Paulo wird Studienrat und reist (2). HaMuJu

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Paulo wird Studienrat und reist (2) - HaMuJu

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Dann organisierte ich zu Hause eine Tonne Kohlen. Die musste natürlich nach Siegen gebracht werden. Also liehen wir uns einen Ford Transit und fuhren schaukelnd mit einer Tonne Kohlen über die Autobahn. Als wir einmal das lange Ofenrohr säuberten, zog der Ofen noch mal so gut, und wir hatten immer eine angenehme Wärme.

      In diesem Winter reisten wir nach Österreich in das Haus von Mädchen, die wir kennengelernt hatten. Eine ganze Menge Leute versammelte sich da. Das war eine Weingegend in der Nähe von Spielfeld. Wir lernten Uwe und seine Familie kennen und erzählten von der leer stehenden Etage unter uns. Sofort war er Feuer und Flamme und zog im Frühjahr ein. So begann die Zeit der legendären Wohngemeinschaft. Lutz zog noch dazu und für eine Zeit auch noch Ulli Müller, der Hauptschullehrer war.

      Die endgültige Zusammensetzung der Wohngemeinschaft war: oben wir zusammen mit Henni, der aus Bremen nach Siegen gekommen war und in unserer Küche lebte, unter uns Uwe mit Frau und Kind, Lutz mit Freundin und später Alice mit zwei Kindern.

      Wir kauften für alle ein und kochten für alle. Wir hatten auf Uwes Etage einen Gemeinschaftsraum, in dem wir abends immer saßen und wo so manche Fete gefeiert wurde. Türmeweise stand das Bier im Flur. Die Leute gingen bei uns ein und aus und fühlten sich wohl. Ich glaube, dass die Kinder eine gute Zeit bei uns hatten. Einmal besuchten mich meine Eltern mit meinem ältesten Bruder. Ich denke, sie waren ganz angetan. Oben auf dem Speicher hatten wir eine Tischtennisplatte aufgebaut. Wenn zum Essen gerufen wurde, kamen die Leute aus allen Löchern herbeigeströmt. Das war die intensivste Zeit meines Lebens.

      Siegen war Universitätsstadt geworden, das hatte sie Ministerpräsident Rau zu verdanken. Das Bild der Stadt wurde eigentlich durch den Stahl geprägt. Es gab eine Stahlhütte im Ortsteil Geisweid, es gab viele Maschinenbaufabriken oder überhaupt Metallbetriebe. Es fehlten also nur die Menschen für die Kopfarbeit. Die Zahl der Studenten war am Anfang natürlich sehr klein, ich glaube etwas über 10000. Das entwickelte sich aber. Ich fühlte mich von Anfang an sehr wohl. Nachdem ich eine Zeit lang mit meiner Freundin Carola zusammengelebt hatte, wohnte ich jetzt in einer Wohngemeinschaft zusammen mit Dieter, Henni, Uwe, Bärbel, Matthija, Lutz, Annette, Alice, Claudia und Markus.

      Diese Wohngemeinschaft formte alle Beteiligten, sie war für viele Dreh- und Angelpunkt allen Geschehens, und tatsächlich liefen da auch Dinge, wie sie sonst wohl nirgendwo passierten. Dieter und ich hatten in dem alten Haus im Stadtteil Weidenau die oberste Etage. Jeder hatte zwei Zimmer, dazu gab es eine Küche mit altem Herd, in der später Henni lebte und einen Tischtennisraum auf dem Dachboden, wo sich noch so manche Schätzchen der Vermieter verbargen. Der Rest der Wohngemeinschaft lebte eine Etage tiefer. Der Hund der Wohngemeinschaft hieß Pollux. Eigentlich war er Uwes Hund, es kümmerte sich aber jeder um ihn. Pollux war eine wuschelige Promenadenmischung mit hoher Auffassungsgabe. Alle mochten ihn. Die Mitglieder der Wohngemeinschaft gingen unterschiedlichsten Beschäftigungen nach: Dieter, Lutz, Henni und ich studierten, Uwe manchmal auch. Bärbel arbeitete in der Krankenhauswäscherei, Annette verdiente ihr Geld in einer Parfümerie, Alice hatte anfangs einen Job in einer Schraubenfabrik, Matthija, Claudia und Markus waren Kinder und wurden von uns abwechselnd in den Kindergarten gefahren. Der Kindergarten lag etwas entfernt, man musste mit dem Auto am Einkaufszentrum vorbei und dann rechts den Giersberg hoch. Niemand fuhr die Kinder gern dahin, denn das hieß: früh aufstehen, anziehen und los. Die Kinder weckten denjenigen, der dran war, und wenn man eine Frühveranstaltung an der Hochschule hatte, machte das ja auch nichts, aber in den Semesterferien!

      Auf der unteren Etage lagen das Badezimmer und die Küche. Noch eine halbe Treppe tiefer war das Klo für Dieter, Henni und mich. Wir organisierten einen gemeinsamen Einkaufs- und Kochdienst, damit wir alle zusammen abends essen konnten. Eingekauft wurde im „Globus“ und im „Aldi“. Auf der Innenseite der Küchentür hing eine Tafel, auf der die Ausgaben eines jeden vermerkt waren. So musste man nur darauf achten, dass in etwa ein gleicher Ausgabenstand erreicht wurde. Das klappte eigentlich immer sehr gut. Manchmal musste jemand daran erinnert werden, dass er ein paar Mark im Rückstand war, dann wurde aber wieder ausgeglichen. Im „Globus“ gab es alles, was gebraucht wurde, zu relativ günstigen Preisen. Als ganz hervorragend waren bei uns die Fleischwurst und das Siegerländer Schwarzbrot in Erinnerung. Auch das Fleisch war von guter Qualität. Manchmal stellte man einen Kasten Bier unten auf den Einkaufswagen und vergaß, den an der Kasse zu bezahlen.

      Die Kassiererinnen schauten damals noch nicht so genau. Bei Aldi ging es damals noch etwas herber zu als heute, auch war die Produktpalette noch nicht so vielfältig. Wir kauften dort vor allem Reinigungsmittel, Wein und Kaffee. Aldi befand sich im Einkaufszentrum von Weidenau. Das EKZ war Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger aus dem Boden gestampft worden und versprühte den Charme unpersönlicher Nachkriegsarchitektur. In der Mitte der ganzen Anlage prangte das Kaufhaus Hertie. Drumherum angesiedelt waren Geschäfte wie Nordsee, Penny und eben Aldi. Das Einkaufszentrum war gut zu Fuß zu erreichen. Morgens holte man dort Brötchen. Vor unserem Haus verlief die vierspurige Weidenauer Straße, auf der sich natürlich ein beträchtlicher Verkehr abspielte, der aber nicht weiter störte. Von der Straße aus passierte man eine Hausdurchfahrt und gelangte auf unseren Hof. Hier gab es die Druckerei Tackenberg, die auch das Erdgeschoss unseres Hauses mitbenutzte. Im Hause befand sich deren Lager, der eigentliche Betrieb aber war ein Flachbau auf dem Hof. Die Leute von Tackenberg sah man gelegentlich und grüßte sie, Herr Tackenberg war immer sehr nett zu uns. Uwe hatte auf dem Hof eine Garage, an den Hof grenzte ein winziges Stück Garten, in dem Rasen wuchs. Ganz selten hatte bei uns Sonnenschein mal dahin gelangt. Lutz hatte eine alte 250er BMW mit hohem Lenker („Easy Rider“), mit der ich auch mal fahren durfte. Ein Motorradpolizist verfolgte mich bis auf den Hof. Lutz hatte seine ganzen An- und Umbauten natürlich nicht eintragen lassen, auch nicht den hochgezogenen Auspuff. Also war eine Strafe fällig, ich weiß nicht mehr, wie viel wir bezahlen mussten.

      Wir waren alle „Entenfahrer“, nur Henni hatte eine „Diane“, Dieter fuhr anfangs noch einen „VW 1302“. Da die Preise damals in den Werkstätten für uns unerschwinglich waren - besonders Citroen - brachten wir uns alles, was an der „Ente“ zu schrauben war, selbst bei. Zuerst bemühte man noch „Jetzt helfe ich mir selbst“ von Dieter Korb, dann klappte es ohne Unterstützung. Teile für die anstehenden Reparaturen lagen bei uns im Keller, vom Kotflügel über Schwingarme bis zum ganzen Motor. Hatte man aber das gesuchte Teil nicht vorrätig, fuhr man zu Bernd Schmidt. Bernd war der große Meister unter den „Entenschraubern“. Er hatte eine Werkstatt im Charlottental gemietet und war eigentlich samstags vormittags immer da anzutreffen. Bernd war so fit, dass er Motoren auseinanderschraubte, Kolben austauschte, Pleuellager überholte und ganze Kurbelwellen ersetzte. Er hatte auch jedes Spezialwerkzeug, das man brauchte. Citroen Ernst in Birlenbach wurde nur aufgesucht, wenn man Kleinteile brauchte wie Unterbrecherkontakte, Teile von Radbremszylindern und Bremsbeläge. Meine Güte, was hatte ich an den „Enten“ herumoperiert. Nach und nach hatte man dann auch einen Werkzeugkasten zusammengekauft. Wichtig war eine Fühlerlehre, eine Kontrolllampe für die Zündung und ein guter Knarrenkasten, natürlich auch Schraubenzieher und Zangen. Für die Demontage des hinteren Bremssattels war eine 46er Nuss nötig, die hatte sich Lutz mal anfertigen lassen. Er hatte auch eine halb aufgeschnittene Bremstrommel, die sich zum Justieren der Bremsbeläge sehr gut eignete. An der „Ente“ – genau gesagt am „2 CV“ (zwei Pferde) – war so ziemlich alles geschraubt. Das einzige, was geschweißt war, war der Rahmen, an den das ganze Auto mit 11er und 12er Schrauben befestigt war. Selbst die Fahrerkabine, „das Häuschen“, wie wir sie nannten, war geschraubt. Man konnte sie leicht zu zweit hochheben. Reparaturen, die sehr häufig anfielen, waren vor allem an der Zündung und an der Bremsanlage zu erledigen. Auch der Lichtmaschinenregler von Marchall war oft kaputt. Das Hauptproblem aber war der Rost. Man konnte froh sein, die Schrauben noch bewegen zu können, bevor sie ganz dem Rost zum Opfer gefallen waren. Da aber vieles geschraubt war, ersetzte man durchgerostete Teile einfach durch neue aus dem Keller. Lediglich das Bodenblech des Häuschens musste geschweißt werden. Diese Kunst beherrschte aus unserem Bekanntenkreis nur Lutz. Schutzgasschweißen gab es noch nicht. E–Schweißen eignete sich wegen des dünnen Bleches nicht, da blieb nur vorsichtiges Azetylenschweißen, das konnte Lutz. Manchmal ging man runter auf den Hof und stellte die Zündung am Wagen

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