Doppelt. Norman Dark
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Читать онлайн книгу Doppelt - Norman Dark страница 4
»Könnte es sein, dass ich eine Schwester habe? Hast du außer mir, noch ein anderes Kind geboren?«
»Das weißt du doch. Die kleine Anka ist mir viel zu früh genommen worden. Das geht auf das Konto deines unseligen Vaters. Aber er hat seine gerechte Strafe bekommen.«
»Was ist damals genau passiert, Mama? Es wird Zeit, dass du mich endlich darüber aufklärst. Es hieß, sie sei verunglückt. Stimmt das wirklich?«
»Natürlich, weil euer Vater wieder mal besoffen war und nicht aufgepasst hat.«
»Was denn, ich war dabei, als es passiert ist?«
»Wenn du nicht so geplärrt hättest, wäre niemandem aufgefallen, dass Anka nicht mehr atmete.«
»Warum habe ich keinerlei Erinnerung daran? So etwas vergisst man doch nicht.«
»Das hat schon so seinen Sinn. Der Herr hat den gnädigen Schleier des Vergessens darüber ausgebreitet. Weil du den Schmerz nicht ertragen hättest.«
»Und was ist mit Papa? Wie ist er gestorben? Doch nicht auch durch ein Unglück?
»Wie man’s nimmt. Er trieb sich in finsteren Gegenden herum, wurde ausgeraubt, halb totgeschlagen und einfach liegengelassen.«
»Hat er während eurer Ehe, bevor … er starb, eine andere Frau gehabt?«
»Eine? Dutzende. Er war ein richtiger Hurenbock. Ich wusste nie, ob er abends nach Hause kommt. Manchmal ist er sogar über Nacht weggeblieben, und morgens stank er dann nach billigem Parfüm.«
»Dann könnte es doch theoretisch sein …«
»Was? Dass er mit einer Anderen eine Tochter hatte, die dir wie aus dem Gesicht geschnitten ist?«
»Ja, warum nicht? Das wäre doch immerhin möglich.«
»Möglich ist alles, aber dass sie dir ähnlich sieht, halte ich für ausgeschlossen. Mädchen kommen oft nach ihrer Mutter. Dann hätte die Andere so ausgesehen haben müssen wie ich.«
»Vielleicht ist er seinem Typ treu geblieben? Das soll bei Männern häufig der Fall sein.«
»Du verrennst dich da in etwas. Vergiss die Fremde. Das wird besser für dich sein.«
»Du behauptest immer, zu wissen, was besser für mich ist. Doch das glaube ich dir schon lange nicht mehr.«
Kapitel 2
Die folgende Zeit war Ewa im Büro unkonzentriert und noch stiller als sonst. Sie musste immer an die schöne Fremde denken, die ihr vor Augen geführt hatte, was man aus ihrem Typ machen konnte. Nicht dass sich Ewa in der Öffentlichkeit derartig angemalt und mit solch aufreizender Garderobe zeigen wollte, aber ein wenig mehr Attraktivität hätte sie sich schon gewünscht. Vielleicht wäre sie dann nicht länger unsichtbar für andere.
Nach drei Tagen hielt Ewa es nicht länger aus. Sie stellte aus ihrer vorhandenen Garderobe eine Kombination zusammen, die weniger zufällig und farblich passend war, und machte sich sogar etwas zurecht. In bescheidenem Maße, denn sie besaß gar nicht die Kosmetika, um es anderen Frauen gleichzutun.
Sich erneut auf dem dunklen Hinterhof einfindend, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Denn hinter den Fenstern der dritten Etage brannte Licht, während die anderen Wohnungen allesamt dunkel waren. Kein grelles oder kaltes Licht, sondern warmes, das eine gewisse Gemütlichkeit assoziierte. Als es ganz plötzlich oben dunkel wurde, hoffte Ewa inständig, die Frau möge sich nicht zur Ruhe begeben haben. Aber nach kurzer Zeit hörte man eine Tür ins Schloss fallen und trippelnde Schritte im Treppenhaus.
Ewa versteckte sich hinter den Mülltonnen und bekämpfte ihren Brechreiz, der sich bei dem vielen Unrat bemerkbar machte. Ihre Position ermöglichte ihr, die Tür zum Hof im Auge zu behalten. Die Fremde verließ kurz darauf den Hausflur und strebte mit festen Schritten zur Straße. Die Absätze ihrer High Heels erzeugten einen stakkatoähnlichen Klang auf dem größtenteils beschädigten Pflaster. Sie trug enge, schwarze Latexhosen, die ihre wohlgeformten Beine zur Geltung brachten, und ein glitzerndes Oberteil unter ihrem weiten, roten Mantel. Eine große, schwarze Handtasche hing über ihrem angewinkelten Arm, die ein wenig unpassend wirkte, aber bestimmt ihren Zweck erfüllte. Ihre Haare waren jetzt weißblond und fielen glatt wie eine silberne Matte über ihre Schultern, und das Gesicht war auffällig, fast etwas dämonisch geschminkt. Die tiefschwarzen Smokey Eyes und der grellrote Mund waren echte Hingucker.
Fasziniert folgte Ewa der geheimnisvollen Frau in einigem Abstand. Sozusagen in deren Dunstkreis, denn der Duft ihres außergewöhnliche Parfüms hing wie eine Wolke in der Luft und begleitete seine Trägerin. Hoffentlich nimmt sie kein Taxi, dachte Ewa, denn das hätte verhindert, ihr auf den Fersen zu bleiben. Doch ihre Sorge war unbegründet. Die Frau bog nur von der Brzeska in die Ząbkowska ein und blieb nach etwa hundert Metern vor einer der gerade angesagten Bars namens Phoenix stehen, wo sie ohne Umschweife vom Türsteher durchgewunken wurde.
Ewa nahm all ihren Mut zusammen und steuerte ebenfalls auf den Eingang zu. Der bullige Türsteher mit südländischem Aussehen versperrte ihr sogleich den Weg.
»Du kommst hier nicht rein«, sagte er barsch, »das ist ein Club nur für Mitglieder.«
»Vielleicht kann ich ja Mitglied werden …«
Ein taxierender Blick, der die gesamte Erscheinung Ewas erfasste, war die Reaktion.
»Wohl kaum. Sieh dich mal an. Oder hast du keinen Spiegel zu Hause?«
Tief gedemütigt ließ sich Ewa auf keine weitere Diskussion ein und machte kehrt. Einige Häuser weiter postierte sie sich auf der anderen Straßenseite in einem dunklen Durchgang und konnte nur abwarten. Insgeheim hatte sie die Hoffnung, die Fremde würde nach einer gewissen Zeit alleine herauskommen, um entweder die nächste Bar aufzusuchen, oder direkt nach Hause zu gehen.
Nach zirka eineinhalb Stunden, die Ewa wie eine Ewigkeit vorkamen, verließ die Schöne die Bar. Aber nicht allein, sondern in Begleitung eines attraktiven Mannes mit über der Brust geöffnetem Hemd, sodass seine üppige Brustbehaarung sichtbar wurde, und kurzen, ölig glänzenden Haaren. Eng umschlungen küssten sie sich immer wieder oder lachten lauthals, wie zum Hohn.
Ewas Enttäuschung war grenzenlos, als das Paar wenig später einen weißen Audi A1 Sportwagen bestieg und mit aufheulendem Motor davonfuhr. Das hast du nun davon, dachte Ewa. Stundenlang die Beine in den Bauch stehen und dann hilflos den sich entfernenden Rücklichtern des Wagens nachsehen müssen. Sie wusste selbst nicht, woher sie die Hoffnung genommen hatte, gleich beim ersten Mal etwas zu erreichen. Aber warum sollte sie nicht einmal Glück haben? Dabei hatte sie nicht die geringste Vorstellung, wie der Kontakt verlaufen sollte. Konnte sie es wagen, die Fremde einfach anzusprechen und würde dabei riskieren, sich eine ebensolche Abfuhr wie bei dem Türsteher zu holen? Ein anders verlaufener Abend hätte die Frau vielleicht milde gestimmt. Vielleicht hätte sie es sogar begrüßt, sich mit einer anderen Frau auszutauschen? Schwer vorzustellen, denn die geheimnisvolle Schönheit mit ihrem sicheren Auftreten hatte es bestimmt nicht nötig, sich mit einem Mauerblümchen zu unterhalten. Aber einen Versuch wäre es wert gewesen.
Trotzdem die Sache kaum weniger rätselhaft war, klärten sich dennoch einige Dinge. So war die Frau also nicht vor drei Tagen zu Besuch gegangen, sondern wohnte offensichtlich selbst in der Wohnung. Allein