Sonnenwarm und Regensanft - Band 1. Agnes M. Holdborg

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Sonnenwarm und Regensanft - Band 1 - Agnes M. Holdborg

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sprang sie vom Rad, stellte es unwirsch an die Hauswand, schloss es ab und rannte ohne ein Wort schnurstracks ins Haus, um dort direkt in ihr Zimmer zu verschwinden.

      Sie hatte den beiden nicht einmal eine gute Nacht gewünscht, weil sie nur noch allein sein, sich ihren traurigen Gedanken hingeben und eventuell ein paar Tränchen vergießen wollte.

      Nach einer Weile klopfte es sachte an die Tür. Viola trat ohne abzuwarten ein und kam zu Anna ans Bett.

      »Ich wollte dir nur kurz gute Nacht sagen«, erklärte sie. Danach beugte sie sich zu Anna, nahm sie sanft in den Arm und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. »Ich bin so froh, dass ihr mich mitgenommen habt. Danke dafür«, fügte sie noch hinzu.

      Lächelnd ging sie wieder hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.

      Die kurze Umarmung hatte Anna gutgetan. Sie war erstaunt darüber, wie schnell sie Viola ins Herz geschlossen hatte.

      Mit diesem Gedanken schlief sie ein.

      ***

      Viktoria stand in ihrem Zimmer, das direkt neben dem von Anna lag. Es war zwar schon weit nach Mitternacht, aber sie fand einfach keinen Schlaf. Stattdessen schaute sie nachdenklich durch den wehenden Organza zum Fenster hinaus auf einen dunklen Wolkenberg, der sich am mondhellen Samtnachthimmel auftürmte und sich unaufhaltsam näher schob.

      »Das Wetter ändert sich«, überlegte sie und versuchte unterdessen weitestgehend emotionslos, den vergangenen Tag Revue passieren zu lassen.

      Erst vor ein paar Minuten hatte sie mit Viktor telefoniert, ihm in knappen Worten davon berichtet. Dabei musste sie sich kurzfassen, möglichst sachlich bleiben, nur eben sagen, dass alles okay war. Es durften ja keine Emotionen mitschwingen. Das fiel ihr ausgesprochen schwer, weil sie ihren Bruder sehr liebte. Außerdem begann sie, auch Anna und Jens zu mögen. Das machte die Sache nicht gerade leichter.

      Die dünne Gardine bewegte sich, obwohl sie das Fenster geschlossen hatte. Und obwohl außer den Wolken noch nichts davon zu sehen war, konnte sie den herannahenden Sturm bereits auf ihrem Gesicht spüren. Er hauchte ihr zart durchs Haar, das sie nur Viktor zuliebe abgeschnitten hatte. Nur für diese Aktion.

      »Das muss Geschwisterliebe sein«, seufzte sie wehmütig, als ihr wieder einfiel, wie die lange dunkle Haarpracht Strähne für Strähne zu Boden gefallen waren.

      Allerdings fand sie die neue Frisur ziemlich hübsch und gar nicht so unpraktisch. Sie stand ihr außerdem ganz gut. Nur die Haarfarbe, die war so gar nicht ihr Fall. Erfreulicherweise könnte sie die ja bald wieder ändern, dachte sie schmunzelnd.

      Sie hatte die grünen Kontaktlinsen herausgenommen und genoss das freie Gefühl in ihren jetzt dunkelblauen Augen.

      Als plötzlich ein Gewitterblitz ihr dunkles Zimmer für einen Wimpernschlag mit flackerndem Licht anfüllte, blinzelte sie. Ansonsten blieb sie still stehen. Ohne das geringste Anzeichen von Schrecken oder Furcht.

      Selbst jetzt, in diesem Zimmer, wo sie allein war und ein dröhnender Donner dem Blitz nachhallte, behielt sie ihr gelassenes Gesicht bei. Nichts sollte etwas von ihrem Schmerz verraten und von den vielen Sorgen, die sich allesamt um Viktor, ihren Vater und um ihre unerfüllte große Liebe drehten. Vielleicht war sie ein wenig müde und blass, doch mehr gab sie auch in diesem Moment der Einsamkeit nicht preis. Sie stand nur reglos da. Barfuß, in einem schlichten dünnen Nachthemd, das sich mit der Gardine im Einklang bei jedem Windhauch bewegte.

      Doch als das Unwetter blitzartig, mit aller Macht gegen das Fenster schlug, ihr Regen, Sturm und Kälte entgegenspie, erschauderte sie und wich zurück.

      Dann schüttelte sie den Kopf. »Schlechtes Wetter an der Nordsee ist nun wirklich nichts Besonderes«, meinte sie und zog die schweren Vorhänge vor. Jetzt sollte sie versuchen, wenigstens ein bisschen zu schlafen.

      ***

      In dieser Nacht fand Vitus wieder einmal keine Ruhe, weshalb er sich zum Strand begab, um dort seinen Grübeleien nachzuhängen.

      Etwas beunruhigte ihn, aber er wusste einfach nicht, was es war. Die ganze Nacht stand er am Meer und dachte nach über die vielen widersprüchlichen Signale, die er empfing und nicht zu deuten wusste. Dabei kamen ihm seine Kinder in den Sinn: Viktor und Viktoria.

      Diese Namen! Bei dem Gedanken daran zuckte es beinahe belustigt um seine Mundwinkel. Veronika hatte die Namen ausgesucht. Ihr hatten sie so sehr gefallen und nur das war wichtig für Vitus gewesen. Viktor oder Viktoria, je nachdem, ob Junge oder Mädchen. Sie hatten ja nicht gewusst, dass sie beide Namen brauchen würden.

      Veronika war nie zum Arzt gegangen, aus Furcht, er könnte bei dem Kind etwas »Nichtmenschliches« entdecken. So stellten sie erst bei der Geburt fest, dass es zwei Kinder waren.

      Aufs Neue spukten die immer gleichen Fragen in ihm herum: Warum nur hatte er das nicht vorher schon gespürt? Warum hatte er nicht darauf bestanden, dass sie zu einem Arzt der Menschen ging? Hätte der Veronika vielleicht retten können? Was wäre, wenn? Immer wieder wanden sich diese Fragen in einer Endlosschleife durch seinen Kopf. Seit nun mehr als achtzehn Jahren!

      Bei der Erinnerung verdunkelte sich sein Blick. Grelle Blitze schossen aus seinen Augen, um Sturm, Regen und Donner zu holen. Das Unwetter sollte seinen Geist reinigen. Doch dieses Mal half es nicht. Die Gedanken an die vergangenen Zeiten und an seine verlorene Liebe quälten ihn weiterhin.

      Außerdem fühlte er etwas Bedrohliches auf sich zukommen. Er nahm deutlich wahr, dass etwas geschehen würde, konnte aber nicht erkennen, worum es sich dabei handelte. Diese alarmierende Ungewissheit ließ ihn an seinen Kräften zweifeln.

      Bis zum frühen Morgen haderte er mit sich, seinem Groll und Argwohn. Dann zog er die bitteren Gedanken aus den Wolken heraus und klärte seinen Geist, denn er hatte endlich eine Entscheidung getroffen.

      Es war höchste Zeit, das wusste er. Er musste die Gefilde verlassen, um zu handeln.

      Zuerst würde er die dunklen Kräfte von hier fortbringen und in ein anderes sicheres Verlies zwingen. Ihm war zwar nicht klar, weswegen er die Nuurtma umquartieren wollte. Allerdings spürte er intuitiv, dass es ungemein wichtig war, sogar höchster Priorität bedurfte.

      Danach wollte er Estra, Isinis und auch seinen Kindern einen Besuch abstatten. Es gab einiges zu klären.

      Als er im Morgengrauen den Strand verließ, klarte der Himmel auf.

      ***

      Ein dunkles Grollen über dem Haus weckte Anna. Verschlafen fragte sie sich, wie spät es wohl wäre. Ein Blick aufs Handy verriet ihr, dass es eigentlich zu früh zum Aufstehen war, aber nun war sie halt hellwach.

      Sie rieb sich die Augen und dachte enttäuscht, dass Viktor sich wieder nur kurz in ihren Träumen hatte blicken lassen.

      Der Morgen brach zwar gerade erst an und Anna hatte ja das Grollen vernommen, doch als sie die Vorhänge zur Seite nahm, war sie dennoch enttäuscht von der trüben Tristesse da draußen. Es sah aus, als hätte der Himmel nie eine andere Farbe als grau gekannt. Passend dazu wirkte alles verlassen und still. Selbst die Vögel schienen auszuharren, wo sie doch sonst im Morgengrauen so emsig waren. Der Regen zog in gleichmäßig dicken Bindfäden herab, prasselte mit kräftigen Tropfen auf den Weg vorm Haus und schlug dabei große Blasen.

      Mit einem Mal erhellte ein Blitz das Grau zu einem schmutzigen Gelb und es donnerte erneut bedrohlich

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