Eurythmie als sichtbare Sprache. Rudolf Steiner

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Eurythmie als sichtbare Sprache - Rudolf Steiner

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wirkt der Kehlkopf nicht so wie das andere Mutterorgan, sondern er wirkt in fortwährendem Schaffen. Sodaß in den Worten Fragmente des Menschlichen entstehen, und daß eigentlich, wenn man umfassen würde alle Worte der Sprache – was ja nicht einmal der Fall ist bei so wortreichen Dichtern wie Shakespeare, aber nahezu der Fall ist –, in dem schaffenden Kehlkopfe würde man eben den ganzen ätherischen Menschen in Luftgestalt formen, aber in Aufeinanderfolge, im Werden: eine Geburt, die sich während des Sprechens fortwährend vollzieht. Das Sprechen ist immer Teil von dieser Geburt des ätherischen Menschen. Und wiederum, der physische Kehlkopf ist nur die äußere Schale jenes wunderbarsten Organes, das im Ätherleib vorhanden ist, das gewissermaßen die Gebärmutter des Wortes ist. Und da haben wir jene wunderbare Metamorphose vor uns, auf die ich hindeutete, indem ich von der Metamorphose sprach. Alles, was im Menschen ist, ist Metamorphose von gewissen Grundformen. Der ätherische Kehlkopf und seine Schale, der physische Kehlkopf, sind eine Metamorphose des mütterlichen Uterus. Mit einer Menschenschöpfung haben wir es zu tun, wenn gesprochen wird, mit einer ätherischen Menschenschöpfung. Auf dieses Geheimnis der Sprache weist auch hin der Zusammenhang, der sich, wenn wir jetzt die Sache über beide Geschlechter hinüber verfolgen, darstellt in dem Zusammenhang zwischen dem Sprechen und den Sexualfunktionen, zum Beispiel beim männlichen Geschlecht in der Veränderung der Stimme. Wir haben es also mit einer schöpferischen Tätigkeit zu tun, die aus dem Tiefsten des Weltenlebens herausquillt in der Sprache. Wir sehen im Offenbaren dasjenige fluktuierend sich vor uns abspielen, was sich sonst in die geheimnisvollen Tiefen der menschlichen Organisation bei der physischen Menschenentstehung zurückzieht. Da bekommen wir dann das, was wir für eine künstlerisch-schöpferische Betätigung brauchen, wir bekommen Respekt, Achtung vor dem Schöpferischen, in das wir als Künstler hineingestellt sind. Im Künstlerischen können wir nicht eine bloße theoretische Erörterung brauchen, das können wir nicht, das verabstrahiert uns. Im Künstlerischen brauchen wir etwas, was uns mit unserem ganzen Menschen hineinstellt in das Weltenwesen. Aber wie könnten wir mehr mit unserem ganzen Menschen in das Weltenwesen hineingestellt werden, als wenn wir uns bewußt sind, wie mit der Entstehung des Menschen das Sprechen zusammenhängt. Jedesmal, wenn der Mensch spricht, stellt er einen Teil desjenigen hin, was in Urzeiten einmal Menschenschöpfung war, wo der Mensch als solcher aus den Weltentiefen, aus dem Ätherischen heraus als Luftform gebildet wurde, bevor er Flüssigkeitsform oder später feste Form wurde. Indem wir sprechen, versetzen wir uns zurück in das Welten-Menschenwerden, wie es in Urzeiten der Fall war. Nehmen wir jetzt einmal ein einzelnes Beispiel heraus. Gehen wir noch einmal zurück zu diesem a, das diesen sich verwundernden Menschen vor uns entstehen läßt. Man sollte sich bewußt sein, daß überall da, wo in der Sprache das a auftritt, irgendwie eine Verwunderung zugrunde liegt. Nehmen Sie das Wort Wasser, nehmen Sie das Wort Pfahl, was Sie wollen, irgendein Wort, in dem ein a drinnen ist. Da, wo Sie am a halten mit dem Sprechen, da liegt irgendwie eine Verwunderung zugrunde, da drückt sich der sich verwundernde Mensch in der Sprache aus. Das hat man einmal gewußt. Das wußte man selbst noch bei denjenigen, welche die hebräische Sprache handhabten; denn, was war in der hebräischen Sprache das a, das Aleph? Was war es? Es war der sich verwundernde Mensch. Nun möchte ich Sie an etwas erinnern, das Sie hinbringen könnte zu dem, was eigentlich mit diesem a angedeutet, gemeint ist. Sehen Sie, in Griechenland sagte man, die Philosophie beginnt mit der Verwunderung, mit dem Erstaunen. Philosophie, Liebe zur Weisheit, Liebe zum Wissen beginnt mit dem Erstaunen, mit der Verwunderung. Würde man ganz organisch geredet haben im Sinne der ursprünglichen Erkenntnis, der ursprünglichen instinktiv-hellseherischen Erkenntnis, so würde man auch haben sagen können, die Philosophie beginnt mit dem a – es würde ganz dasselbe für den ursprünglichen Menschen bedeutet haben –, die Philosophie, Liebe zur Weisheit, beginnt mit dem a. Aber was erforscht man denn eigentlich, wenn man Philosophie treibt? Man erforscht letzten Endes doch eben den Menschen. Es strebt doch alles nach Selbsterkenntnis. Letzten Endes will man den Menschen erkennen. So beginnt man Menschenerkenntnis, Menschenanschauen mit dem a. Aber es ist zu gleicher Zeit das Verborgenste, denn man muß sich anstrengen, man muß viel tun, um solche Menschenerkenntnis zu erlangen. Erst wenn man an den Menschen herankommt, wie er ganz aus dem Geistig-Seelisch-Leiblichen heraus gebildet ist, wenn man ihn in seiner ganzen Fülle hat, dann steht man eigentlich vor dem, wovor man als vor dem Menschen a im höchsten Erstaunen sagen kann. Deshalb ist der sich verwundernde Mensch, der über sich selbst, über sein wahres Wesen sich verwundernde, vor sich erstaunende Mensch, also eigentlich der Mensch in seiner höchsten, idealsten Entfaltung: a. Wenn man empfunden hat einmal, daß der Mensch, wie er als physischer Mensch dasteht, nur ein Teil des Menschen ist und man eigentlich den Menschen erst vor sich hat, wenn man ihn in der Fülle desjenigen, was Göttliches in ihm ist, vor sich hat, so nannte das eine ursprüngliche Menschheit den vor sich selbst erstaunten Menschen: a. Das a ist der Mensch, der Mensch in seiner höchsten Vollendung. Das a also würde der Mensch sein, und wir drücken im a eben aus, was gefühlsmäßig erlebt wird im Menschen. Gehen wir vom a zum b über, um zunächst wenigstens andeutend etwas hinzustellen, was dazu führen kann, dieses Urwort vom a bis zum z zu verstehen. Gehen wir zum b. Mit dem b haben wir einen sogenannten Konsonanten, mit dem a einen Selbstlaut, einen Vokal. Sie werden verspüren, wenn Sie einen Vokal aussprechen, zunächst äußern Sie sich aus Ihrem tiefsten Inneren heraus. Mit jedem Vokal haben Sie ebenso wie mit dem a ein gefühlsmäßiges Erlebnis. Überall, wo ein a auftritt, hat man das Erstaunen. Überall, wo ein e auftritt, hat man dasjenige, was ich etwa bezeichnen möchte: Das hat mir etwas getan, das ich spüre. – Überall, wo ein e steht und der Mensch hält bei dem e, bedeutet das eigentlich: Das hat mir etwas getan, das ich spüre. Denken Sie nur, wie wir Abstraktlinge geworden sind, wie schrecklich verschrumpelte Menschen; so wie wenn ein Apfel oder eine Pflaume ganz verschrumpelt ist, so sind wir in Bezug auf das Erleben der Sprache geworden. Denken Sie doch nur einmal, wir reden so hin, haben keine Ahnung, wenn ein a irgendwo ist und wir halten es – wir tun es fortwährend –, wie wir da, wenn wir vom a zum e gehen, von dem Erstaunen gehen zu dem: Es hat mir etwas getan, ich spüre es, es hat mir etwas getan. – Fühlen wir es dem i an, was es ist, dieses Neugieriggewesensein und dann Daraufgekommensein; fühlen Sie es nur dem Vokal an, überall liegt ein wunderbares, ganz kompliziertes Erlebnis zugrunde. Man bekommt da den Eindruck eines frischen, ursprünglichen Menschen, wenn man nur die fünf Vokale nacheinander auf sich wirken läßt. Der Mensch gebiert sich eigentlich in seiner Würdigkeit wieder, wenn er diese fünf Vokale mit vollem Bewußtsein, das heißt, aus seinem Inneren mit völliger Bewusstheit herauskommen läßt. Deshalb sage ich: Wir sind so verschrumpelt, und wir haben nur noch dasjenige vor uns, was es bedeutet, gar nichts mehr vom Erlebnis, nur was es bedeutet; Wasser – bedeutet etwas und so weiter. Ganz verschrumpelt sind wir. Etwas anderes ist es aber bei den Konsonanten, bei den Mitlauten. Da können wir nicht verspüren, daß wir gefühlsmäßig aus unserem Inneren hervorgehen, sondern da bilden wir dasjenige nach, was außer uns ist. Nehmen Sie an, ich erstaune, ich sage: a. Das kann ich nicht abbilden, das muß ich aussprechen. Wenn ich aber dasjenige ausdrücken will, was rund ist, das etwas abrundet, diesen Tisch hier zum Bespiel, was tue ich denn da, wenn ich nicht sprechen will? Ich bilde es nach, ich forme es nach (entsprechende Geste). Wenn ich eine Nase abbilden will, indem ich nicht spreche, indem ich nicht sage Nase, sondern mich verständigen will, so kann ich zeichnend es hinstellen (entsprechende Geste). So ist es aber, indem ich die Konsonanten bilde. Sie sind Nachbildungen von etwas Äußerem, sie formen immer etwas Äußeres nach. Nur drücken wir diese Formen aus eben in einer Luftgestaltung, die aus den Nachbarorganen des Kehlkopfes, aus Gaumen und so weiter hervorkommt. Wir bilden mit Hilfe unserer Organe eine Form aus, die nachgestaltet, nachbildet, nachahmt dasjenige, was da draußen ist. Das geht bis in die Fixierung durch die Buchstaben hinein. Auch darüber werden wir später einmal sprechen. Aber wenn wir das b – wir können es nicht für sich lauten lassen, wir müssen das e hinzufügen –, wenn wir aber dieses b formen, so ist es immer die Nachahmung von etwas. Würde man nun festhalten können in der Luftgestaltung dasjenige, was da in dem b sich bildet – es liegt darinnen, daß wir das b aussprechen – , so ist es immer etwas Umhüllendes. Es kommt eine umhüllende Form heraus. Es kommt dasjenige heraus, was man eine Hütte, ein Haus nennen kann. Das b bildet immer eine Hütte, ein Haus nach. Wenn wir also anfangen a, b, dann haben wir »den Menschen in seiner Vollendung« und »der Mensch in seinem Haus«: a, b. Und so würden wir das ganze Alphabet durchgehen können und wir würden in den aufeinanderfolgenden Lauten das Geheimnis des Menschen ausgesprochen haben, was der Mensch im Weltenall ist, der Mensch in seinem Haus, in seiner körperlichen

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