Drehbuch-Tool. Jens Becker

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Drehbuch-Tool - Jens Becker

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stark sozial geprägt. Sie erleben sich im Spiegel anderer, sind kommunikativ und pflegen sehr aktiv zwischenmenschliche Beziehungen. Dabei beanspruchen sie stark das Interesse anderer und können rechthaberisch sein. Sie verstecken ihre Aggressionen oft und suchen Beliebtheit durch Aufopferung und Aktivität. Nach außen wirken sie eher harmonisch und heiter, sie selbst fühlen sich aber oft nichtig und melancholisch.

      Typischer Satz: Ihr müsst mich lieb haben!

      Frage: Mit wem bin ich hier zusammen?

      KOPFTYPEN denken immer erst gründlich über die Situation nach und gehen dann planmäßig vor. Sie sind nüchtern veranlagt und schätzen Werte wie Pflicht und Ordnung. Ihre eigenen Bedürfnisse stellen sie gern zurück für andere. Sie können übertrieben an Ängsten leiden und verstecken ihre verletzlichen Empfindungen vor anderen. Nach außen wirken sie meist wissend und in sich ruhend, doch sie fühlen sich selbst eher einsam und durcheinander.

      Typischer Satz: Das hab ich kommen sehen.

      Frage: Wie soll ich das verstehen?

      Die 3 Grundtypen unterteilen sich jeweils wieder in 3 Untertypen, die Verhaltensmuster. Sie zeigen an, welche Not-Lösungs-Strategie der jeweilige Charakter bevorzugt:

      A — BLOCKIERUNG: Strategie der Ausblendung, damit die Not aus dem Bewusstsein verschwindet.

      B — ÜBERENTWICKLUNG: Strategie der Überaktivität, um den empfundenen Mangel auszugleichen.

      C — UMFUNKTIONIERUNG: Strategie der Richtungsänderung der Energie auf sich selbst zum Zweck der Eigenstimulation.

      Wenn wir die 3 Verhaltensmuster den 3 Grundtypen im Grundschema des Enneagramms zuordnen, ergibt sich dieses schon etwas differenziertere Bild von 9 Charakterprofilen (nach Gallen und Neidhardt):

      Die neun Charakterprofile sind mit Namen belegt, die jedoch je nach Enneagramm-Interpretation etwas variieren. Ich halte folgende Namen für sinnvoll, weil sie positive und negative Eigenschaften ausdrücken, und verwende sie jeweils im Plural:

      Warum es gerade neun verschiedene Charakterprofile sind, hat sich wohl ausreichend erschlossen und ist durch empirische Anwendung auch hinreichend gesichert. Interessant ist in dieser Beziehung aber noch folgende Analogie: Die neun Charakterprofile lassen sich in Verbindung setzen mit den ursprünglich neun Grundsünden oder Wurzelsünden des Christentums. Richard Rohr und Andreas Ebert gehen in ihrem Buch DAS ENNEAGRAMM – DIE 9 GESICHTER DER SEELE besonders auf diesen Zusammenhang ein. Aus dramaturgischer Sicht spiegeln die Grundsünden wider, mit welchen inneren Konflikten die Figuren sich auseinandersetzen müssen, um reifen zu können.

      Nach der „Lehre der Leidenschaften“ des Evagrius Ponticus (ca. 390 Jahre n. Chr.) gab es zunächst acht Laster: Zorn, Hochmut, Eitelkeit, Neid, Habsucht, Völlerei, Wollust und Trägheit. Papst Gregor I. hat diese Liste später auf sieben reduziert – die Eitelkeit fiel weg. Im Enneagramm kommt jedoch keines der Laster weg, sondern noch eines hinzu: die Furcht.

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      1.4. Das Enneagramm-Charaktermodell in der Übersicht

      Das Enneagramm als Drehbuch-Tool ist so konzipiert, dass die Nutzer sich einen schnellen Überblick über die Charakterprofile verschaffen oder speziell in einzelne Profile vertiefen können. Hier finden sich Kausalitäten für das Verhalten von Figuren, die man als Autor verwenden oder verwerfen kann – auf jeden Fall sind sie eine zielgerichtete Anregung. Ich verwende bewusst den mechanischen Begriff „Werkzeug“, um noch einmal deutlich zu machen, dass das Enneagramm genau dies ist, nicht mehr und nicht weniger, und vor allem nicht ein Ersatz für die eigene Fantasie.

      Neun Charakterprofile

      Betrachten Sie zunächst das Grundschema des Enneagramms. Vielleicht wundern Sie sich, warum der Kreis hier durch unregelmäßige Formen ersetzt ist, die sich aus verschiedenen Kuben entwickeln. Die Antwort ist ganz einfach: Die Grafiker und ich wollten es mal anders machen, weil wir klassische Vieren sind. (Wenn Sie die Vier kennen gelernt haben, werden Sie verstehen, was ich meine.) Sie können sich jetzt in jedes einzelne Charakterprofil vertiefen.

      Orientierung in den Charakterprofilen

      Sie lernen alle Charaktere von mehreren Seiten kennen – Licht, Schatten, Kindheitsmuster, Dilemma, Innerer Konflikt, Gefahr, Reifung, Verstrickung ins eigene Muster, Entwicklung, Flügel und Konfliktverhalten.

      Verstrickung ins eigene Muster

      Das Problem an den Charakteren ist, dass ihr Verhaltensmuster gerade nicht zum erwünschten Ziel führt, sondern dies genau verhindert. Diese Konstellation nennt man auch die Selbstverstrickungsspirale. Die Figur kann der Selbstverstrickungsspirale nur entkommen, indem sie reift und ihr Verhalten bewusst ändert.

      Entwicklung

      Dieses Schema beschreibt den möglichen Prozess der Reifung. Wichtig ist hier das Verständnis, dass der Charakter sich nicht grundsätzlich ändern kann, sondern sich nur entwickelt, also eine neue Qualität annimmt. Im Leben kann der Prozess der Reifung sehr lang sein, eventuell aber auch durch ein auslösendes Erlebnis recht schnell gehen. In einer dramatischen Handlung muss der Reifeprozess durch ein auslösendes Moment, einen entscheidenden Wendepunkt, eingeleitet werden. Oft können die Figuren ihr Ziel nur erreichen, wenn sie sich ihrem inneren Konflikt stellen und diesen auch lösen. Dies führt zu einer Reifung des Charakters und der Erweiterung des Handlungsspielraumes der Figuren.

      Das Enneagramm kann Denkanstöße geben, in welchen Kausalketten eine solche Reifung stattfinden kann und dabei glaubwürdig ist.

      Flügel

      Natürlich kommen die 9 Charakterprofile selten in Reinform vor und die Übergänge zwischen ihnen sind fließend. Wenn eine Figur in ihrem Charakter nicht klar zuzuordnen ist, dann ist es wahrscheinlich, dass es eine Mischform aus zwei nebeneinander liegenden Profilen ist. Zum Beispiel kann die 3 zur 2 neigen und zur 4, aber sicher nicht zur 8. Diese verwandten Nachbarprofile werden Flügel genannt. Daraus ergeben sich ganz neue Optionen, die das System des Enneagramms wesentlich differenzierter machen – vor allem dann, wenn man noch den reifen und unreifen Zustand der Profile in die Überlegungen mit einbezieht.

      Konfliktverhalten

      Wenn die Figuren sehr erregt sind, weil sich Konflikte und Stress bis zu einem unerträglichen Maß angesammelt haben, kann die Figur ihr übliches Verhaltensmuster ändern und plötzlich daraus ausbrechen. Die Figur übernimmt dann die Licht- oder Schattenseite eines bestimmten anderen Charakterprofils. Die Verbindungslinien des Enneagramms zeigen diese Bewegungen an. In Pfeilrichtung wird die Schattenseite eines anderen Profils übernommen. Das ist für die Figur kontraproduktiv, führt zu Misserfolg und erhöht den Druck weiter. Dies wird auch als Stresspunkt bezeichnet. Wenn die Figur reift und lernt, aus ihrer Selbstverstrickung auszubrechen, wird sie gegen die Pfeilrichtung handeln, findet zur Lichtseite eines anderen Profils und wird Erfolg haben. Dies wird auch als Trost- oder Relaxpunkt bezeichnet.

      1.5. Das Enneagramm-Charaktermodell im Detail

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