Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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bald ‘was gesagt», knurrte dieser aber, dem Gartentor zugehend, ohne weder Mathes noch Lobsich gute Nacht zu sagen.

       Die Übrigen wechselten noch kurzen Gruß mit ihren Bekannten dort, zündeten sich frische Zigarren an und schlenderte langsam, um den freundlichen Abend soviel als möglich zu genießen, die Straße hinab, der eigenen Heimat zu.

      * * *

Auswanderer verlassen Dorf

      Auswanderer verlassen ihr Dorf

      Drittes Kapitel

      Der Diebstahl.

       Zehn Minuten mochten sie so etwa schweigend nebeneinander hergegangen sein, als hinter ihnen auf der Straße eine Equipage17 und klappernde Hufschläge gehört wurden, die sie rasch einholten und an ihnen vorbeirauschten, eine dicke Staubwolke dabei über den Weg wälzend. Es war die Familie Dollinger mit dem neben dem Wagen hingallopierenden Fremden, dem Bräutigam der Tochter.

       «Die kommen schneller von der Stelle, als die armen Auswanderer vorhin», sagte Kellmann, als sie vorbei waren. «Wetter noch einmal, es ist doch ein anderes Ding, so ein paar flüchtige Rappen vor sich zu haben und wie im Flug durch die Welt zu jagen, als mit einem schweren Packen auf dem Rücken und wunden Füßen vielleicht mühselig die staubige Straße entlang zu keuchen.»

       «Ja, die Gaben sind ungleich verteilt in der Welt», seufzte der Aktuar, «was der eine haben m ö c h t e , h a t der andere schon, und das ist auch wohl das ganze Geheimnis der sozialen Frage; läßt sich aber nun einmal nicht ändern, und wir dürfen vielleicht den Kopf darüber schütteln und wünschen, daß es anders wäre, aber weiter eben nichts.»

       «Der auf dem Pferd war der Dingsda von Amerika», sagte der Apotheker jetzt, «der das schmähliche Geld hat und des reichen Dollinger Tochter noch dazu heiratet. Soll mir noch einmal einer sagen, daß Eisen der stärkste Magnet sei; Gold ist’s, und wo das liegt, zieht es anderes hin.»

       «Und wie steht’s mit Aktien?» lachte Kellmann.

       «Bah – bleibt immer dasselbe», brummte der Apotheker, «das Gold steckt darin und kann durch einen sehr einfachen chemischen Prozeß leicht herausgezogen werden – wenn man sie hat.»

       «Es wundert mich übrigens, daß der alte Dollinger sein Kind über das große Wasser hinüberziehen läßt», meinte der Aktuar. «Dem hätte es doch auch hier im Lande nicht an einer ebenso guten Partie gefehlt.»

       «Liebe», meinte Kellmann achselzuckend, «Liebe ist blind, sagt ein altes Sprichwort; dagegen lassen sich eben keine Gründe anbringen. Wär’s übrigens auch nicht wegen des großen Wassers, der Bursche gefällt mir außerdem nicht und ich möchte ihm meine Tochter nicht geben und wenn er bis über die Ohren in Gold stäke. Er hat ein verschlossenes, hoffärtiges Wesen, behandelt den gemeinen Mann wie einen Hund und spricht von allem, was wir hier haben, unseren Einrichtungen, unseren Gesetzen, unseren Vergnügungen selber, ja unserem Klima und Land, das doch zum Henker auch s e i n Vaterland ist, mit der größten Verachtung. Amerika, und immer wieder Amerika, hinten und vorn, ei, Blitz und Hagel, ich will gar nicht leugnen, daß es manche gute Seiten haben mag, das Amerika, wenn i c h sie auch gerade nicht einsehen kann, aber so viel besser wie unser Deutschland ist es doch auch nicht drüben, und wenn’s so einem Burschen da einmal zufällig geglückt ist, sollt’ er nicht als Lockvogel sich hier mitten zwischen uns hineinsetzen, um anderen vernünftigen Leuten unglückselige Ideen in den Kopf zu pflanzen.»

       «Wenn sich andere vernünftige Leute solche Ideen einpflanzen l a s s e n , geschieht’s ihnen ganz recht», sagte der Apotheker. «Man braucht nicht zu glauben, was jeder dahergelaufene Lump eben sagt.»

       «Nun, g a n z ohne kann’s aber auch nicht sein», meinte Kellmann kopfschüttelnd, «und ich – ich halt’ es immer für gefährlich. ‘s ist merkwürdig, wie rasch sich das mit der Hochzeit gemacht hat.»

       «Nun, wer sich die Braut gleich fix und fertig aus dem Wasser zieht, hat leicht freien», sagte der Aktuar. «Glück muß der Mensch haben, dann geht alles wie am Schnürchen; wer aber d a s nicht hat, der mag sein Lebtag fischen und fängt doch nichts – am wenigsten aber solch’ einen Goldfisch.»

       «Wo stammt er denn eigentlich her?» frug der Apotheker jetzt, wie sie wieder eine Weile schweigend nebeneinander hingegangen waren. «Man hört doch sonst eigentlich gar nichts von ihm und er kommt auch mit keinem Menschen weiter zusammen – stolzer, aufgeblasener Bursche der!»

       «Gott weiß es», sagte der Aktuar, «er ist, glaub’ ich, mit einem holländischen Schiff herübergekommen und hatte einen Paß von Amsterdam.»

       «Und der Paß lautete nach Heilingen?»

       «Nun, nicht gerade nach Heilingen, aber doch nach der Residenz, und wie sich die Sache dann hier mit der Dollinger’schen Familie gestaltete, nun, lieber Gott, da drückte der Stadtrat das eine und die Stadtverordneten drückten das andere Auge zu, und man sah nicht so genau nach den Papieren. Überdies verzehrte er ja hier viel Geld. Wär’ es ein armer Teufel gewesen, hätten wir ihn wahrscheinlich schon bald wieder über die Grenze gehabt.»

       «Hm, ja, glaub’s», sagte Kellmann, mit dem Kopf nickend; «’s ist in Heilingen eben nicht anders, wie – wie anderswo – warum auch?»

       Das Gespräch drehte sich von da ab auf die städtischen Einrichtungen, deren wärmster Verteidiger der Apotheker war, und über die sich der Aktuar natürlich nur sehr vorsichtig ausließ, während sie Kellmann umso unnachsichtiger angriff; kam dann auf die Saat und die Preise, und wieder mit einem Seitensprung auf die jetzige Politik unseres lieben deutschen Reiches, bis sie das Tor, und zwar gerade mit Sonnenuntergang erreichten, wo jeder seinen Weg ging, die eigene Heimat aufzusuchen.

       Der Aktuar Ledermann besonders, der an dem entgegengesetzten Ende der Stadt wohnte, beeilte seine Schritte, um noch vor einbrechender Dunkelheit seine Wohnung zu erreichen; das Gerücht ging nämlich in der Stadt, daß ihn seine Ehehälfte bei solchen Gelegenheiten oft sehr unfreundlich empfange und ihm einmal sogar schon einige sonst sehr nützliche, bei d e r Gelegenheit aber nichts weniger als passende häusliche Geräte entgegen- und vor die Füße geworfen habe. Tatsache war, daß ,Madame’ oder Frau Aktuar Ledermann, was auch ihres Gemahls Tätigkeit und Ansehen a u ß e r h a l b seiner eigenen vier Pfähle sein mochte, i n n e r h a l b derselben jedenfalls das Kommando, und nicht immer mit Mäßigung führte, und der Aktuar suchte den Hausfrieden wenigstens soviel als möglich zu erhalten und jeden Anlaß zu irgendeiner Störung derselben zu vermeiden.

       Mit solchen Gedanken vielleicht im Kopf, wollte Ledermann eben vom Marktplatz aus in die Straße einbiegen, an deren äußerstem Ende seine eigene, sehr bescheidene Wohnung stand, als er seinen Titel genannt und sich selber rufen hörte:

       «Herr Aktuar – Herr Aktuar Ledermann!»

       Er drehte sich rasch um und sah einen Gerichtsdiener eilig auf sich zukommen, der, die Mütze abnehmend, vor ihm stehen blieb und ihm meldete, daß er eben abgeschickt worden, ihn zu holen oder aufzusuchen, da ein Einbruch geschehen sei, über den an Ort und Stelle Protokoll aufgenommen werden solle.

       «Protokoll aufnehmen?» sagte Aktuar Ledermann, keineswegs angenehm überrascht. «Ja, was hab’ i c h denn heute damit zu tun, wo ist mein Kollege?»

       «Herr Aktuar Beller sind heute Nachmittag unwohl geworden», berichtete der Polizeidiener, «und mußten nach Hause gehen;

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