Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein
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wo er menschlich gewaltet, der allgemeinen Sage
nach an Gift, und die Zeichen dieser Tat deuteten alle
nach Frankreich hinüber.
29. Vom treuen Eckart
Alte deutsche Heldenlieder singen und sagen vom
treuen Eckart, dessen Gedächtnis blieb lange bei den
Deutschen wegen seiner Ehrbarkeit und Frömmigkeit.
Er war ein Held und Herzog im alten Breisgau und
Herr im Elsaß, vom Geschlecht der Harlunge, und
war Vormund und Pfleger zweier jungen Harlungen,
welche die Bruderssöhne Kaiser Ermenrichs waren
und Vettern des berühmten Dietrich von Bern. Der
Eckart übte allezeit Treue und war schon dem Vater
der Harlunge ein treuer Ratgeber gewesen; Kaiser Ermenrich
aber hatte einen Ratgeber, der hieß Siebich,
von dem sollen alle ungetreuen Räte in die Welt gekommen
sein. Dieser verleitete den Kaiser zu bösen
Taten. Und Ermenrich erschlug die jungen Harlunge,
Eckart aber rächte sie, indem er mit anderer Helden
Hülfe den Ermenrich wieder erwürgte und um dieser
Tat willen hoch gepriesen ward. Die Harlunge hatten
einen reichen Schatz, der ward in einen Berg verzaubert,
das ist der Bürglenberg bei Breisach, und diesen
Harlungenhort hat hernachmals der Geist des treuen
Eckart gar sorgsam gehütet und jeden gewarnt, der
ihn für sich erheben wollte, denn er sollte dereinst
wieder an den rechten Erben fallen und diesen zu
einem mächtigen Herrn des Landes machen. Darum
sei im Volke das Sprüchwort entstanden: Du bist der
treue Eckart, du warnest jedermann. Ob aber das derselbe
treue Eckart sein soll, der im Thüringerlande
vor des Hörseelberges Höhle sitzt und vor dem wütenden
Heere warnend wandelt, bleibt in dem Dunkel
der alten Sagen geheimnisvoll verhüllt.
30. Der Zähringer Ursprung
Es geschah, daß ein König vertrieben war vom Reich
und entflohn mit Weib und Kindern und seinem Gesinde,
setzte sich mit ihnen auf einen Berg, richteten
sich kümmerlich ein und lebten in Armut und Kümmernis
eine gute Zeit. Endlich ließ der König ausrufen
im Lande umher, wer da wäre, der ihm Hülfe tun
wolle, sein Reich wiederzuerlangen, der solle sein,
des Kaisers, Tochtermann und zu einem Herzog gemacht
werden. Nun lebte hinter dem Berge Zähring
ein Köhler, der brannte Kohlen im Walddickicht, und
da begab es sich, daß er einstmals, als er die Meilerstätte
räumte, einen schweren Klumpen geschmolzenen
Metalles fand, und das war gutes Silber. Und als
der Köhler wiederum kohlte, geschah es wieder ebenso,
und immerfort, und war, als ob der Berg das Metall
aus sich gebäre, und gewann der Köhler einen
großen Schatz. Da er nun vernahm, was der vertriebene
König ausrufen ließ, so nahm er eine Last seines
Silbers und trat vor jenen und sprach, er wolle sein
Sohn werden, seine Tochter freien und mit seinem
Schatz ringsumher das Land sich zum Eigen erwerben,
auch ihm, dem König, so viel seines Schatzes
geben, daß er sein ganzes Reich wiedergewinnen
könne. Des war der vertriebene König sehr froh,
schlug den Köhler zum Ritter, gab ihm seine Tochter
zum Ehegemahl. Und der Köhler ließ nun das Silber
schmelzen, erbaute Zähringen, die Burg und den Ort,
und erwarb alles Land umher, und der König machte
ihn zu einem Herzog von Zähringen. Der König hat
hernachmals mit seines Eidams Gut all sein Land und
Volk wiedergewonnen, ist wieder ein mächtiger Herr
und Kaiser geworden, und der Ort und Berg, wo er
hingeflüchtet war und seinen Sitz allda genommen,
heißt noch bis auf den heutigen Tag der Kaiserstuhl.
Die Zähringer aber wurden ein mannlich Geschlecht
und waren hochgeehrt im ganzen Gau.
31. Das Riesenspielzeug
An einem wilden Wasserfall in der Nähe des
Breuschtales im Elsaß liegen die Trümmer einer alten
Riesenburg, Schloß Nideck geheißen. Von der Burg
herab ging einstmals ein Fräulein bis schier gen Hasloch,
das war des Burgherrn riesige Tochter, die hatte
noch niemals Menschenleute gesehen, und da gewahrte
sie unversehens einen Ackersmann, der mit zwei
Pferden pflügte, das dünkte ihr etwas sehr Gespaßiges,
das kleine Zeug; sie kauerte sich zum Boden nieder,
breitete ihr Schürztuch aus und raffte mit der
Hand Bauer, Pflug und Pferde hinein, schlug die
Schürze um sich herum, hielt's mit der Hand recht fest