Tarzans Sohn. Edgar Rice Burroughs
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LUNATA
Tarzans Sohn
Band 4
© 1924 Edgar Rice Burroughs
Originaltitel The Son of Tarzan
Aus dem Englischen von Tony Kellen
Umschlagbild James Allen St. John
© Lunata Berlin 2021
Inhalt
Ein Riesenaffe reist nach London
Mangani, Manus und die bunten Vögel
Dieser da ist euer neuer König
Tantor schreitet durch die Waldnacht
Abdul Kamak, der Sohn der Wüste
Ein Riesenaffe reist nach London
Ein Boot der »Marjorie W.« trieb zur Zeit der Ebbe den breiten Ugambi mit der Strömung hinab; es war der Bemannung anzusehen, daß sie sich freute, die harte Ruderarbeit der Stromaufwärtsfahrt hinter sich zu haben, und jeder machte es sich, so gut es ging, bequem. Man war ja noch etwa drei Meilen von der »Marjorie W.« entfernt, die allerdings sofort in See gehen sollte, sowie sie das lange Boot samt seinen Insassen an Bord hatte.
Als so jeder seinen Gedanken nachhing oder sich mit seinen Kameraden mehr oder weniger angeregt unterhielt, wurde plötzlich die Aufmerksamkeit aller nach dem Nordufer des Stromes gelenkt: Dort stand jemand ... War es ein Mensch? Weit ausgestreckt die dürren, abgemagerten Arme ... und dazu die bettelnden Rufe in höchsten Fisteltönen!
Was will der eigentlich? stieß einer der Matrosen hervor.
Es ist ein Weißer! brummte der Steuermann vor sich hin. Dann kommandierte er: Alle Mann an die Ruder! Wollen gerade auf ihn zu halten und sehen, was mit ihm los ist, fügte er noch hinzu.
Beim Näherkommen erkannten sie in der Gestalt deutlich das klägliche Zerrbild eines Menschen. Ein paar armselige weiße Locken deckten wirr und kraus das Haupt, der nackte Körper schien nur Haut und Knochen, und um die schmalen Lenden hing lose ein Leinenfetzen.
Tränen rannen von den eingefallenen und narbenbedeckten Wangen, als der Mann die Ankömmlinge mit fremdem, unbekanntem Gestammel anredete.
Das ist vielleicht ein Russe, meinte der Steuermann. Kannst du Englisch? rief er dem Fremdling zu.
Er verstand die Frage und radebrechte nun langsam und stockend hervor, was er wollte. Es machte den Eindruck, als seien Jahrzehnte verflossen, seit er das letztemal englisch gesprochen hatte, doch ließ sich seinen Worten soviel entnehmen, daß er unter allen Umständen aus diesem »Lande der Schrecken« fortwollte.
Als er an Bord der »Marjorie W.« war, erzählte er seinen Rettern seine ganze Leidensgeschichte, die überall mit lebhafter Anteilnahme aufgenommen wurde. Es war eine ununterbrochene Kette von Entbehrungen, Nöten und Qualen gewesen, die ihn zehn Jahre lang gefesselt hatte. Wie er überhaupt nach Afrika gekommen war, berichtete er ihnen jedoch nicht; er ließ sie bei der Meinung, daß er alles, was sein früheres Leben anging, unter der Einwirkung der schrecklichen Heimsuchungen völlig vergessen hatte, die ihn freilich geistig und körperlich zerrüttet haben mußten. Auch seinen wirklichen Namen nannte er ihnen nicht, und so kannten sie ihn nur als Michael Sabrov. Und tatsächlich war auch nichts, was beim Anblick dieses bedauernswerten Menschenwracks an die stattliche Erscheinung des Schurken Alexei Pawlowitsch von einst erinnert hätte.
Zehn Jahre waren verflossen, seit der Russe dem Schicksal, das seinen Freund, den Bösewicht Rokoff, ereilt, entgangen war. Nicht nur einmal, nein, unzählige Male hatte Pawlowitsch in diesen zehn Jahren das Schicksal verwünscht, das Nikolaus Rokoff den Tod und damit die Befreiung von allen Leiden gewährt, während es ihm die schrecklichsten Schrecken eines Lebens zumaß, das wahrlich schlimmer als der Tod war, den es ihm hartnäckig immer und immer