Im Schatten des Waldes. Barbara Kuhn
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Brigitt war einst die Kammerzofe meiner Mutter sowie ungeachtet ihres Standes, eine gute Gefährtin ihrer Herrin gewesen. Manchmal erzählte sie mir wundervolle Dinge über meine Mutter: Über ihre Großzügigkeit… die Standhaftigkeit sowie ihrer Herzensgüte. Sie hatte anscheinend wunderbares, rotbraunes, langes Haar und eine elfenbeinfarbene reine Haut.
Sie ward keinesfalls sonderlich groß, vielleicht ein Meter fünfzig. Dieses konnte ich an ihren verbleibenden Kleidern erkennen. Allerdings soll ihr Lachen atemberaubend gewesen sein. Selbst wenn ich meine Mutter niemals gekannt hatte, vermisste ich sie.
Mein Vater war so gänzlich grundverschieden als meine Mutter. Wahrscheinlich hatte er ihren Verlust niemals wahrhaftig überwunden. Auf dem Sterbebett musste er meiner Mutter ein Versprechen geben. Ihre Tochter, demzufolge ich, sollte erst am Anfang ihres siebzehnten Lebensjahrs vermählt werden. Was mich ehrlich gesagt verwunderte, da die meisten adligen Edelfräuleins bereits mit vierzehn Jahren versprochen oder vermählt wurden. Was sie tatsächlich zu diesem Wunsch bewogen hatte, blieb mir allerdings für immer ein Rätsel. Selbst Brigitt konnte mir dies keineswegs beantworten.
Wie oft erblickte ich meinen Vater gedankenverloren vor dem Gemälde meiner Mutter. In der Tat hätte er gelegentlich einen Rat von ihr benötigt, bei dem Umgang und Bestrafung seiner sechszehn Jahre alten Tochter. Mein Vater war überaus gewissenhafter und strenger Mann, dennoch hatte er ein gutes Herz. Falls er allerdings etwas beschlossen hatte, existierte lediglich dieser eine Weg, ohne Wenn und Aber. Was unter Umständen keinesfalls immer in meinem Sinne war.
Wenn er diesbezüglich augenblicklich im großen Saal auf mich wartete, konnte dies kein gutes Zeichen sein. Darüber hinaus mit der Betonung keinesfalls allein, war gänzlich überaus fragwürdig. Ich konnte nur hoffen, dass ihm niemand etwas über meine wahren Lehrmethoden berichtet hatte. Zum Beispiel: Das ich mir niedrige Burschensachen anzog oder mit Pfeil und Bogen übte. Darüber hinaus weigerte ich mich im Damensattel zu reiten. – Denn allein diese Tatsache des Entdeckens wäre für mich außerordentlich beängstigend. Nein, sogar fürchterlich gewesen!
Vorsichtig betrat ich den großen Saal und blieb unverzüglich wie angewurzelt stehen. Nein… Gott bewahre! Meine Augen weiteten sich für einen kurzen Moment, da ich diesen Mann neben meinem Vater erblickte. Nein, lasst dies bitte ein Trugbild sein. - Keinesfalls kann er dortig stehen!
Allerdings so sehr ich es auch erflehte war es die bittere Realität. Neben meinem Vater stand Sir Gundsrad von Hereford und blickte äußerst grimmig in meine Richtung. Dieser Sir Gundsrad von Hereford, ein arroganter, äußerst rücksichtsloser sowie furchterregender Mann… allerdings unterbrach mein Vater meine inneren Gedankengänge.
„Lillian! Entspricht das der Wahrheit, dass du Sir Gundsrad von Hereford mit einigen Äpfeln beworfen, sowie ihn dadurch am Kopf verletzt hast? - Worauf dieser wahrhaftig von seinem edlen Ross gestürzt ist?“ Mit mürrischem Gesicht blickte mein Vater mich an. Ich hingegen machte einen unschuldigen Gesichtsausdruck und räusperte mich verlegen.
„Möglicherweise! Äh… es… es war keinesfalls meine Absicht, Vater. Ich hatte auf einem Apfelbaum gesessen und die Leiter ward mir diesbezüglich umgestürzt. Aus eben diesem Grund haben sich einige Äpfel gelöst und sind somit aus Versehen natürlich… auf Sir Gundsrad von Hereford Kopf gefallen. Wenn ich Ihn dadurch verletzt habe… sodann tut dies mir in der Seele wahrlich leid.“ Äußerst betrübt blickte ich zu meinem Vater sowie zu Sir Gundsrad, jedoch dieser funkelte mich weiterhin böse an.
„Wohl kaum!“, fauchte er mich mit seiner Arroganz an. „Aus Versehen! Dies entspricht keinesfalls der Wahrheit! - Eurer Tochter, Sir Anthony, mangelt es an jeglichem Respekt gegenüber der Obrigkeit. Ich glaube, Sie vergisst gänzlich wo Ihr Platz sich befindet. Ansonsten würde Sie keineswegs auf Bäume klettern, wie eine gewöhnliche Bauernmagd. - Desgleichen Äpfel auf Angehörige des Adelsstandes werfen, die darüber hinaus dem Königshaus nahestehen.“
Wütend blickte ich Sir Gundsrad an. Gleichzeitig beabsichtigte ich ihm wilde Vorwürfe an den Kopf zuwerfen, jedoch kam er mir zuvor. Sichtlich äußerst aufgebracht zischte er meinen Vater an: „Ich bestehe darauf, dass Eure Tochter eine angemessene Bestrafung erhält! Anderseits könnte ich wahrhaftig in Erwägung ziehen dieses für Euch auszuführen, Sir Anthony!“ Erzürnt stellte sich mein Vater neben mich.
„Bei allem Respekt Sir Gundsrad, ich versichere Euch, dass ich wohlweislich in der Lage bin meine Tochter angemessen zu bestrafen.“ Er machte eine unnachgiebige ernste Miene, wandte sich dann zu meiner Wenigkeit und blickte mich äußerst gefasst an. Jedoch ich kannte meinen Vater besser. „Lillian, du begibst dich unverzüglich in deine Gemächer und erwartest dortig mein Urteil.“ Erstaunt schaute ich meinen Vater an. So hatte er mit mir noch niemals gesprochen.
„Wie Ihr wünscht Vater“, sagte ich zerknirscht. Machte eine Verbeugung zu ihm und wand mich zu Sir Gundsrad um ebenfalls dortig eine Verbeugung zumachen.
„Vater… Sir Gundsrad.“ Langsam drehte ich mich um und wollte den Saal mit hocherhoben Hauptes hinausschreiten, jedoch Sir Gundsrad stellte sich mir geradewegs in den Weg. Seine schwarzen Augen durchbohrten mich förmlich. Sein Blick war äußerst süffisant und herablassend, dass ich augenblicklich eine Gänsehaut bekam.
„Mylady, ich bewundere Euren wundervollen Gürtel. Gewiss ein einmaliges Familienstück? - Mit Verlaub könnte ich mir diesen eventuell anschauen? Dieser Gürtel besitzt ein außergewöhnliches sowie eher seltenes Muster.“ Er blickte mich weiterhin mit seinen furchterregenden, durchdringenden Augen an, sodass ich erst einmal den Atem anhielt. Allmählich hatte ich mich wiederum gefangen und atmete tief aus. Was Gundsrad hingegen lächelnd wahrnahm.
„Euch sprachlos zu erleben, war dieser Frage bereits wert. Nun, erlaubt Ihr mir diesen Gürtel anzuschauen oder habt Ihr darüber hinaus etwas gänzlich dagegen?“ Sein arrogantes Lächeln ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Sofort spürte ich wie sich meine Kehle aufs Neue zuschnürte und ich nach Luft rang. Mit Genugtuung nahm er dies erneut wahr, selbstgefällig grinste mich Gundsrad von Hereford an.
„Ge… gewiss. Der Gürtel gehörte meiner verstorbenen Mutter, daher bedeutet er mir äußerst viel. Er ward das Einzige, was ich von meiner werten Mutter besitze.“ Verwirrt starrte ich Sir Gundsrad an, öffnete jedoch mit zitternder Hand den Gürtel und reichte ihm diesen.
Sir Gundsrad strich mit seinen Fingern über den mit Silberfäden verzierten Gürtel und blickte mich mit diesen dunklen, besitzergreifenden Augen an. Verunsichert atmete ich laut aus, gleichzeitig versuchte ich den Blick von ihm zu lösen. Was mir allerdings keinesfalls gänzlich gelang. Sir Gundsrad besaß einen fesselnden Blick, dem ich mich schwer entziehen konnte.
„Für wahr, ein äußerst edles Stück. Würdig einer hübschen, jungen Adligen, wie Ihr es seid, Mylady.“ Abermals schaute er mich mit seinen tief durchdringenden Augen an, die durch sein schwarzes halblanges Haar noch unheimlicher wirkten.
Im selbigen Augenblick reichte er mir den Gürtel und strich mit seinem Finger über meinen Handrücken. Ich erstarrte in meiner Bewegung, erblickte sein teuflisches Grinsen und rang hörbar nach Luft. Wie konnte dieser Unmensch mich indessen so aus der Fassung bringen?
Mit zittrigen Händen legte ich den Gürtel um meine Taille und verschloss ihn. Sofortig atmete ich erleichtert aus. Mit offenem Gewand, in seiner Gegenwart, kam ich mir irgendwie überaus verletzbar vor.
„Lillian! Ich möchte, dass du dich unverzüglich in deine Gemächer begibst!“ Dies war die energische Stimme meines Vaters.