Nach(t)Klang. Jo Jansen

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Nach(t)Klang - Jo Jansen

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ich reinkommen?“, fragte Krengel.

      „Aber sicher.“ Jakob bat den Polizisten mit zitternden Händen herein. Er war unrasiert. Sein Hemd hatte Schweißflecken unter den Achseln.

      „Herr Claas“, begann Krengel. Misstrauen lag in seiner Stimme.

      „Sie haben mir heute früh nicht die Wahrheit gesagt.“

      Jakob räusperte sich.

      „Wie meinen Sie das?“

      „Ihre Nachbarin sah Sie am frühen Mittwochnachmittag nach Hause kommen.“

      Jakob schluckte, sah zu Boden.

      „Herr Claas, warum haben Sie mich angelogen? Weil es Streit gab, lautstark, wie Ihre Nachbarin behauptet?“

      Jakob schüttelte den Kopf.

      „Sie glauben doch nicht, ich hätte Pia etwas angetan?“

      „Ich glaube erst einmal gar nichts. Vor allem nicht Ihre Lüge von heute Morgen.“ Krengel hatte Mühe, seinen Zorn zu unterdrücken.

      „Was ist am Mittwoch passiert?“

      Jakob blickte dem Polizisten nun direkt in die Augen.

      „Pia hat einen anderen.“

      Jetzt war es offiziell gesagt und damit wahr.

      „Ich kam nach Hause, weil ich ein paar Unterlagen vergessen hatte. Pia hörte mich nicht kommen und so wurde ich unfreiwilliger Zeuge ihres Telefonats. Es war eindeutig, dass sie mit einem Mann sprach, mit dem sie ...“, Jakob sucht nach den passenden Worten, „... nun ja, intime Geheimnisse verbanden.“

      Krengel nickte stumm und schrieb etwas auf seinen Block, den er aus der Tasche des Jacketts gezogen hatte.

      „Wir sind seit zehn Jahren verheiratet, kinderlos. In der Bank bin ich letztes Jahr aufgestiegen, verdiene nun richtig gutes Geld. Pia und ich teilten von Anfang an den Traum vom eigenen Haus. Und ausgerechnet jetzt, wo wir dabei sind, ihn zu erfüllen, vögelt sie mit einem anderen?“

      Jakob lief unruhig im Zimmer hin und her und fügte verbittert hinzu:

      „Pia wollte mir nicht sagen, wer es ist. Ich stellte sie vor die Wahl, sich zu entscheiden. Er oder ich. Dann fuhr ich zurück ins Büro. Den Rest kennen Sie.“

      „Sie haben Ihre Frau also seit Mittwochnachmittag wirklich nicht mehr gesehen?“

      Jakob schüttelte den Kopf.

      „Okay. Klingt ganz so, als habe Ihre Frau beschlossen, nicht mehr hier zu wohnen. Irgendwann wird sie sicher ihre Sachen holen.“

      Krengel packte seinen Notizblock wieder ein. Er war sauer und zeigte dies auch offen.

      „Wenn Sie in drei Tagen noch immer nichts von ihr gehört haben, rufen Sie mich an.“

      Schnaufend begab er sich zur Tür.

       5

      Ihr eigenes Kreischen erfüllte Pias Kopf. Ein heftiger Schmerz. Aus dem Kreischen wurde ein Brüllen.

      Etwas hat mich gebissen!, heulte sie. Ihre Wut wuchs. Sie trat und stampfte, schlug mit den Händen. Stieß dabei immer wieder ans Holz. Etwas kroch über ihren Bauch, sie packte mit beiden Händen zu. Spitze Zähne schlugen sich in ihren Daumen. Pia heulte erneut auf, noch wütender.

      Ungeahnte Kräfte wurden in ihr freigesetzt. Pia drückte und drehte, was sie festhielt, ignorierte das Zappeln und auch den Schmerz, den die spitzen Zähne ihr wieder und wieder zufügten, während sie sich in ihrem Daumen verbissen. Endlich, nach mehreren knackenden Geräuschen, erstarb die Bewegung, das fellige Etwas in ihren Händen wurde schlaff. Es war vorbei. Die Ratte war tot.

      In diesem Moment war Pia beinahe dankbar für die Dunkelheit, die sie umgab und ihr den Anblick auf das tote Tier ersparte, das jetzt neben ihrem rechten Knie lag. Pia schluchzte. Ihr Daumen tat höllisch weh, sie spürte das Blut heruntertropfen. .

      Sie führte die wunde Hand zum Mund und saugte ihr eigenes Blut . Ihre ausgetrocknete Kehle schrie MEHR!, und so biss und kaute sie auf ihrem zerfetzten Daumen herum, genoss jeden einzelnen Tropfen ihres warmen Lebenssaftes wie einen Schluck köstlichen, kühlen Quellwassers.

      Ein Glücksgefühl wie nach einem hart erkämpften Sieg durchströmte sie. In diesem Moment verspürte sie einen stechenden Schmerz in der linken Wade.

      Es war noch nicht vorbei! Instinktiv schnellte Pias rechte Hand neben ihr Knie und zuckte angeekelt zurück. Der Kadaver der Ratte lag immer noch dort. Es musste eine zweite Ratte hier sein. Pia schrie, tobte, trampelte und schlug um sich. Sie kreischte, als kleine, krallenbesetzte Füße über ihre nackten Waden huschten. Spürte den langen, nackten Schwanz, der den Füßen folgte. Immer wilder strampelte sie, stieß dabei schmerzhaft mit dem Kopf gegen das Holz, konnte die Ratte aber nicht erwischen.

      „Verdammt!“ Nein, sie wollte das nicht mehr. Nicht mehr schreien, nicht mehr kämpfen. Sie wollte raus aus dieser Dunkelheit, aus dem Geruch nach Pisse und Blut. Wollte nach Hause, zu ihrer weißen Couch, den Blumen auf dem Fensterbrett, die im Licht der Abendsonne leuchteten.

      „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“ Mit jedem heftig herausgepressten Fluch stampfte Pia, so kräftig sie nur konnte, gegen das Holz zu ihren Füßen. Es war ihr egal, dass sie sich dabei die Knie aufschlug, Blut nun auch ihre Jeans tränkte. Beim dritten Verdammt spürte sie etwas Weiches unter ihren Füßen. Hatte sie das Vieh tatsächlich erwischt? Wie irre trampelte Pia nun, immer und immer wieder auf das Fellbündel, das ihre nackten Füße spüren konnten. Es bewegte sich längst nicht mehr, doch sie trat weiter und weiter … bis sie das Gefühl hatte, kein Tier, sondern einen unförmigen Lappen zu treten. Jetzt hörte sie auf, schwer atmend und zitternd vor Wut und Erregung. Ruhig, ganz ruhig, redete sie sich selbst gut zu. Doch es gelang ihr nicht, ihre Atemfrequenz herunterzufahren. Pia brauchte eine Weile, bis ihr der Grund dafür einfiel – natürlich, die Atemluft hier drinnen war verbraucht.

      Jemand hatte die Klappe geschlossen. Und die Ratten hier hereingesetzt.

       Wer hasst mich so? Wer hat die Macht, mir das anzutun?

      „Hilfe! Ich will hier raus!“

      Salzige Tränen rannen über ihre Wangen, vermischten sich mit dem Blut auf den Händen, an denen sie zwischen ihren Schreien immer wieder kaute und sog. Der Schmerz hielt sie wach, denn sie spürte Schwindel in sich aufkommen, hatte Angst, das Bewusstsein zu verlieren und in ewiger Nacht zu versinken.

      Pia schniefte.

      Ihr Schluchzen ging in ein Wimmern über. Ihr Atmen war nur noch ein Keuchen. Pia spürte, wie sie kraftloser wurde, ihr Bewusstsein schwand und ihr Hirn stattdessen tröstende Bilder vorgaukelte.

      Ein Wald, in dem die Vögel zwitscherten.

      Das Rauschen des Meeres.

      Vor allem aber Sonne. Licht.

      Es sollte nicht für immer Nacht sein.

      Pia

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