Sonnenwarm und Regensanft - Band 1. Agnes M. Holdborg
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Demzufolge war es ihm ein Leichtes, seinen nassen Plan ungehindert in die Tat umzusetzen.
Die Fuhre Wasser verfehlte ihr Ziel nicht. Ganz im Gegenteil. Er hatte gleich alle beide erwischt. Und das wirklich gut!, lobte er sich stolz.
»Igitt, Jens, du Vollidiot! Ich hatte mich gerade eingecremt!«, schrie Anna ihn an. Sie sprang auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund das Wasser von der Haut.
Viola aber lachte fröhlich. Auch sie hatte ja eine ordentliche Ladung Nass abbekommen, steckte jedoch Anna mit ihrem Gelächter schlussendlich an.
Dieses Gelächter wiederum verwirrte Jens, besonders das seiner Schwester. Er hatte Anna in den vergangenen drei Tagen des Öfteren ärgern wollen, doch es gelang ihm einfach nicht. Immer fing sie letztlich an zu lachen und verleidete ihm damit den ganzen Spaß.
Früher hätte sie bei jeder Kleinigkeit geflucht, geheult, wäre zornbebend weggerannt, hätte Türen zugeschmissen oder so etwas in der Art. Aber seit sie hier auf der Insel war, hatte sie recht oft gute Laune und ließ sich auf seine Ärgerspielchen kaum ein.
Na ja, nicht immer war sie gut gelaunt, das merkte er ihr an. Manchmal, da schaute Anna sehr nachdenklich, gar trübsinnig drein. Sie war dann so bedrückt, dass er schon begann, sich Sorgen um sie zu machen. Man stelle sich vor: Er sich Sorgen um Anna machen!
Violas Gegenwart jedoch stimmte seine Schwester offensichtlich heiter, so wie ihn selbst. Er vermisste Silvi und die Sorge um seine Mutter war auch allgegenwärtig. Dennoch schaffte es Viola stets aufs Neue, ihn abzulenken und zum Lachen zu bringen.
Jens dachte darüber nach, als er sich abtrocknete, neu mit Sonnenmilch einrieb und daraufhin auf seinem Strandtuch ausstreckte. Ihm kam dabei die Anreise in den Sinn. Annas Blick auf der Fähre, ehe sie wutentbrannt auf das Autodeck gestürmt war:
… Er war ihr hinterhergeschlendert. Allerdings in großem Abstand, damit sie ihn nicht bemerkte. Ihn hatte das schlechte Gewissen gepackt, weil er mit seinen Provokationen vielleicht doch ein bisschen zu weit gegangen war. Und das, obwohl ihn seine Mutter noch vor ein paar Tagen eindringlich ins Gebet genommen hatte.
Jens rief sich ins Gedächtnis, wie er Anna auf dem Autodeck nachgegangen war, was er dabei gedacht hatte und wie ihm unterdessen Theresas Ermahnung eingefallen war:
»Jens, sie ist fast siebzehn und kein kleines Kind mehr. Außerdem hat sie ein weiches Herz, das deine ständigen Sticheleien nicht verträgt. Du tust ihr andauernd weh. Hör auf damit. Schau sie dir lieber mal genauer an. Sie ist nämlich ausgesprochen hübsch geworden.«
Ihm fiel wieder ein, wie er seine kleine Schwester ganz unerwartet mit anderen Augen gesehen hatte, so wie sie da vor ihm hergegangen war und sich dann an die Reling in die Sonne stellte:
»Hübsch? Anna ist doch nun wirklich nicht hübsch«, murrte er in sich hinein.
Aber dort auf dem Autodeck, da glänzte ihr wehendes langes Haar hell in der Sonne und sie bewegte sich irgendwie anmutig.
»Okay, schöne Haare hatte sie ja schon immer, aber sie ist doch sonst eher ein Trampel, ein bisschen rund und linkisch. Hhm.«
Doch nun wirkte sie überhaupt nicht rund, sondern eher zierlich, beinahe grazil.
Überrascht beobachtete er, wie Anna ihre Brille mit einer modernen Sonnenbrille tauschte und sich ihr Gesicht von der Sonne bescheinen ließ.
»Tja, hab sie mir wohl lange nicht mehr richtig angeguckt. Hässlich ist sie jedenfalls nicht. Selbst die große, attraktive Rothaarige da vorne sieht nicht besser als Anna aus.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf und staunte. »Das gibt’s doch gar nicht. Anna sieht tatsächlich gut aus. Zum Glück kann sie meine Gedanken nicht hören. Gott, wär das peinlich«, dachte er. »Trotzdem werde sie weiterhin ein klein wenig ärgern. Das macht einfach viel zu viel Spaß.« …
Auch jetzt schüttelte Jens ungläubig den Kopf, als all diese Erinnerungen an seine Schwester in ihm aufstiegen. Dann tat er seine Grübeleien ab, streckte sich noch einmal gemütlich auf dem Badelaken aus und nickte ein.
***
»Wir sind schon drei Tage hier«, meinte Jens, als sie mit den Leih-Fahrrädern am Haus ankamen, »und noch gar nicht ausgegangen.« Er grinste auf die ihm eigene Art. »Was denkt ihr, Mädels, sollen wir heute Abend von der Strandbar aus den Sonnenuntergang genießen und dabei ein bisschen was trinken? Ich geb auch ’ne Runde aus.«
Verschmitzt schaute er Viola und Anna an. Er dachte wohl, sein Angebot wäre unwiderstehlich, aber Anna winkte dankend ab.
Viola hingegen erwiderte lächelnd: »Warum nicht? Gibt es da auch was anderes als Biertje? Das ist nämlich nicht ganz so meins. Und die erste Runde geht auf mich.«
Sie bedachte die beiden mit dem ganz speziellen warmen Blick, der Anna schon mehrmals aufgefallen war und ihr seltsam vertraut vorkam.
»Ich mache uns jetzt erst mal eine Kleinigkeit zum Abendessen. Schließlich haben wir die ganzen Sachen ja nicht umsonst eingekauft und hierher geschleppt. Und dann fahren wir noch mal los, ja?«
Jens war sofort Feuer und Flamme. Das allein bot Anna bereits Grund genug, dagegen zu stimmen.
»Nö, ich würde eigentlich lieber …« Viola neigte den Kopf zur Seite und blickte Anna freundlich an. »Äh, ach, was soll’s. Warum eigentlich nicht?«
»Verdammt!«
***
Wider Erwarten befand Anna den Abend dann doch für richtig nett. Sie saßen auf der großen rundum verglasten Terrasse der Strandbar in bequemen Lounge-Sesseln und schauten gebannt aufs Meer.
Es war ein spektakulärer Anblick, wie die Sonne sich bedächtig senkte, alles in ein rosafarbenes Licht tauchte, dann den Horizont küsste, um damit Himmel und Meer miteinander zu verschmelzen.
Bei dem fantastischen Bild stockte Anna der Atem. Sie wünschte sich schmerzlich, Viktor könnte bei ihr sein und diesen höchst romantischen Augenblick mit ihr teilen.
Sie tranken ihr letztes Glas aus. Mineralwasser. Nur Jens hatte sich ein paar Bierchen gegönnt. Dann radelten sie gemütlich zurück, wobei der Leuchtturm sie im steten Rhythmus in seinen hellen Lichtkegel eintauchte und für einen kurzen Moment umschloss.
Dieses Licht erinnerte Anna an Viktor und seine Sonne, was eine weitere tiefe Sehnsucht nach ihm auslöste. Sie vermisste ihn so sehr und fragte sich, wo er jetzt wohl war.
Unvermittelt fiel ihr ein, ihn nicht einmal nach seiner Telefonnummer oder dergleichen gefragt zu haben. Nach irgendetwas, wodurch sie ihn hätte erreichen können. Sie hatte sich nicht nach seiner Adresse erkundigt. Wie konnte man so was eigentlich vergessen?, schalt sie sich erbost.
Schlagartig landete Annas Laune im Keller. Das Sehnen, das schmerzliche Verlangen nach Viktor nagten an ihr. Auch die Träume halfen ihr nicht darüber hinweg. Sie hatte zwar jede Nacht von ihm geträumt, aber stets nur ein wenig, viel zu kurz und schon gar nicht so, wie sie es sich gewünscht hatte. Zudem schien er währenddessen irgendwie weit weg zu sein. Wie ein Hauch,