Paranoia. Joana Goede

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Paranoia - Joana Goede

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Uhr. Ich erwarte Nachricht von Ihnen, sobald die Sache erledigt ist.“ Mit diesen Worten drückte er ihm einen Fünfziger in die Hand.

      Severin legte den kurzen Weg zu seinem Wagen zurück, ohne das Geld in die Tasche zu stecken. Es fühlte sich falsch an in seiner Hand. Als bekäme er es für eine illegale Sache. Im Auto legte er es kurzerhand ins Handschuhfach, um es aus den Augen und aus dem Sinn zu haben.

      Zuhause empfing ihn seine chronisch gelangweilte Freundin Marie vor dem Fernseher. Sie arbeitete halbtags in einer Bäckerei und hatte kein einziges Hobby. „Ich gehe aus heute, mit Kira.“

      „Jaja“, machte Severin und suchte sich in der Küche eine Tafel Schokolade, von der er die Hälfte in einer Minute in sich hineingestopft hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass sich sein dreißigster Geburtstags näherte und er sich vorgenommen hatte, etwas mehr auf sein Gewicht zu achten. Marie erschien in kurzem Jeansrock und lila Pulli vor ihm, strich sich das blond gefärbte Haar aus dem runden Gesicht und fragte: „Frustriert? Willst du mit?“

      „Danke“, meinte Severin, „vergnügt euch nur. Einen Mann könnt ihr wohl kaum dabei brauchen.“ Er merkte, dass er ein bisschen schmollte. Dabei war er eigentlich froh, dass Marie selbst wegging. So musste er ihr nicht erklären, was er an diesem Abend vorhatte. Marie legte die Arme um ihn, schob sich nah an ihn heran und gab ihm einen langen Kuss auf den Mund. Er sah zu ihr herunter, sie war recht klein und ein wenig pummelig, das fand er eben gerade niedlich. „Wann gehst du?“

      Sie antwortete: „Kira holt mich um 18 Uhr ab. Willst du mich loswerden?“

      „Ganz und gar nicht“, behauptete er und küsste sie zurück. „Wohin geht ihr?“

      Marie hob die Schultern wie meistens. Denn in der Tat zog sie mit Kira häufig planlos durch Clubs und Kneipen, bis die beiden irgendwo einkehrten und bis zum Morgengrauen dort blieben. Severin hielt nicht ganz so viel von dieser Angewohnheit, denn oft hatte er besorgt im Bett gelegen und sich gefragt, ob seiner Marie vielleicht etwas zugestoßen war. Halten konnte er sie allerdings nicht. Es war ihr Wochen-Highlight. Schlimm genug, dass sie es mit ihm nicht haben konnte. Da sie keine Hobbys hatte, saß sie ja im Grunde nachmittags nur herum, sah fern, surfte in Internet, traf sich vielleicht mal mit Freunden. Severin wusste gar nicht so sehr, was er an ihr fand. Im Grunde erschien sie ihm vollkommen uninteressant. Keine besonderen Talente, keine Interessen. Auffallend hübsch oder lieb war sie nicht, eine angenehme Stimme hatte sie nicht, meistens sprach sie sogar deutlich zu laut, fand Severin.

      Grübelnd blieb er stumm und starrte mit einem irgendwie eigensinnigen Ausdruck in die Luft.

      Als er keine Anstalten mehr machte, sich weiter auf ein Gespräch mit Marie einzulassen, nahm sie an, er sei sehr müde von der Arbeit und ließ ihn allein in der Küche stehen. Wahrscheinlich fand sie ihn ohnehin ähnlich langweilig wie er sie. Eine leise Melodie summend verschwand sie im Bad, um sich dort für die Nacht herauszuputzen. Die Dusche ging an und Severin hatte endlich Gelegenheit, sich eingehend Gedanken darüber zu machen, was für einen Auftrag er da angenommen hatte.

      Unbekannte Mitmenschen auszuspionieren wäre ihm als Freitagabendbeschäftigung an sich niemals in den Sinn gekommen, er schämte sich sogar dafür, diese Sache für den läppischen Betrag von hundert Euro zugesagt zu haben. Was sollte die Frau schon verbrochen haben? Hatte sie einen Liebhaber? Wenn sie so viel jünger war als ihr Mann und dieser außerdem nicht gerade zu den attraktivsten seiner Altersgenossen zählte, musste der Chef dann nicht damit rechnen? Konnte er es ihr ernsthaft verübeln? Severin wusste nicht, ob es sich um eine einfache Eifersuchtsangelegenheit handelte oder ob mehr dahinter steckte. Entscheidend für ihn war lediglich, dass er damit nichts zu tun haben wollte. Nicht im Leben anderer herumschnüffeln.

      Um ein Haar hätte er nach seinem Handy gegriffen, um seinen Chef anzurufen und ihm das zu sagen. Jedoch, er traute sich das nicht. Sei es, dass das Pflichtgefühl in zwang, diese Abmachung auch einzuhalten, sei es die Angst vor der Reaktion des Chefs, die übel ausfallen konnte.

      Hier merkte er, dass er seinen Chef fürchtete. Dieser durch seinen Körperbau mächtig wirkende Mann, dessen Stimme auch flüsternd noch fest war, dessen Aussagen keine Widerworte duldeten, der auch andere Meinungen kaum bis gar nicht akzeptierte. Er schüchterte seine Angestellten ein. Durch seine bloße Präsenz sowie durch wenige, einprägsame Wutanfälle. Hatte man einmal einen erlebt, wollte man bei keinem zweiten anwesend sein. Denn entfaltete der Chef erst einmal die volle Bandbreite seiner Stimme und drehte er die Lautstärke komplett auf, konnte man denjenigen im selben Raum nur zur Flucht raten. Es war ein unglaubliches Donnern und Getöse. Einer der Mitarbeiter hatte dem Chef stets den Spitznamen Zeus gegeben. Diese Frechheit hatte der Chef ihm aber nicht lange durchgehen lassen, sondern ihn bei der nächsten Gelegenheit vor die Tür gesetzt. Und niemand hatte gewagt, etwas dagegen zu sagen.

      Sollte nun Severin tatsächlich etwas gegen seinen Chef sagen? Sollte er es wagen, einen Auftrag von ihm abzulehnen? Das traute er sich nicht. Es war keine Loyalität, die ihn an seinen Chef band, wie er erst geglaubt hatte, es war Angst. Die Angst vor einem Wutanfall, die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Er merkte, er musste es erfüllen. Was auch immer es sein mochte, was sein Chef von ihm verlangte, er musste es erledigen. Und wenn es im Ausspionieren seiner Frau bestand, die es mit ihm sicherlich nicht leicht hatte, dann blieb Severin keine Wahl.

      Zu diesem Schluss gekommen, saß er mit traurigem Blick auf der Couch, glotzte sinnlos auf sein Handy, das er vor sich auf den niedrigen Tisch gelegt hatte, und wartete auf einen Funken Mut zum Widerstand.

      Er wartete vergebens.

      Als Marie aus der Dusche kam, wartete er noch immer. Sie betrachtete ihn eine Weile ratlos, weil sie wohl merkte, dass ihn etwas bedrückte. Allerdings fragte sie ihn nicht. Vielleicht wollte sie es nicht wissen, weil sie Sorge hatte, es könnte an ihr liegen. Vielleicht war es ihr auch egal, weil sie sich für Severins Innenleben einfach nicht interessierte. Er bemerkte, dass sie hinter ihm stand und ihn ansah. Dabei wünschte er sich halb, sie würde ihn fragen. Fragen, damit er es ihr erzählen, ihre Meinung dazu hören konnte. Obwohl er sie ihm Grunde schon kannte. Außer dem leicht verdienten zusätzlichen Geld würde sie nichts sehen. Von ihr konnte er keine wirkliche Hilfe, keinen Rückhalt erwarten.

      So schwieg er, da sich ein Gespräch nicht lohnte. Er blieb allein mit seinen Zweifeln, seinen Ängsten. Und musste in den Entschluss treffen, es dann jetzt eben durchzuziehen, wenn es sein musste, und sich nicht weiter den Kopf über diese Sache zu zerbrechen. Er hatte schließlich zugesagt.

      Marie verließ die Wohnung zwanzig Minuten zu spät, in der Zeit war Severin bereits nervös geworden. Nun wartete er unruhig, bis er aus dem Fenster sehen konnte, wie die ebenfalls recht kleine, dafür aber ziemlich dünne Kira und Marie zum Bus liefen. Dann griff er selbst nach seiner Jacke, schnappte sich den Autoschlüssel und verließ die Wohnung nur zehn Minuten nach seiner Freundin.

      Auf dem kurzen Stück Fußweg zu seinem Wagen fürchtete Severin permanent, Marie könnte zurückkommen und ihn sehen. Er schaute paranoid über die Schulter, später in den Rückspiegel und atmete erst auf, als er mit dem Wagen zwei Straßen weiter war.

      Ausreden, weshalb er die Wohnung doch noch verlassen hatte, hatte er sich bereits zurecht gelegt. Am besten, er schob seine Arbeit vor, falls Marie vor ihm Zuhause sein sollte. Unwahrscheinlich, aber möglich. Es kam schließlich vor, dass Severin zu Abendveranstaltungen musste, die das Eventcenter organisierte. Marie würde da sicherlich keinen Verdacht schöpfen.

      Er bemühte sich sehr, nicht zu schnell zu fahren. Die Straßen waren noch voll, Severin stand lange an den roten Ampeln, trommelte ungehalten mit den Fingern auf dem Lenkrad herum, schaute jede Minute auf die Uhr und als er endlich bei seinem Chef ankam, konnte er keinen geeigneten Parkplatz entdecken. Die ganze Straße schien zugeparkt, nur zwei Häuser weiter gab es freie Plätze,

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