Für Anna. Brigitte Krächan

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Für Anna - Brigitte Krächan

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      Immer, solange er zurückdenken konnte, hatte es Streit um den Heiligen Abend gegeben. Und immer wurde schließlich das getan, was der Alte wollte: Messe, Abendessen, Bescherung. Es blieb nicht bei den zwei Flaschen Wein und dann gab es wieder Streit, weil sie ihm nie alles recht machen konnten.

      Aber dieses Jahr würde er den Heiligen Abend anders verbringen. Noch nicht

      einmal Weihnachtsgeschenke hatte er gekauft.

      Die Mutter brachte ihm eine Tasse schwarzen Kaffee zum Tisch.

      „Dein weißes Hemd und die gute Hose hab‘ ich gebügelt. Saubere Wäsche liegt auch schon oben.“

      „Ich werd‘ mich nicht umziehen.“

      Der Junge stand auf. Mit der Katze auf dem Arm ging er ins Wohnzimmer, streckte sich lang auf dem Sofa

      aus und stellte das Fernsehen an. Er gab sich Mühe, die Tanne in der Zimmerecke nicht zu bemerken. Die

      Mutter brachte ihm den Kaffee nach.

      Unschlüssig blieb sie neben dem Sofa stehen.

      „Du willst dich nicht umziehen?“ fragte sie schließlich.

      „Nein. Ich bin nicht da heute Abend. Ich geh‘ zu einem Kumpel. Wir machen eine Gegenveranstaltung. Alles Leute, denen Weihnachten aufn Geist geht.“

      Lustlos spielte er mit der Fernbedienung.

      „Nicht mal ordentliche Filme bringen die zu Weihnachten. Lauter rührseligen Mist.“

      Er schielte zur Mutter hinüber.

      Sie war zur Tanne gegangen und hatte begonnen, Lamettafäden über die Äste zu hängen.

      Sie muss heute Morgen schon früh aufgestanden sein, um die Schachteln mit den Kugeln vom Dachboden zu holen, überlegte er.

      Die schwarzen Kleider sehen schrecklich aus, die machen sie so dünn. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass die Mutter eine alte Frau war. Alt und krank sah sie aus. Sie ist noch nicht einmal fünfzig, dachte er. Und warum muss sie wegen dem die grässlichen Kleider anziehen!

      Missmutig wandte er sich ab, wieder dem Fernsehprogramm zu.

      Die Katze weckte ihn auf.

      Der Junge ließ sie hinaus und ging dann zum Bad. Dort sah er die Mutter vor den Spiegel stehen. Sie hatte sich zur Christmette umgezogen. Ihr

      Gesicht war wie immer: alt, grau, ohne Make up. Sie kämmte sich die Haare. Dann suchte sie in ihrer Handtasche und hielt

      schließlich ein kleines Fläschchen in der Hand. Sorgsam drehte sie es auf, wollte einige Tropfen des Parfüms auf die Innenseite ihres Handgelenkes geben. Sie wartete lange auf einen einzigen Tropfen, doch das Fläschchen war leer.

      Der Junge sah das Gesicht der Mutter, als sie das Fläschchen wieder verschloss und zurück in die Handtasche tat. Als sie dann das Bad verließ, saß er schon wieder vor dem Fernsehen. Die Mutter nahm ihren Mantel vom Kleiderhaken und kam noch einmal ins Wohnzimmer:

      “ Ich geh‘ dann jetzt. Eva wird bald kommen.“

      Sie war gegangen. Zur Mette. Alleine.

      Sie hatte kein Wort zu seinem Vorhaben am Abend gesagt.

      Das war das Parfüm vom Alten, dachte der Junge.

      Jedes Jahr hatte er ihr das gleiche Parfüm geschenkt. Das ganze Jahr über nichts. Nichts zum Geburtstag,

      nichts zum Muttertag. Aber das Parfüm zu Weihnachten, so ein winziges Fläschchen, total vornehm verpackt. Das Parfüm hatte er nie vergessen. Sie hat’s immer ganz sparsam benutzt. Und es hatte gerade so gereicht bis zum nächsten Weihnachten.

      Der Junge sah auf die Uhr. Fünf Uhr. In einer Stunde würden die Geschäfte schließen. In zwei Stunden würde die Mutter zurück sein. Wenn er sich beeilte,

      würde er es gerade noch schaffen.

      Schnell zog er seine Jeansjacke über, steckte den Haustürschlüssel ein und machte sich auf den Weg.

      Vierzig Euro hatte er noch, seinen Beitrag zur Party am Abend. Es machte sich bemerkbar, dass er jeden Abend mit seinen Freunden in der Kneipe saß, und was verdiente man schon als Maler-lehrling im zweiten Jahr?

      Es war kurz vor sechs, als er endlich in der Kosmetikabteilung des Kaufhauses stand. Und es vergingen nochmals einige Minuten, bis er das richtige Parfüm gefunden hatte. Er wollte es gerade aus dem Regal nehmen, als er das Preisschild sah.

      „Verdammt“, fluchte er leise.

      „Hätt‘ nie gedacht, dass der Alte so spendabel war. Dann lassen wir’s eben. War sowieso ne blöde Idee.“

       Unschlüssig stand er vor dem Regal.

      Dann fiel ihm das Gesicht der Mutter ein, wie sie im Bad gestanden hatte.

       Und dann tat er etwas, was er schon öfter getan hatte, allerdings noch nie in der Kosmetikabteilung:

      Er öffnete seine Jacke, sah sich kurz um und schob dann schnell und geschickt die Packung unter seinen Pullover.

      Zwei Minuten später war er draußen und auf dem Weg nach Hause.

      Er wurde nicht erwischt. Sie hatten ihn hier noch nie erwischt.

      Wenn er sich beeilte, überlegte er, könnte er duschen und sich umziehen bevor die Mutter kam. Vielleicht würde er dann später, nach der Bescherung noch zu seinen Kumpels gehen - mal sehen.

      Vor der Haustür wartete die Katze. Gemeinsam betraten sie das Haus.

      Die Mutter kam eine viertel Stunde später nach Hause. Sie hörte den Jungen unter der Dusche.

      Er pfiff ein Weihnachtslied.

      6

      „Du hast gemogelt.“ Anna sah mich vorwurfsvoll an.

      „Wobei habe ich gemogelt?“

      „Na, bei der komischen Geschichte mit dem Haus, das gar kein Haus ist.“

      „Ich habe nicht gemogelt. Du hast nur die Geschichte nicht verstanden.“

      „Doch, du hast gemogelt. Du hast gesagt, das Haus gibt es gar nicht. Das Haus sind die Gedanken des Mannes oder so.“

      „Ja,

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