Für Anna. Brigitte Krächan

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Für Anna - Brigitte Krächan

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Geschichten. Ich bin altmodisch, ich schreibe nicht gerne am Computer. Beim Bearbeiten der Manuskripte sitze ich lange genug vor dem Bildschirm. Ich würde handgeschriebene Geschichten vorziehen, da war ich mir ziemlich sicher.

      Wäre dies eine erfundene Geschichte, würde ich nun erzählen, dass ich dieses Notizbuch irgendwo in einen seltsamen Laden mit einem seltsamen Besitzer in einer dunklen Ecke gefunden und gekauft habe. Aber meine Geschichte ist nicht erfunden, und ich habe das Notizbuch, als eines von vielen in einem ganz gewöhnlichen Schreibwarengeschäft gekauft. Nichts besonderes, ein einfaches schwarz eingebundenes Buch mit einem chinesischen Schriftzeichen auf der Vorderseite. Es war am unauffälligsten und nicht so teuer, deshalb habe ich es gekauft. Noch nicht einmal das Schriftzeichen hatte etwas Geheimnisvolles. Auf der Innenseite des Buchdeckels war seine Bedeutung erklärt, in Englisch stand da: Simplicity.

      Und auf der ersten Seite beschrieb ich meine schwarze Höllenkatze.

      Und mir war schon klar: sie würde bald der Hauptdarsteller einer Horrorgeschichte werden.

      „Was schreibst du da in dein schwarzes Buch? “

      Anna stand bettfertig im Schlafanzug in der Tür meines Arbeitszimmers.

      „Nichts Besonderes. Ich beschreibe eine Katze, die ich vor ein paar Tagen an der Balkontür gesehen habe. Vielleicht wird ja einmal eine Geschichte daraus.“

      „Liest du mir das vor, was du da von der Katze geschrieben hast? Jetzt gleich? Als Gute-Nacht-Geschichte?“

      „Wenn du willst. Aber es ist noch keine Geschichte, nur ein paar Sätze.“

      „Macht nichts. Ich mag immer gerne von Katzen hören.“

       4

       „Wieso bist du denn schon auf?“

       „Ich weiß nicht, ich hatte plötzlich ausgeschlafen. Schade, dass du eben nicht in der Küche warst, es hat nämlich geklappt.“

      Anna kam im Schlafanzug zu mir ins Arbeitszimmer.

      „Was hat geklappt?“

      „Das mit dem Wünschen hat geklappt. Aber jetzt ist sie weg.“

      „Wer ist weg?“

      „Na die Katze. Die, von der du mir gestern Abend vorgelesen hast. Ich habe mir gewünscht, dass sie heute Morgen an der Balkontür sitzen sollte und es hat geklappt. Es war genau die gleiche Katze, riesengroß mit grünen Augen. Und ein zerfetztes Ohr hatte sie gehabt. Ich habe es mir gewünscht und sie war da. Es klappt. Manchmal können wir bestimmen.“

      „Aber ich hatte dir doch erzählt, dass sie schon einmal da gewesen war, und ich sie gefüttert hatte. Vielleicht ist sie zufällig heute Morgen wieder gekommen. Bist du ganz sicher, dass sie ein zerfetztes Ohr hatte?“

      „Ich habe es ganz deutlich gesehen. Sie hat ganz lange ganz still da gesessen. Einen langen Riss hatte sie im Ohr. Aber dann ist sie weggelaufen.“

      „Na schön, wenn sie wieder kommt, geben wir ihr etwas zum Fressen. Lass uns jetzt erst einmal frühstücken.“

      Warum auch nicht. So unwahrscheinlich war es eigentlich nicht, dass diese Katze ein zweites Mal an unserer Balkontür auftauchte, zumal ich sie beim ersten Mal gefüttert hatte. Aber das zerfetzte Ohr hatte nichts mit der ursprünglichen Katze zu tun, das hatte ich beim Schreiben hinzuerfunden. Eine blödsinnige Idee übrigens viel zu klischeehaft, um sie in einer guten Geschichte zu verwenden. Aber wieso sagte Anna jetzt, die Katze an der Balkontür hätte einen Riss im Ohr gehabt ? Andererseits: Fünfjährige unterscheiden nicht immer zwischen Realität und Phantasie. Die schwarze Katze war da und weil es die schwarze Katze war, von der ich vorgelesen hatte, musste auch das zerfetzte Ohr da sein.

      „Liest du mir heute Abend wieder etwas aus dem schwarzen Buch vor? Hast du eine Geschichte über die Katze geschrieben?“

      „Ich bin dabei. Aber ich glaube nicht, dass es eine Geschichte werden wird, die man Kindern vor dem Einschlafen vorlesen sollte.“

      „Schade- – Aber du lässt die Katze nicht sterben! Das musst du mir versprechen!“

      „Versprochen.“

      „Lies mir etwas anderes aus dem Buch vor.“

      „Da steht noch nicht so besonders viel drin. Nur noch eine erfundene ziemlich langweilige Beschreibung von einem seltsamen Mann in einem seltsamen Haus in dem nur in einem Fenster Licht brennt.“

      „ Lies schon! “

      Und ich las Anna die Geschichte vor. Schon nach ein paar Minuten hatte sie genug.

      „Das ist echt langweilig. Ein Haus mit so vielen Zimmern gibt es gar nicht. Und dass der Mann gar nichts macht außer immer nur Türen auf, ist doch blöd. Ich kann mir gar nichts vorstellen, wenn ich diese Geschichte höre. Nur die Beschreibung von dem Haus und wie der Mann dir die Tür geöffnet hat, das war schön. Aber den Rest musst du anders schreiben!“

      „Ich habe dir doch gesagt, dass du diese Geschichte nicht verstehst. Eigentlich gibt es dieses Haus gar nicht. Das Haus ist eigentlich kein Haus sondern ist ein Bild für die Gedanken des Mannes ...“

      „Und warum schreibst du dann, es sei ein Haus? Dann schreib doch Gedanken, wenn du Gedanken meinst.“

      Anna hatte offensichtlich keinen Sinn für Metaphern.

      Dabei fand ich diese Erzählung wirklich gelungen. Auch die Geschichte von der Katze hatte ich mittlerweile fertig geschrieben. Sie hatte sich ganz von selbst zu einer Horrorgeschichte entwickelt und ich war ziemlich sicher, Anna musste auf diese Geschichte als „Gute-Nacht-Geschichte“ verzichten. Aber die Katze überlebte, wie versprochen.

      „Ich habe die schwarze Katze wieder gesehen. Gestern, als ich mit Tanja im Buchladen war. Sie hat oben auf einem Regal gesessen. Dürfen Katzen eigentlich in Buchläden?“

      Hatte ich Anna den Abschnitt mit dem Buchladen aus meiner Horrorgeschichte doch noch vorgelesen? Ich war mir nicht sicher.

      „Wieso warst du mit Tanja unterwegs? Ich habe dir doch verboten, mit ihr in die Stadt zu gehen!“

      „Aber wir waren doch nicht lange fort. Und Tanja hat gesagt, sie kennt den Weg. Wir mussten nur in den Bus einsteigen und schon waren wir dort. Wir mussten gar nicht lange gehen. Da konnten wir uns gar nicht verlaufen. Und Tanja hat gesagt, in dem Laden würden sie die neuen Sammelbildchen verkaufen, die müsste sie unbedingt haben, die würden sie in der Arbeit immer tauschen. Und sie hat auch gut auf mich aufgepasst. Und mich immer an die Hand genommen, wenn wir über die Straße gegangen sind. Du bist Tanja doch jetzt nicht böse?“

      Nein, ich war Tanja nicht böse. Aber ich habe Anna nochmals eingeschärft, nicht alleine mit Tanja das Haus zu verlassen.

      Man konnte Tanja gar nicht böse sein. Sie war herzensgut, immer freundlich und die beste Freundin, die sich Anna eigentlich wünschen konnte. Tanja wohnte in der kleinen Wohnung über uns und arbeitete in einer Behindertenwerkstätte in der Stadt. Jeden Morgen wurde sie vom Bus vor der Haustür abgeholt und am Nachmittag wieder zurück gebracht. Einmal in der Woche kam eine Betreuerin vorbei, um ihr beim Wocheneinkauf

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