Durchgeknallte Weihnachten. Katie Volckx
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Читать онлайн книгу Durchgeknallte Weihnachten - Katie Volckx страница 17
Als hätte sie einen wunden Punkt getroffen, feuerte ich zurück: »Jetzt ist aber mal genug, Margret. Meiner Auffassung nach habe ich nicht zu verantworten, dass er so unselbstständig und so ein Faulpelz ist. Das ist ja wohl eure konfuse Erziehung, nicht?« Ich bedauerte den umgänglichen Rainer mit einem flüchtigen Blick, weil ich ihn da mit hereinziehen musste, doch, um bei der Wahrheit zu bleiben, während Margret es mit der Strenge zu genau genommen hatte, war dementgegen sein kulantes Verhalten einfach des Guten zu viel. Kein Wunder, dass ihr Kind in der Erziehungsphase allmählich den Faden verloren hatte.
»Du hättest ihm wenigstens die Gelegenheit geben können, sich eine neue Bleibe zu suchen, oder?«
»Und wie hätte er diese finanzieren sollen?«, gab Rainer zu bedenken.
»Mit Mietprellung kennt er sich doch bestens aus«, warf ich dazwischen und konnte mir das süffisante Grinsen nicht verkneifen.
Just standen ihre Münder still und ihre Gesichter waren erstarrt. Doch es dauerte nicht lange, bis Margret wieder ganz und gar zu sich fand und die Krallen ausfuhr. »Nicht jeder hat das Glück und erbt ein Haus.«
Stimmt genau! Vor sieben Jahren hatte ich das Haus meiner »Oma« geerbt, noch dazu einhundertfünfzigtausend Euro. Es war mir natürlich sehr entgegengekommen, denn ich war Studentin gewesen – arm wie eine Kirchenmaus – und das Haus recht sanierungsbedürftig. So hatte es viel zu tun gegeben, ehe ich es hatte beziehen können. Es war ja nicht so, dass ich je regen Kontakt zu meiner »Oma« gehalten hätte, es hatte schlichtweg keinen anderen Nachlassempfänger vor oder nach ihrer Tochter – meiner Adoptivmutter – gegeben, die nach einem letzten Clou vor zwölf Jahren (ich war gerade erst achtzehn geworden und hatte endlich meine erste eigene Wohnung bezogen) lebenslänglich hinter Gitter gewandert war.
»Darauf habe ich mich allerdings nicht ausgeruht. Ich habe trotzdem studiert und gehe arbeiten, um mein Leben zu bestreiten.« Was konnte sie dem nun entgegensetzen? Ich war gespannt und überlegte kurz, ob ich mir der Stimmung wegen Popcorn dazu holen sollte.
An ihrem wirren Blick erkannte ich dann in der Tat Überforderung. Dabei wäre sie dem nur zu gern entgangen, sich selbst anklagen zu müssen. Natürlich war es hart, sich eingestehen zu müssen, dass man in der Erziehung des einzigen Kindes mit Pauken und Trompeten durchgefallen war.
»Haben wir jetzt genug Frust aneinander ausgelassen?«, rang Rainer mit einer Art von Sanftmütigkeit um Harmonie, dass ich unvermeidlich die Augen verdrehen musste. Ich wünschte, er schlüge nur ein einziges Mal mit der Faust auf den Tisch.
Angefressen wandte Margret ihr Gesicht ab und schürzte die Lippen. Wenn sie mir nun mit Ignoranz begegnete, würde das trotzdem nichts an der Wahrheit ändern. Doch sie war nun einmal stur wie ein Panzer, besonders jetzt, da sie nicht mehr auf mich als Kindermädchen und Förderer für ihren Sohn zählen konnte.
»Rainer, bei allem gebührenden Respekt, aber ehe ich euch getroffen habe, ging es mir gut.« Ja, ich weiß, das war eine Lüge, aber ich wollte unmissverständlich darauf hinweisen, dass dieses Affentheater nicht auf meinem Mist gewachsen war, auch wenn ich mich zwangsläufig daran beteiligte.
Bei diesen Worten wandte Margret sich vollständig ab und entfernte sich einige Meter von uns.
»Sie ist nur mit sich im Hader«, flüsterte Rainer mir mit vorgehaltener Hand zu. »Du kennst sie doch.«
Ich nickte wild. »Mag sein, aber warum auf Kosten anderer?«
»Nun, da müssen wir eben durch.«
Ich runzelte die Stirn. »Müssen wir das?«
»Sie ist eben ... sensibel.«
»Andere haben auch Gefühle, Rainer, und ich lasse auf meinen nicht herumtrampeln. Wenn du das aushältst, dann bitte, viel Vergnügen!« Mit diesen Worten verabschiedete ich mich. Ich wollte doch nur ein bisschen – ein kleines – ein winziges bisschen Frieden in mir finden. War das denn wirklich zu viel verlangt?
Dreißig Minuten und zwei Tassen Glühwein später lief ich Hannes buchstäblich in die Arme. Er hatte mich erst erkannt, als ich rief: »Oh Mann, Hannes, hast du keine Augen im Kopf?« Dabei war es eine Kunst für sich, unter den gegebenen Umständen niemandem zu nahe zu kommen, denn je später der Abend wurde, desto dicht gedrängter war die Menschenmenge.
Mit anderthalb Händen zog er meine Kapuze ein Stück aus meinen Augen und sah tief hinein, um auf Nummer sicher zu gehen, dass es sich bei mir wirklich um Leonie handelte. Dabei beugte er sich ein Stück nach unten, da er einen halben Kopf größer war als ich, und kam mir dadurch unangenehm nahe. Doch ich zog meinen Vorteil daraus und genoss seinen Körper, der wie ein Ofen Wärme spendete.
»Leonie!«, überschlug sich seine Stimme. Vor Freude begannen seine Augen zu strahlen. Charmante Furchen bildeten sich drumherum. Daraufhin drückte er mich fest an sich wie eine alte verschollen gegangene Freundin. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich wohl einen ganz guten Eindruck bei ihm hinterlassen haben musste.
»Du? Hier? Jetzt? Heute?« Ich war total aus dem Häuschen vor Verwunderung. »Ich meine, wie geht es dir? Wie geht es deiner Hand?«
»Ach, halb so schlimm«, winkte er mit der lädierten Hand ab. »Das ist nur ein mittelschwerer Bruch.«
»Mittelschwer?« Das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, so deformiert, wie der Finger gewesen war.
»Ja, wirklich. Der Doc hat eine Röntgenaufnahme gemacht. Der muss das ja wissen! Und dann hat er den Bruch zusammengesetzt und diese Schiene angelegt.« Er hielt die Hand hoch und drehte sie nach allen Seiten, damit ich mir auch ja ein genaues Bild davon machen konnte.
»Und was ist mit dem Handgelenk?«
»Ach, das ist nur verstaucht. Muss es schonen, kühlen und so weiter. Was man eben so tut bei Verstauchungen.«
»Was man eben so tut?« Seine Gelassenheit versetzte mich in Staunen, denn normalerweise neigten Männer doch schon bei einem harmlosen Schnupfen dazu, den sterbenden Schwan zu geben.
»Na ja, ich habe früher Fußball gespielt. Ich glaube, es gibt keine einzige Körperregion, die nicht auf irgendeine Weise in Mitleidenschaft gezogen worden ist.« Er bog sich vor Lachen.
»Du meinst, auch ...« Ich räusperte mich, konnte es nicht aussprechen, deutete aber mit einem gezielten Blick, begleitet von einem kurzen Fingerzeig, auf seinen Schritt.
Sein Lachen verstärkte sich.
»Ja, auch dort«, keuchte er völlig außer Atem, »aber meine beiden Jungs beweisen wohl, dass die Wunden seit ewigen Zeiten verheilt sind.« Er zwinkerte mir neckisch zu.
Röte schoss mir ins Gesicht. Selbst schuld, dachte ich, was bist du auch so unverschämt neugierig?
»Und wo hast du deine Ehefrau gelassen?« Demonstrativ schaute ich ringsum, in der Annahme, sie würde sich zurzeit nur an einer anderen Stelle des Marktes aufhalten.
»Sie hat andere Pläne.« Bei diesem Thema war sein Gesichtsausdruck maskenhaft und kühl und sein Blick schweifte in die Ferne, nicht grüblerisch, vielmehr so, als hielte er Ausschau nach jemandem. »Lass uns doch ein Stück zusammen