Paulo wird Studienrat und reist (2). HaMuJu

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ihre gesamte Emanzipation nur aus hohlen Phrasen, in Wirklichkeit ordnete sie sich in allem dem Diktat Michaels unter. So brach es mal wieder aus Andrea heraus, mit Heulen und Zähneklappern, Michael verstand es dann aber, sie zur Vernunft zu bringen. Der Grundstein für unsere Trennung war damit aber gelegt. Wir reisten von da ab allein weiter durch Equador, Kolumbien und Venezuela. Von Caracas aus flogen wir über Trinidad Tobago nach Barbados. Wir verbrachten noch acht Tage der Entspannung auf Barbados, wo wir bei „Miss Roman“ zwei nebeneinander liegende „Beach Appartments“ mit einem Pärchen aus Stockholm mieteten, Michael und Andrea sahen wir das letzte mal nach der Landung in Luxemburg, wo wir unsere Südamerikareise beendeten.

      Diesen Konflikt auf seine tieferen Entstehungsbedingungen hin zu analysieren, bedurfte der Kenntnis von Faktoren, die in dem Verhältnis von Michael und Andrea begründet lagen. Ganz sicher aber gab es auch Bedingungen, die in ihrem Verhältnis zu uns zu sehen waren, was das aber war, wusste von uns niemand. Erst der Urlaub brachte etwas so tief Schlummerndes ans Tageslicht, mit unabänderlichen Konsequenzen! Bis heute hatten wir keinen von beiden wieder gesehen. Ich traf einige ehemalige Schulkameraden wieder, die ich lange Zeit nicht gesehen hatte. Rudi Hajduk war von zu Hause ausgezogen und hatte sich eine kleine Wohnung in einem anderen Stadtteil genommen. Ich besuchte ihn dort einmal zusammen mit meiner Freundin Carola. Später arbeitete Rudi bei der Zeitung, wenn mich nicht alles täuschte, war es die „BILD“-Zeitung. Er hatte jemanden kennengelernt, die aus Eckerförde kam. Der arme Kerl fuhr regelmäßig da hoch, bis die Beziehung zu Ende war. Sein Vater war in der Zwischenzeit gestorben, die Mutter sah man gelegentlich in Borbeck auf einer Bank am Germaniaplatz sitzen und rauchen. Sie war sehr vereinsamt. Rudis Großmutter und sein Onkel waren auch beide tot. Bei einem Gang durch Borbeck traf ich zufällig Joachim Servatius, einen Klassenkameraden aus alten Tagen. Wir kamen sofort ins Gespräch und waren so verblieben, dass er sich wegen eines geplanten Ehemaligentreffens bei mir melden wollte. Ich hörte dann leider nichts mehr von ihm.

      Axel Barendonk traf ich mal in einer Kneipe. Er wohnte in Bredeney, vorher in Holsterhausen. Er war von seiner Freundin frisch getrennt und hatte vor, an irgendeine ausländische Schule zu gehen. Ich hörte auch von ihm nichts mehr. Ich hatte bereits erwähnt, dass ich Helmut Sachse als Stationsarzt im Krankenhaus wieder traf. Mit ihm fing ich am Gymnasium an. Seit dem verlor sich jeder Kontakt mit ihm.

      Bundeswehr

      Für mich stellte sich die Frage, wie es weiter gehen sollte: mir stand der Wehrdienst bevor. Verweigert hatte ich nicht, fast meine komplette Abschlussklasse hatte sich freiwillig zur Bundeswehr gemeldet. Wir wollten die Offizierslaufbahn einschlagen, wenngleich unsere Verpflichtungszeit nur zwei Jahre betrug. Zum Leutnant hätte es gereicht. Die Freiwilligen mussten nach Hannover zu einer Art Einstellungstest. Der verlief über drei Tage. Im Anschluss flatterte irgendwann die normale Einberufung ins Haus, das bedeutete für mich, dass ich mich am ersten Oktober zur Grundausbildung in Goslar einzufinden hatte. Im Nachhinein fragte man sich natürlich: „Warum hattest Du nicht verweigert?“

      Der Verweigerungsprozeß wurde zu meiner Zeit rigider gehandhabt, als das heute der Fall ist. Man musste zunächst einmal den schriftlichen Verweigerungsantrag einreichen und wurde dann später zu einer Verweigerungsverhandlung geladen. Man erschien dazu vor einer Art Kammer, die mit Militärangehörigen und Zivilisten besetzt war, sogar Hausfrauen saßen da. Diese Kammer stellte dem Probanden Fragen, mit denen sie dessen Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst überprüfen wollte. Es passierte relativ oft, dass man als Verweigerer vor dieser Kammer nicht bestand. Scheiterte man in letzter Instanz vor dem Oberlandesgericht, bei dem man dann auch die Verhandlung bezahlen musste, musste man zum Bund. Für diese Leute war die Zeit bei der Bundeswehr besonders hart, zumal ja die dann Vorgesetzten wussten, mit wem sie es zu tun hatten. Manche hatten, nachdem sie ihren Wehrdienst abgeleistet hatten, noch verweigert, um nicht zu Wehrübungen einberufen zu werden. Über all diese Dinge hatten wir uns als Schüler überhaupt keine Gedanken gemacht.

      Bei der Bundeswehr hatte es mir von Anfang an nicht gefallen. Das lag weniger an dem Drill, dem man unterworfen war. Vielmehr waren es die zu menschlicher Führung völlig unqualifizierten Vorgesetzten, die einem nach Gusto Befehle erteilen konnten. Auch war das, was sich während der Grundausbildung Unterricht schimpfte, es nicht wert, so genannt zu werden. Ganz schlimm wurde es, wenn so genannter politischer Unterricht stattfand. Da wurde ein Zeugs gefaselt, dass einem die Haare zu Berge standen. Apropos Haare: Natürlich trugen wir alle unsere langen Haare, als wir zur Bundeswehr gingen. Für eine Übergangszeit mussten wir ein Haarnetz tragen, das den ordnungsgemäßen Sitz von Schiffchen und Stahlhelm garantierte. Dann kam jedoch sehr bald der Haarbefehl, nach dem die Haare kurz zu tragen waren, das hieß, dass die Ohren frei waren und kein Haar den Hemdkragen berühren durfte. Jeden Morgen wurde von da an die Haarlänge beim Appell kontrolliert, das übernahm der Kompaniechef persönlich. Wer seinen Maßstäben nicht genügte, musste den kaserneneigenen Frisör aufsuchen.

      Wir waren zu sechst auf einer Stube. Es gab drei Etagenbetten und sechs Spinde. Nach dem Dienst, so gegen vier Uhr dreißig, hielten wir uns auf dem Zimmer auf und erledigten in aller Regel Reinigungsarbeiten, meistens putzten wir unsere Stiefel. Wenn die Tür aufging, kam oft ein Gefreiter mit irgendwelchen Anordnungen. Dann mussten alle aufspringen und stramm stehen, der Stubenälteste meldete dann, mit wie viel Leuten man sich in der Stube aufhielt, und mit welcher Tätigkeit man gerade beschäftigt war.

      Es hieß später immer, das sei es, was den Dienst bei der Bundeswehr so wertvoll machte, man musste sich in einem bunt zusammengewürfelten Haufen von Menschen aus allen Gegenden Deutschlands zurechtfinden. In Wirklichkeit war es doch so, dass derjenige, der etwas weicher war als andere oder der verschlossener oder einfach stiller war, gnadenlos zum Opfer derber Sprüche und übelster Anmache wurde. Ich wurde sogar Zeuge von Schlägereien, die wegen solcher Animosiäten ausgetragen wurden, und die wir schlichten mussten. Jeden Tag begab man sich in die Kantine und soff Bier in zum Teil beträchtlichen Mengen. Manche mussten wir zurück in die Kaserne schleifen, wenn der Zapfenstreich bevorstand. Die Kantine war der einzige Aufenthaltsort, der für Wehrpflichtige an den kurzen Abenden erreichbar und wegen des geringen Soldes finanzierbar war. Das Essen in der Kantine war durchaus genießbar, wenngleich gerade da immer gemeckert wurde. Manchmal nahm ich Berge von Wurst mit nach Hause, wo man sich darüber sehr freute. Wenn man auf dem Weg zur Kantine einen Vorgesetzten traf, musste man ihn grüßen, das bedeutete nicht, dass man ihm einen guten Tag wünschte, sondern ganz vorschriftsmäßig die Hand an das Schiffchen legte, dabei war ein ganz bestimmter Winkel zur Körperachse einzuhalten. Vergaß man das Grüßen, wurde gerufen: “Können Sie nicht grüßen?“ oder „Wir müssen wohl das Grüßen üben!“.

      In der Regel kam man dann am frühen Freitagnachmittag raus und fuhr in der sogenannten NATO-Rallye nach Hause oder zur Freundin. Hatte man aber etwas verbockt, zum Beispiel seinen Spind nicht richtig eingeräumt oder sein Bett falsch gemacht, seine Stiefel schlecht geputzt oder eine sonstige Verfehlung begangen, musste man noch den Freitagnachmittag dableiben. Für viele, die von weit herkamen, lohnte sich dann der Nachhauseweg gar nicht mehr. Nach Frankfurt war man von Goslar aus vier Stunden unterwegs! Die NATO-Rallye war eine gefährliche Angelegenheit, man fuhr viel zu schnell und achtete kaum auf den Verkehr. Es gab regelmäßig Unfälle mit Todesfolge. Ich fuhr immer mit Zimmernachbarn nach Bremen, ich nahm dann den Zug zu meiner Freundin. Die anderen mussten noch weiter bis nach Hamburg und zum Teil sogar bis nach Schleswig-Holstein. So ein Wochenende war immer viel zu kurz, ehe man sich versah, war Sonntag und man musste sich wieder auf den Rückweg machen.

      Meine Grundausbildung dauerte bis in den Winter hinein. Im Dezember machten wir eine so genannte Sechsunddreißig-Stunden-Übung. Das bedeutete, dass man sich sechsunddreißig Stunden im Gelände tummelte, da militärische Übungen abhielt, vom Verpflegungswagen aus zu essen bekam und im Freien übernachtete. Das, was da so einen Pfadfinderanschein hatte, erwies sich aber bald als harte Probe: wir hatte nachts zwanzig Grad minus, einige waren mit ihrem Schlafsack an den Wänden vorher ausgehobener Gruben festgefroren, manche hatten sogar angefrorene Gliedmaßen. Zum Glück hatte ich die Sache schadlos überstanden. Als

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