Vermächtnis der Sünder Trilogie. Angelika Merkel
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»Darf ich euch eine Frage stellen?«, erkundigte sie sich bei ihm.
»Ihr dürft mir gerne auch eine zweite Frage stellen. Nun denn fragt!«
»Ihr hattet dort draußen in der Wildnis erwähnt, dass es Geheimnisse unter den älteren Hütern gibt. Wie war das gemeint?«
Man merkte Terzios an, das ihm das Thema nicht unbedingt genehm war. Er holte tief Luft, bevor er zu reden begann.
»Die Tatsache, das Blut des Erzalten zu trinken ist solch ein Geheimnis. Aber um eure eigentliche Frage zu beantworten: ja! Es gibt wesentlich dunklere Geheimnisse. So wie jenes, welches ihr erst kurz vor eurem Kampf mit dem Erzfeind erfahren hattet. Das da hieß, das euer Leben zum Nutzen eines radikalen Sieges verkürzt wird. Oder, dass ihr unwiederbringlich vom Bösen verderbt seid und ihr euren Geliebten verlassen müsst, wenn die Zeit gekommen ist.«
Celena hielt unmittelbar in dem Raum an, welchen sie gerade durchquerten. Es wirkte aufgeräumter als vor zwei Jahren. Noch immer standen hier wurmstichige Regale, samt zerfallene Folianten herum.
Das graublaue Licht, welches durch die Riefen der Mauern kroch, bewirkten eine unausgesprochene Düsternis herauf. Sie legte sich in diesem Moment wie ein Mantel um Celena, denn Terzios hatte ihren wunden Punkt getroffen. Ihre Zähne mahlten knirschend aufeinander.
Er sah sie kurz an, bevor er weitersprach.
»Wenige unserer Brüder und Schwestern entdeckten das ganze Potenzial, welches in ihnen steckte. Doch die Ausschöpfung dieser Kraft brachte dummerweise mit sich, dass man schneller dem Bösen erliegt. Die so hochgepriesene "Rettet die Welt" Mission der Hüter ist nur ein theatralischer Nebeneffekt. Vielmehr geht es um Machtgehabe.«
Terzios lehnte sich mit grau-fahlem Gesicht an einem hölzernen Stützbalken. Er wirkte müde und die Stimme wurde eine Oktave leiser.
»Der Grund, warum wir uns in das dunkle Innere der Welt zurückziehen, wenn die Zeit gekommen ist, ist der, dass wir die eigene Boshaftigkeit in uns fürchten. Eher enden wir als Futter der "Anderen" als das wir uns noch tiefer in das Böse reißen lassen. Und doch gibt es einige, die auch dieses Potenzial voll ausnutzen.«
»Ich war der Meinung, dass die San-Hüter nicht zu einem der "Anderen" werden.«
»Nicht in ihrer Form. Ihr dürft eines nicht vergessen, wir haben das Blut des Erzgottes in uns. Sein Blut des abgrundtiefen Bösen. Nein, sie selbst sind noch gefährlicher als ein einzelner Horsock. Das Schlimme daran ist, sie wollen es nicht zugeben.«
Unwirsch schüttelte Celena ihr Haupt, sodass ihre langen schwarzen Haare durcheinanderflogen.
»Und wenn es so sein soll. Ich kann es nicht ganz nachvollziehen. Welchen Grund gibt es, dieses Potenzial erlangen zu wollen und vor allem wer würde …?«
Der Alte seufzte traurig auf.
»Ich kenne zwei. Mein Bruder Morco. Er hat einen Weg gefunden. Und der andere ist jener, zu dem wir gerade gehen wollen.«
Unruhiges Trommeln durchdrang die folgenschwere Stille. Sebylls Finger klopften auf das Holz eines Tisches.
»Ich denke, ihr könnt das später näher vertiefen. Erinnert ihr euch? Schnell? Das hat die Bedeutung, das wir uns sputen sollen.«
Terzios nickte. Sofort erwachte in dem alten Hüter neue Kraft. Er stieß sich von dem Balken ab und durchmaß den kleinen Raum mit wenigen großen Schritten bis zum Treppenaufgang. Ehe er die metallbeschlagene Tür aufstoßen konnte, hielt ihn Celena zurück. Ihr war eine für sie wichtige Frage eingefallen.
»Ihr habt vorhin meinen Geliebten erwähnt. Woher wisst ihr von ihm?«
»Haufenweise Fragen. Sie enden wohl nie.«
Überraschenderweise stellte sich Sebyll auf die Seite der jungen Hüterin. »Sie ist nicht gänzlich unberechtigt, alter Freund.«
Ein winziges Lächeln breitete sich über die Mundwinkel des Alten. Er wandte sich Celena zu.
»Schicksal ist - was man für ein Geschenk bereit ist zu geben.«
»Natürlich!« Celena zuckte verständnislos mit den Schultern.
»Was meint er damit?«, fragte sie daher Sebyll.
Die blondhaarige Frau blinzelte lächelnd.
»Alles was wir zuwege bringen, geschieht aus einem vorgegebenen Grund. Auch wenn wir darin im ersten Moment das völlige Chaos sehen, folgt es strickten Gesetzen.«
* * *
In seinen Studien vertieft, sah der uralte Magier der San-Hüter nicht auf, als Celena mit ihren neuen Begleitern den Turm betrat.
Seine hagere Gestalt, Körper und Geist nur noch von seiner Magie zusammengehalten, stand über dem hölzernen Tisch gebeugt. Die Robe befand sich in einem ähnlich jämmerlichen Zustand.
Alles in allem - ein Schatten seiner selbst.
»Das wurde auch Zeit«, schnarrte seine Stimme schrill und ungehalten herüber.
»Ich grüße euch, Adelus!« gab Terzios zur Antwort.
»Diese Stimme kenne ich doch!«
Der Greis wandte sich von seinen Studien ab und drehte sich zu seinen Besuchern um. Die Wiedersehensfreude im Ansatz erstickend, trat Celena einige Schritte auf den widernatürlichen Greis zu.
»Eure Nachricht deutet daraufhin, dass ihr etwas gefunden habt?«, fragte sie umgehend.
»Oh ja! Ganz und gar. Es ist ein Mittel um die Verworfenheit in uns einzukapseln. Mir fehlt nur eine kleine Winzigkeit. Eine einzige Ingredienz um es zu vollenden.«
Die schnarrende Stimme des Magiers überschlug sich regelrecht vor freudiger Aufregung.
»Einkapseln? Soll das heißen, es wird einen San-Hüter nicht heilen.« Celena verschränkte die Arme vor der Brust.
»Wieso sollte es das?« erstaunte sich der Greis.
Seine Arme nun ebenso verschränkt, deutete Terzios mit einem Nicken zu Adelus hin. »Genau das ist es, was ich meinte. Es geht nur um Macht und dem Erhalt desselbigen. Was als noble Idee begann, wurde in sich verderbt«, schnaubte er abwertend.
»Ich habe euch in all euren Ansichten stets unterstützt, werter Freund. Doch wir sind nun mal vergiftet. Nennt mir einen guten Grund, etwas ändern zu wollen, was nicht zu ändern ist.«
Der Ton des Greises erklang schriller, welcher sich mit der schon schnarrenden Stimme zu etwas Absonderlichen mischte.
Terzios Augen wurden zu gefährlich aussehenden Schlitzen.
»Die Wahrheit! Sie wäre Grund genug.«
»Ha«, stieß Adelus hervor. Er ergriff das am nächstliegende Buch und knallte es erregt zurück auf den Tisch. Staub wirbelte unverrichteter Dinge auf. »Wahrheit? Ist das alles?«
Celena mischte sich in das Gezänk ein.
»Die Lüge ist viel besser, nicht wahr? Sie ist wie eine weiche, warme Decke.«