Zeit ist nicht das Problem. Jens Wollmerath

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Zeit ist nicht das Problem - Jens Wollmerath

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nicht ums Faulenzen, es geht um…“

      „Verdammte Sch…“, schrie Steve und sprang vom Tisch. Er hielt sich die rechte Hand.

      „In dieser Bude ist aber auch alles vermurkst. Da liegt Strom auf dem Massekabel!“

      Karl wusste nicht, was er sagen sollte. Stattdessen rannte er zur Theke und holte seinem blassen Freund ein Glas mit Wasser.

      „Danke“, brummte Steve und setzte das Glas an die Lippen.

      „Kann ich dir vielleicht bei irgendwas helfen?“ fragte Karl.

      Steve lächelte mühsam.

      „Darfst du das denn? Ich meine, laut deinem Vertrag?“

      „Spar dir deine blöden Bemerkungen, sonst bin ich gleich wieder weg. Dann kannst du hier alleine rumpfuschen! Das Projekt beginnt erst nächsten Freitag. Da ist der erste März.“

      „Na, dann kannst du mit mir vielleicht nächste Woche die Fußleisten annageln.“

      Steve grinste und schüttelte den Kopf.

       12

       Freitag, 1. März

       Es ist so weit, heute beginnt also das Projekt. Ich weiß noch nicht so recht, wie ich mich fühlen soll. Die letzten Tage waren anstrengend, habe mir mindestens dreimal auf die Finger gehauen. Jetzt habe ich endlich Zeit für alles, was so lange liegen geblieben ist. Aber, nichts tun, was heißt das denn eigentlich? Darf ich Musik hören? Oder lesen? Das ist ja eigentlich keine Arbeit oder? Vielleicht sollte ich damit anfangen, meine Bude mal richtig aufzuräumen. Das ist dann natürlich schon Arbeit. Oh Mann, was soll ich denn die ganze Zeit machen?

      Karl lag in Jeans und Pullover auf dem Bett und starrte an die Decke seines Zimmers. Die Spinnweben in der Ecke bewegten sich sanft im Strom der aufsteigenden Heizungsluft.

       Wo sind die wohl hingekrabbelt? Sind die noch irgendwo im Zimmer, oder haben sie schon den Weg durch die Fensterritzen nach draußen gefunden?

      Seine Gedanken kreisten seit einer halben Stunde um dieses Thema. Der Kalender über dem Kopfende seines Bettes zeigte den 6. März.

       Eine Woche voller entsetzlicher Langeweile.

      Karl hatte außer seinen lebensnotwendigen Verrichtungen tatsächlich nichts getan, was auch nur entfernt an Arbeit erinnern könnte. Auf dem Fußboden in seinem Zimmer lagen Schallplattenhüllen und verschiedene Zeitschriften.

       Es ist schon seltsam, wie man sich doch tatsächlich immer genau das wünscht, was man gerade nicht hat. Während meiner Prüfungsphase hätte ich gerne mehr Zeit für meine Leidenschaften gehabt. Jetzt habe ich alle Zeit auf diesem Planeten und will sie dafür nicht mehr nutzen. Die Tage verstreichen, ohne dass ich mich daran erinnern kann, was ich erlebt habe. Ich muss was machen!

      Er setzte sich auf die Bettkante. Gähnend riss er das Kalenderblatt des heutigen Tages ab, um sich den Spruch laut vorzulesen:

      „Meiner Meinung nach ist es eine Schande, dass auf der Welt so viel gearbeitet wird. William Faulkner.“

      Achtlos ließ Karl das Blatt auf den Boden fallen und schlurfte in die Küche.

       Hier sieht es mittlerweile aus wie nach einem Angriff tollwütiger Paviane!

      Die Schränke standen offen, überall lagen Essensreste und angebrochene Lebensmittel-Packungen herum. Von einem Spülberg konnte nicht mehr die Rede sein, sein Geschirr stapelte sich eher in Form einer Müllhalde. Zielsicher fischte Karl sich aus der Obstschale auf seinem Kühlschrank den letzten Apfel, der noch nicht vollständig verfault war, ging zurück ins Zimmer und nahm das Telefon. Während er Steves Nummer wählte, kratzte er mit der anderen Hand die Bartstoppeln an seinem Kinn.

      „Hier ist der Anrufbeantworter von Steve. Bin momentan nicht zu erreichen. Die Strandbar wird am ersten April geöffnet. Kein Scherz!“

       Lange nichts mehr gehört, alter Kumpel. Was mach ich also mit dem Rest des Tages?

      Er legte wieder auf. Als er sich gerade wieder hinlegen wollte, klingelte es an seiner Wohnungstür.

       Bin nicht da. Ich erwarte keine Besuche. Audienz erst wieder in einem Jahr!

      Die Klingel wurde erneut gedrückt, diesmal etwas länger. Gleichzeitig klopfte jemand an die Tür. Mit einiger Ansrengung erhob sich Karl vom Bett und bewegte sich mit der Geschwindigkeit einer Weinbergschnecke an einem heißen Julitag in den Flur. Er sah durch die Linse seines Türspions. Im Treppenhaus stand seine Schwester, die den Knopf seiner Klingel gedrückt hielt. Karl öffnete die Tür.

      „Willst du mit deinem Finger ein Loch in die Wand bohren?“

      Susanne ließ den Knopf los.

      „Hallo Bruderherz, wie siehst du denn aus? Hast du unter ’ner Brücke geschlafen?“

      Sie wartete nicht, bis Karl sie hereinbat, sondern schlüpfte an ihm vorbei in seine Wohnung. Karl schloss die Tür und gähnte.

      „Mein Gott, was ist denn hier passiert?“

      Seine Schwester war in der Küchentür stehen geblieben.

      „Mensch Karl, wenn du hier drinnen was isst, liegst du bald auf meiner Station!“

      „Ja, hatte viel zu tun“, brummte Karl, „bin nicht so richtig zum Aufräumen gekommen.“

      Er blickte seine Schwester etwas hilflos an.

      „Ich wollt mal sehen, was du so machst. Papa hat erzählt, dass du für ein Institut in Hastelberg eine Forschungsarbeit schreibst.“

      „Halsterberg! Na ja, so was Ähnliches wie 'ne Arbeit.“

      „Was meinst du?“

      „Das ist so ein Projekt am Philosophikum und ich muss das dokumentieren.“

      „Superantwort. Da weiß ich ja genau, was du machst! Egal! Hör zu, Brüderchen. Ich habe zwar eigentlich meinen freien Nachmittag, aber ich bin ausnahmsweise bereit, dir bei der Beseitigung dieses Gesundheitsrisikos hier zu helfen.“

      Karl zuckte ein bisschen zusammen.

       Ich darf nicht arbeiten, Schwesterchen. Keinen Handschlag!

      „Ich weiß nicht“, stammelte er, „vielleicht ist das heute nicht so günstig.“

      „Wann denn dann?“ erwiderte Susanne, die bereits ihren Anorak ausgezogen hatte und sich die Ärmel ihres leicht verfilzten Pullovers hochkrempelte.

      Ohne auf Karls Reaktion zu warten kramte sie im Schrank unter der Spüle und fischte eine Rolle mit Mülltüten hervor.

      „Na also!“

      In

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