Zarin der Vampire. Blut der Sünde + Böse Spiele: Doppelband. Tatana Fedorovna

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Zarin der Vampire. Blut der Sünde + Böse Spiele: Doppelband - Tatana Fedorovna

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Immer erfährst du deren Folgen.

       O, wie köstlich schmeckt böses Blut!

       Papa, verzeih mir!

      Petrograd am 31. Dezember 1916

      Mama schien nicht mehr bei Sinnen zu sein. Sie zuckte sprachlos, als rang sie um Worte. War uns Geschwistern das Leben am Morgen trotz des andauernden Krieges noch warm, licht und wundervoll vorgekommen, drang nun die Düsternis der Vergänglichkeit unbarmherzig durch jede Ritze. Das eisige Grauen lauerte um uns herum und streckte seine scharfen Krallen aus. Die Bestie Tod war auf dem Sprung und wollte unsere Kehlen zerfetzen und unseren Lebenssaft trinken.

      Ljoschka, mein jüngerer Bruder, wirkte besonders verstört. In Russland nennt man den Thronfolger liebevoll Zarewitsch. Für uns Geschwister war er jedoch - seit er das erste Mal vom Löffelchen aß - Ljoschka. Er hatte sich angstvoll an unsere Mutter gepresst. Ihre Weinattacken wurden von heftigen Krämpfen begleitet. Sein Haar war ganz nass von ihren Tränen. Sogar auf seiner blauen Matrosenuniform, die er am liebsten trug, zeigten sich dunkle Flecken.

      Wir drei Mädchen saßen auf Hockern um unsere Mutter. Keines wagte ein Wort zu sagen – gleich Kaninchen beim Anblick des Fuchses – und warteten gebannt und voller Schrecken auf das Kommende. Eine Standuhr schlug im Nebenraum. Der tiefe Gong drang dumpf durch die geschlossene Tür und erinnerte mich an die Glocken eines Friedhofs. Meine feinen Haare auf den Armen standen zu Berge. So musste es sich anfühlen, wenn der eigene Tod tatsächlich nahte.

      Ich war verwirrt, verängstigt und ausgesprochen wütend. Da ich, Olga, mit einundzwanzig Jahren die Älteste von uns Geschwistern war, musste ich mich aber zusammennehmen. Auch ich wollte eigentlich weinen und mich so erleichtern, doch meine Rolle in der Familie forderte äußerliche Disziplin. Ich durfte kein Kind mehr sein. Der Krieg und die Staatsräson machten mich Romanowprinzessin erwachsener, als ich es vom Alter her eigentlich war. Was konnte ich nur unternehmen, um zu helfen? Wer sollte den anderen Halt geben, wo schon Mama uns alle so erschreckte? Ihr hysterischer Zusammenbruch ließ uns die Unsicherheit der gesamten Welt, die Verletzlichkeit unserer kleinen Familie erkennen. Alle Vorstellungen waren letztlich nur Konstrukte – wie Häuser, die aus Klötzen errichtet wurden. Entfernte man ein tragendes Teil, brach gleich das ganze Gebäude zusammen und verdeutlichte seine innewohnende Zerbrechlichkeit.

      „Sein Segen wird mich auf dem schmerzvollen Weg begleiten, den ich hienieden noch zu wandeln habe“, flüsterte Mama mysteriös.

      Mich fröstelte. Was war der Sinn dieser gehauchten Worte? In diesem Moment war uns noch nicht klar, dass nur zehn Wochen später eine Revolution deren verborgene Bedeutung offenlegen würde.

      Endlich vernahmen wir die lange erwarteten Schritte. Es waren seine. Wir alle wandten unsere Köpfe und sahen zu der großen, mit Intarsien verzierten Doppeltür. Nur unsere Mutter vergrub das Gesicht weiterhin im Haar von Ljoschka.

      Die großen hölzernen Flügel öffneten sich knarrend.

      Papa war extra aus dem Kriegsquartier herbeigeeilt, um uns zu trösten. Er warf uns besorgte Blicke zu, stürzte aber sofort zu Mama. Der Anblick seiner Gemahlin entsetzte ihn am meisten. Unser Vater, der Zar von Russland, rang um Fassung, versuchte dem Chaos aber einen Rest an Stärke und Normalität entgegenzustellen, genau wie ich. Er war schließlich das Rückgrat Russlands, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, der Armee, des Staates, der Romanows und unserer kleinen Familie. Ich konnte mir eine Welt ohne ihn nicht vorstellen. Er war mein Held, der unbesiegbare Ritter, das Beste was das Geschlecht der Romanows je hervor gebracht hatte.

      „Was kann ich tun?“

      Er wusste, dass jede andere Frage in diesem Moment unpassend wäre. Papa war äußerst klug und weitsichtig. Mama war mehr deutsch im Charakter und hatte seit der Begegnung mit Rasputin einen starken Hang zum Mystizismus. Das verbindet Deutsche und Russen. Die letzten Jahren hatten erwiesen, dass dieser sogar dem rationalen Handeln oftmals überlegen war.

      Ohne Mutters Glauben an den Wunderheiler Rasputin wäre Ljoschka längst gestorben. Mein geliebter Bruder litt an der in vielen Adelshäusern verbreiteten Bluterkrankheit. Als die Ärzte ihn aufgaben und die Popen die letzte Salbung empfahlen, heilte Rasputin ihn vor unseren Augen. Gegen den Widerstand von Papa, seinen Beratern, den Ärzten und sogar mir hatte Mama allein dessen Wunderkräften vertraut. Sie hatte Recht gehabt und dadurch dem Zarewitsch wiederholt das Leben gerettet. Deswegen hassten die Ärzte und auch die höfische Kurie den einfachen Wunderheiler. Er führte ihnen und allen aufgeklärten Zweiflern ihre Unfähigkeit sowie Dummheit vor Augen. Nicht Rasputin, den wir auch Vater Grigorij nannten, irrte, sondern sie. Wieso wählte Gott einen versoffenen Popen aus dem Ural, um seine Wunder zu vollbringen? Das verstand niemand, wozu auch.

      Es gab in Russland keinen Mann wie ihn. Gott hatte dem sibirischen Priester eine ganz besondere Fähigkeit geschenkt, aber leider auch ein abscheuliches Benehmen. Dieses stellte er jedoch bei Mama so weit wie möglich zurück. In ihrer Gegenwart benahm Rasputin sich besser. So wie ein Vater, der sich mit ganzem Einsatz um seine Tochter und deren Sorgen kümmert. Sie hatte das beste Bild von ihm, denn er war schließlich der Retter des Thronfolgers, ihres einzigen Sohnes. Alle anderen hatten versagt. Das hatte Rasputin Einfluss gegeben, den andere ihm neideten.

      Ganz zaghaft hob Mama ihren Kopf. Unendlich langsam kehrte ihr Blick aus einer anderen Welt in diese zurück und färbte sich sofort mit grenzenlosem Hass.

      „Töte diese widerlichen Bestien!“, brach es aus ihr heraus.

      Papa versteinerte und auch wir waren entsetzt. War das unsere warmherzige Mutter? Mama hatte nie Todesurteile akzeptiert. Manch ruchloser Bösewicht verdankte ihr eine Begnadigung. Stets war sie selbst für die Abschaffung solcher Strafen in Russland eingetreten. Nun forderte sie diese?

      Wir alle wussten, wen die Zürnende meinte. Es ging um unsere eigenen Verwandten und deren Freunde, um das sakrosankte Blut von Romanows.

      Unser Vater rang um Fassung. Er sprach niemals unbedacht. Wie ein Schriftsteller und Philosoph wählte er seine Worte genau, wog sie ab.

      „Wage nicht, diese sündigen Bestien zu verteidigen!“, schrie sie zornerfüllt.

      „Dein Lieblingsneffe Großfürst Dimitrij und sein Liebhaber Fürst Jussupow haben ihn ermordet. Sie waren es.“ Sie spuckte sogar aus. „Dr. Lasawert hatte für sie Rattengift in Rasputins Wein gemischt. Nur geschwitzt hat unser Vater Grigorij davon. So leicht bringt man einen von Gott Geliebten nicht um.“

      Für einen kurzen Moment hielt sie inne und verdrehte die Augen nach oben, so als sähe sie direkt zum heiligen Vater. „Dann hat Purischkewitsch ihn an den Hoden gefoltert und Jussupow, der widerliche schwule Bückling deines Neffen, hat ihn kaltblütig erschossen. Doch Gott ließ unseren Beschützer nicht sterben.“ Erneut drehte sie ihre geröteten Augen gen Himmel, um die Heiligkeit Rasputins zu untermalen.

      „Gerade wollte er fliehen, da kamen die Monster zurück. Dimitrij, dieser böswillige Hund, schoss abermals auf den Geschundenen und schlug ihm mit seinem Stock sogar ein Auge aus.“

      Sie machte eine ahnungsvolle Pause und sah Vater nun fest in die Augen. „Das alles geschah in Jussupows Palais durch die Hand eines Romanow! Selbst als die Bestien Vater Grigorij gefesselt und verstümmelt in die Newa warfen, versuchte er noch, sich zu befreien.“

      Niemand unterbrach sie, als sie abermals in ihrer Anklage einhielt. Jedem Wort durch Langsamkeit Gewicht verleihend, schloss sie die

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