MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND. Michael Stuhr

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MICHAEL STUHRS FANTASY-DOPPELBAND - Michael Stuhr

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es für sie mehr war!

      Langsam gewannen die grauen, engen Straßen und Gassen ihre alte Bedeutung zurück. - Kaum eine Stufe gab es in dieser Stadt, über die sie nicht schon hunderte von Malen gesprungen war. - Kaum eine Wohnhöhle, in die sie nicht wenigstens einmal neugierig hineingespäht hatte. - Hier hatte der Großvater ihr Geschichten aus seiner Scharzeit erzählt, und hier hatte sie ihren Eltern bei der Arbeit geholfen. - Hier hatte sie Lachen und Weinen, Freude und Trauer, Zorn und Versöhnung kennengelernt. - Und immer hatte Thedra sie beschützt, so wie es alle beschützte, die zwischen den Wohntürmen ihr Heimatrecht hatten.

      Teri begann, Thedra zu lieben. Hier kannte sie sich aus. - Hier gab es Gesetze, die die Menschen schützten. Hier brauchte man keine Angst vor Finderschiffen zu haben. Hier war man nicht fremden Hafenmeistern ausgesetzt, die Kindern das Geld stahlen und ihre Eltern ermordeten. Hier war das Leben einfach. Man mußte sich nur an die Gesetze halten und es würde einem gut gehen! Jetzt erst merkte Teri, wie müde sie war. - Wie erschöpft davon, sich immer wieder auf Fremdes, Unbekanntes einstellen zu müssen. Ein Wunsch breitete sich in ihr aus: Sie wollte sich am liebsten in eine dieser gemütlichen Wohnhöhlen verkriechen und nie wieder herauskommen. Wieder klein sein, Kind sein, beschützt von den steinernen Türmen der Stätte ihrer Kindheit! Teri liebte Thedra so sehr; wenn sie in diesem Moment jemand gefragt hätte, sie hätte geantwortet, dass sie für immer hierbleiben wolle. Für immer im Schutz dieser starken, freundlichen Stadt, die wie eine Großmutter liebevoll und betulich für die Ihren sorgte.

      "Bleib stehen, Fremde! - He, bleib stehen!"

      Teri fühlte sich nicht angesprochen. Gerade trieb sie in ihrer Wolke aus Wohlbehagen und Heimkehrerglück durch das Gewimmel des engen Marktplatzes, als zwei Männer der Stadtwache hinter ihr herkamen. Als sie auf den zweiten Anruf nicht reagierte, versetzte einer der beiden dem Bündel auf ihrer Schulter mit dem stumpfen Ende seiner Pike einen kleinen Stoß.

      "He, pass doch auf!" Teri wirbelte herum. Das Bündel kam ins Rutschen und fiel zu Boden. "Was soll das?"

      "Kontrolle", erwiderte der jüngere Stadtwächter gleichmütig. "Mach das Bündel auf."

      Teri wurde schlagartig klar, dass die Männer sie wegen ihres Gewandes aus Mittelwelt für eine Fremde hielten. "Ich bin Thedranerin!", gab sie mit stolz erhobenem Haupt bekannt.

      "Wie ist dein Name?"

      "Teri! Tochter der Former Ael und Erin!"

      "Zu welcher Zunft gehörst du? Wer ist dein Obmann?"

      "Ja, äh, ich bin gerade erst angekommen. Ich werde heute ..."

      "Mach jetzt dein Bündel auf!" Der Mann verlor die Geduld.

      "Aber ..." Ein kurzer, nicht sehr harter Stupser mit der Pike brachte Teri zum Schweigen. Voller Wut hockte sie sich auf das Pflaster und fetzte die Haltebänder von ihrem Gepäck.

      Die Umstehenden waren aufmerksam geworden. Jetzt umstanden sie die kleine Gruppe und schauten schwatzend zu, wie Teri ihr Bündel auseinanderrollte: "Hat die Wache wieder eine erwischt!" - "Schau mal, was die anhat!" - "Sieht fast aus, wie eine von uns!" - "Wo die wohl herkommt?" – „Ich hab sie gestern schon herumstreichen sehen! Ich hab ja gleich gesagt ...“

      Die Felldecke von Aska und Teris Schlafdecke lagen ausgebreitet auf dem Pflaster des Marktplatzes. Darauf ihre thedranischen Kinderkleider, von denen sie sich noch nicht hatte trennen wollen und ein Kamm, den ihr der Kapitän in Ago geschenkt hatte. Daneben standen ein Beutel aus grobem Tuch, gefüllt mit Trockenfleisch, Brot und Früchten, ebenfalls ein Geschenk des Kapitäns und ihr Eßgeschirr.

      Desinteressiert stocherte eine der Stadtwachen mit der Spitze seiner Waffe in den Kleidern herum. "Einpacken und mitkommen!"

      Die Kontrolle ihrer Habe war damit abgeschlossen, und Teri packte ihre Sachen unter dem Gegaffe der Menge wieder zusammen.

      "Beeil dich und komm mit!", forderte der Mann, der Teri das Bündel von der Schulter gestoßen hatte mürrisch.

      Verbissen schweigend knotete Teri ihre Felldecke auf das Bündel und stand auf.

      "Komm jetzt!" Flankiert von den zwei Männern wurde Teri wie eine Diebin abgeführt.

      Auf dem Weg zur Höhle der Wachen blieben etliche Leute stehen und schauten den beiden Stadtsoldaten nach, die Teri in ihre Mitte genommen hatten. Wieder bekam sie einige Kommentare zu hören: "Schau mal, die Fremde! Was die wohl ausgefressen hat?" – „Wo die wohl herkommt? Bestimmt nicht von hier!“ – „Schau mal, die Kleider!" - "Gut dass die Wachen aufpassen!"

      Schließlich kam die kleine Gruppe zur Höhle der Wachen.

      "Eine Fremde!" So wurde Teri dem Hauptmann der Stadtwache vorgestellt. "Behauptet Thedranerin zu sein."

      "Ich bin Thedranerin! Meine Eltern haben ihr Wohnrecht aufgegeben. Ich will ..."

      "Warum bist du nicht zur Belehrung gekommen?" Der Offizier schaute Teri mißtrauisch an.

      "Zur Belehrung?" Was sollte das denn sein?

      "Jeder Fremde, der nach Thedra kommt, muß belehrt werden. - Neues Gesetz!", erklärte der Hauptmann. "Also, dann fangen wir mal an."

      Was folgte, war eine ellenlange Aufzählung von Vorschriften und Verboten, die alle das Leben in Thedra betrafen. In schier endlosem Monolog leierte der Hauptmann solche Plattheiten wie, `Du sollst auf dem Markt nichts stehlen, niemanden verprügeln und auf der Hauptstraße nicht deine Notdurft verrichten!' herunter. Schließlich verbot er Teri ausdrücklich das Betteln im gesamten Stadtgebiet und erklärte, wenn sie sich Männern anbieten wolle, so sei das nur auf dem Hafenplatz statthaft.

      Teri hörte sich den ganzen Sermon ungeduldig an. Hoffentlich war dieser schmierige Hauptmann bald fertig! Die Tagteilung war nicht mehr weit, sie mußte zum Tor des Schwalbenhafens.

      Der Hauptmann machte eine Pause.

      "Ich habe es eilig!" Teri versuchte ihrer Stimme so viel Bestimmtheit zu verleihen wie nur möglich. "Obmann Athan erwartet mich."

      "So, Obmann Athan erwartet dich!" Der Hauptmann lachte auf. "Und danach gehst du dann zum König, nicht wahr? - Der wartet doch bestimmt auch schon."

      Teri sog scharf die Luft ein und setzte zu einer bissigen Erwiderung an, ließ es dann aber doch lieber.

      "Na, dann will ich mal nicht so sein und dich vorzeitig gehen lassen", meinte der Hauptmann mit gönnerhafter Miene. "Den König soll man nicht warten lassen. - Aber da fällt mir noch etwas ein: Ich habe heute früh auf dem Marktplatz zwei Bronzestücke verloren. Du warst doch dort. Ich könnte mir vorstellen, dass du sie gefunden hast."

      Teri begriff sofort. Sie war vielleicht in manchen Dingen naiv, aber nicht so naiv. Jetzt war das Maß voll! "Hauptmann", sagte sie in ruhigem und freundlichem Ton, "ich bin Thedranerin und war lange Zeit auf Reisen. Gleich werde ich Obmann Athan in einer äußerst wichtigen Angelegenheit aufsuchen, und ich möchte ihm nicht berichten, dass ich auf dem ganzen Kontinent besser und höflicher behandelt wurde als in meiner Heimatstadt. - Und was euer angeblich verlorenes Geld angeht, so sucht es nur selbst! Aber dann wirklich auf dem Markt und nicht in den Taschen der Gäste dieser Stadt! - Es könnte nämlich sein, dass Obmann Athan in nächster Zeit ein oder zwei Agenten aussendet, um euch zu prüfen."

      Mit diesen Worten, die es wert waren in Ton geritzt und in Bronze gegossen zu werden, stand sie auf, nahm ihr Bündel und ging

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