel mir nur dazu ein und zog den Schal auf recht umständliche Weise ein Stück herunter, um vorsichtig an dem heißen Glühwein nippen zu können. Ich hatte die Flüssigkeit noch im Mund, da zog ich den Schal schon wieder hoch.

      Wir entfernten uns ein wenig von der Menschenmenge, die alle Wege verstopfte und sich nur kriechend fortbewegte, um ungestört plaudern zu können. Dabei war ich wirklich nicht in der Stimmung, wollte nur etwas Frieden in mir finden, nachdenken und mich mit literweise Glühwein zuschütten.

      Ich konnte ihnen nicht in die Augen schauen, sah entweder an ihnen vorbei oder senkte den Blick verlegen auf meine dampfende Tasse, während ich mit der Schuhspitze im leicht gefrorenen Boden herumstocherte. Die Situation war derart Respekt einflößend, dass mich das schlechte Gewissen nicht einfach nur sachte packte, sondern mich blutrünstig auffraß. Was natürlich albern war, denn die Eltern wussten weitaus besser als ich, was für ein Quadratesel ihr Sohn war. Andererseits gab mir die Trennung von Matz das Gefühl, dass ich mich auch automatisch von den Eltern getrennt hatte, darum kam es mir so vor, als ob ich mich mit dem Feind abgäbe.

      »Bist du allein hier?«, fragte Margret mich sensationshungrig aus und hielt nach allen Seiten Ausschau nach einer potenziellen Begleitung. Vermutlich erhoffte sie sich eine männliche Person an meiner Seite, um die ganze Stadt darüber in Kenntnis setzen zu können, wie schnell ich Matz ersetzt hätte und was für ein billiges Flittchen ich sei. Ob sie wusste, dass in Wirklichkeit ihr werter Sohn das »Flittchen« war?

      »Ja, ich muss einmal für mich sein, um den Kopf frei zu kriegen«, packte ich die Gelegenheit beim Schopfe und ließ meine Missstimmung durchklingen.

      »Oh, okay, dann wollen wir nicht weiter stören«, hatte zumindest Rainer den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden.

      Margret leider nicht: »Nun warte doch mal!« Sie packte ihren Gatten am Arm, dabei hatte er sich noch gar nicht abgewandt. »Matz ist wieder bei uns eingezogen«, klang sie eine Spur zu vorwurfsvoll.

      »Schnubbi!« Rainer säuselte den Kosenamen nur vor sich hin, war völlig ohne Biss – die Stimme so sanft wie die eines Chorknaben, der Blick so angsterfüllt wie der eines geprügelten Hundes.

      Rainer war die Sorte Mann, die sich meinungslos unterordnete und sich den Dingen ergab, um jeden Konflikt zu vermeiden. Dafür trug er ein großes Herz in der Brust, Margret hingegen trug ihres auf der Zunge und hatte unbedingt eine Therapie gegen krankhaftes Alles-an-sich-reißen nötig. Als ich das erste Mal auf die beiden getroffen war, waren mir ihre ungleichen Persönlichkeiten sofort aufgefallen. Seither wunderte es mich jeden Tag ein Stück mehr, wie diese Ehe nur bestehen konnte.

      »Was ist denn passiert? Mätzchen erzählt gar nichts«, ließ Margret nicht locker.

      Gleichgültig hob ich die Schultern. Womöglich war ich auch nur völlig ausgebrannt, was diese Angelegenheit anbelangte. Aber so viel Rücksicht konnte ich von der Mutter nun einmal nicht erwarten. »Das ist aber wirklich eigenartig«, gab ich etwas zynisch zurück, »ich hätte meinen Arsch darauf verwettet, dass er seinen auf Biegen und Brechen retten würde.«

      Empört schnalzte Margret mit der Zunge und warf mir den dazu passenden Blick zu. »Leonie!« Und als sie erkannte, dass Rainer meine Ausdrucksweise (es könnte aber auch an der Wahrheit, die dahintersteckte, gelegen haben) amüsierte, ermahnte sie auch ihn, indem sie seinen Namen ebenfalls streng zitierte.

      »Was willst du von mir hören?«, gab ich hörbar gestresst von mir. Alle Anspannung fiel schlagartig von mir ab, weil ich erkannt hatte, dass sie mir überhaupt nichts anhaben konnten, jetzt, da ich nicht mehr zu dieser Familie gehörte. Ich war ihnen zu nichts verpflichtet. Und es war auch völlig nebensächlich, was sie über mich dachten. Nein, mehr als das – es war mir vollkommen schnuppe.

      »Warum ihr euch getrennt habt, zum Beispiel.«

      »Nun ja ...« Ich machte eine dramatische Pause, um sie auf die Folter zu spannen, versuchte, auf dieselbe komplizierte Weise an einen Schluck von meinem Glühwein zu kommen wie eben und ließ dann meinen Blick über den Markt wandern. Die Leute waren putzmunter und in Feierlaune, die Fahrgeschäfte standen kaum still und die Lichter flackerten um die Wette. Alles schloss darauf, dass dies nicht der richtige Ort war, um Probleme zu wälzen. »Ihr kennt doch euren Sohn. Irgendwie war es doch absehbar, dass er und ich keine Zukunft haben.«

      Während Rainer meine, zugegeben, eher spartanische Erklärung mit einem bartagamartigen Kopfnicken bestätigte, erklärte Margret sich nicht so richtig einverstanden damit, verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und machte einen pikierten Gesichtsausdruck.

      »Zu einer Beziehung ...«

      »... gehören immer noch zwei!«, stieg ich in diese recht kalkulierbare Floskel gelangweilt ein. Doch galt diese auch für zwischenmenschliche Beziehungen? Wie würde Margret wohl reagieren, wenn ich ihr vorhielte, dass es den Eltern zur Hälfte zuzuschreiben war, dass ihr Sohn so missraten war? Vor Wut käme ihr Dampf aus den Ohren, todsicher!

      »Das hier ist doch alles nichts wert, Schnubbi«, merkte Rainer scharfsinnig an. Dann wandte er sich an mich, indem er meinen

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