Sonnenwarm und Regensanft - Band 1. Agnes M. Holdborg
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Als sie an einem wuchtigen Haselnussstrauch vorbeilugte, entdeckte sie zur rechten Seite noch andere, weitaus weniger hübsche Häuser, getrennt durch weitläufige Grundstücke, und eine ruhige Straße, an deren Seiten vereinzelt ein paar Autos parkten. Das Reetdachhaus befand sich demnach in einem normalen Wohngebiet, und zwar am Ende einer Sackgasse.
Viktoria führte Anna hinein und rief dann mit heller Stimme nach ihrem Bruder.
Währenddessen schaute Anna sich mit großen Augen um und spähte neugierig durch die geöffneten Türen des Eingangsbereiches in die anliegenden Zimmer. Sie wirkten allesamt geräumig und irgendwie unbeschwert. An den Wänden hingen Bilder in warmen Farben. Unzählige Bücher reihten sich in breiten hohen Regalen. Im Wohnraum luden die beiden riesigen weißen Ledersofas samt zwei passenden Sesseln, auf denen Berge von bunten Kissen verteilt lagen, zum Verweilen ein. Zahlreiche Topfpflanzen und auch Vasen voller duftender Blumen standen auf schimmernd polierten Tischen, Fensterbänken und dunklen Holzdielen. Annas, nein, eigentlich Jens’ Lieblingsmusik tröpfelte an ihr Ohr.
Sie fand es hier einfach großartig!
Nicht einmal Viktors Hand, die sich von hinten sanft auf ihre Schulter legte, konnte sie sofort von ihrer Begeisterung ablenken. Erst seine Frage brachte sie zurück:
»Hat meine Schwester sich gut benommen? Ich wollte dich eigentlich abholen, aber sie kann sehr überzeugend sein.« Sein Lächeln erstarb, als er Anna zu sich umdrehte und in ihr wohl immer noch blasses Gesicht blickte. »Viktoria, was hast du gemacht?«
»Nichts«, antwortete Anna hastig an Viktorias Stelle und warf ihr einen flüchtigen Blick zu. »Alles okay, echt. Es ist nur so – überwältigend hier.«
Sichtlich erleichtert sah er Anna in die Augen, nahm ihre Hände und küsste jeden Finger einzeln.
»Willkommen, Anna«, begrüßte er sie in feierlichem Ton. »Schön, dass du hier bist. Komm mit, ich zeig dir das Haus.«
An seine Schwester gerichtet sprach reichlich kühler: »Danke, Viktoria, dass du sie hergebracht hast. Anna hat zwar nichts gesagt, aber ich sehe, dass ich recht hatte. Es war tatsächlich keine gute Idee. Wie wär’s, wenn du uns jetzt für ein Weilchen mit deinen Ideen verschonst? Wir können ja nachher gemeinsam zu Mittag essen.«
Bisher war Anna nur ein einziges Mal solch ein böse funkelndes Augenspiel bei Viktor aufgefallen. Als sie ihm von der bevorstehenden Nordseereise mit Jens berichtet hatte, war sie davon fasziniert gewesen – genau wie jetzt.
»Soll heißen: Verschwinde!«, gab Viktoria knapp zurück. »Bin schon weg.«
Wie ein geölter Blitz huschte Viktoria davon und Anna hörte nur noch das leise Klappen einer Zimmertür.
»Sie hat dich verschreckt, nicht wahr? Ich wusste es. Tut mir leid, Anna, das war dumm von mir.«
»Hör bitte auf, dich zu entschuldigen. Mir geht es gut, wirklich. Besonders bei der Aussicht, dass du mir gleich ein paar Fragen beantworten wirst«, beruhigte Anna ihn. »Können wir anfangen?«
»Ja, das können wir. Aber du hast doch nichts dagegen, wenn ich dir zuerst mein Zimmer zeige, oder? Dann könnten wir zusammen etwas essen. Ich hab nämlich gekocht und dann …«
»Moment mal, warte«, unterbrach sie ihn. »Das hört sich doch eher nach einem Ausweichmanöver an. Du hast es versprochen, Viktor. Wir können das doch alles machen, während ich halt frage und du antwortest.«
Lächelnd zog er sie zu sich heran. »Ja, das stimmt. Ich habe es versprochen.«
Er küsste sie ganz sanft und zärtlich.
»Oh nein, so wird das nichts.« Seufzend presste sie ihm ihre flache Hand gegen die Brust. »Wir machen das am besten ohne Körperkontakt. Sonst wird das keine Fragestunde, sondern artet eher in eine Schweigestunde mit Kuschelfaktor aus.«
Er hob ergeben seine Hände. »Dein Wunsch sei mir Befehl.«
Dann führte er sie die Treppe hinauf zu seinem Zimmer. Als sie eintraten, gab er, wie versprochen, ihre Hände frei.
Sie ließ ihren Blick schweifen. Der rechteckige Raum erschien Anna riesig, jedenfalls für ihre Verhältnisse. Er besaß an der gegenüberliegenden längeren Wand zwei große Fenster, an denen die schlichten weißen Gardinen und schweren dunklen Vorhänge zur Seite gezogen waren, sodass die strahlende Sonne das Zimmer mit warmem Licht anfüllte.
Die allesamt schwarzen Möbel bildeten einen reizvollen Kontrast zum hellen Holzboden. Vor den Fenstern waren zwei rote Ledersessel rechts und links neben einem flachen Retro-Rauchglastisch platziert. Zur Linken standen ein breites, mit karmesinroten Laken bezogenes Bett, daneben ein Schreibtisch mit Laptop und ein großer Schrank. Die rechte Wand bestand schlichtweg aus Regalen, in denen neben einem überdimensionalen Flachbildfernseher weiteres technisches Spielzeug und die dazugehörigen CDs, DVDs, Blue-Rays, PC-Spiele und Sonstiges unterbracht waren.
»Wow, das nenn ich mal ein Zimmer. Ich teile mir meins mit meiner Schwester. Aber das würde glatt dreimal hier reinpassen. Es ist so groß und schön. Sehr schön. Seit wann wohnt ihr denn hier?«
»Oh, die erste Frage? Erst seit ein paar Monaten. Wir sind im Januar achtzehn geworden und haben uns dann dieses Haus gekauft, weil es erstens wunderschön ist und zweitens strategisch günstig liegt.«
»Strategisch günstig? Was bedeutet das? Und woher habt ihr so viel Geld?«
»Es liegt am Eingang, also am Eingang zur Elfenwelt. Das ist ein bisschen schwierig zu beschreiben. Ein klein wenig hast du das ja schon mitbekommen, als ich dich mit zur Elfenlichtung genommen habe oder auch heute mit Viktoria. Es wird am einfachsten sein, wenn ich dir das später einmal genauer zeige. Dann ist es leichter zu verstehen, glaub mir«, erklärte Viktor. »Tja, und das Geld, das haben wir geerbt.«
Er machte eine kurze Pause. »Unsere menschliche Mutter war sehr wohlhabend. Aber auch Vitus ist reich, ein König halt. Er und unser Onkel waren immer äußerst großzügig.«
Weil Anna ihn fragend anschaute, fügte er noch hinzu: »Gold und Edelsteine haben in jeder Welt den gleich hohen Wert, Anna.«
Das beantwortete ihre Frage nach elfischer Währung und Devisen.
»Aber, wie geht denn das? Wie könnt ihr einfach so in unserer menschlichen Welt leben? Fällt das denn nicht auf? Das hier ist Deutschland. Ihr braucht also so was wie Geburtsurkunde, Perso, Schulzeugnisse und was weiß ich noch. Hier ist doch alles mit bürokratischen Vorschriften zugepflastert. Ihr würdet bestimmt irgendwann auffallen.«
Viktor schmunzelte. »Wir sind ja halbe Menschen, Anna. Deshalb haben wir eine Geburtsurkunde: Mutter – Veronika Müller; Vater – unbekannt. Wenn man so eine Urkunde besitzt, ist der Rest zwar lästig, aber dennoch relativ einfach. Unser menschlicher Urgroßvater hatte diese ganzen Dinge bereits vor seinem Tod für uns geregelt. Offiziell sind wir nach unserer Geburt in Canada aufgewachsen und unseren Schulabschluss haben wir dann in den USA gemacht. Tja, wir sind echte High-School-Absolventen.«
Viktor lächelte. »Aber dieser ganze Papierkram für den Hauskauf war furchtbar anstrengend. Ich weiß nicht, ob wir das ohne Isinis’ Hilfe hinbekommen hätten. Das mit dem Grundbuch, Notar und dem anderen Zeug hat uns alle überfordert. Aber