Dorissima!. Doris Brugger
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In all diesen Nächten wurde auch viel angestellt. Ich war ein absoluter Spätzünder. Hatte bis zum siebzehnten Lebensjahr weder Brüste oder Waden, noch einen Po oder Hüften. Meine Periode bekam ich erst im achtzehnten Lebensjahr. Ich war verzweifelt. Wenigstens war ich hübsch, beliebt und hatte gerade, lange Beine und schönes, blondes, langes Haar.
Im Internat bekam ich auch von dem schönsten und am weitesten entwickelten Mädchen meinen ersten Zungenkuss! Ich habe mich sofort in sie verliebt. Gott sei Dank wollte sie danach nichts mehr von mir wissen, da ich ein Strich in der Landschaft war. Das war übrigens meine einzige intime Begegnung mit einem weiblichen Wesen.
Jungs hatten mich schon eher interessiert. Dann endlich mit achtzehn Jahren im Weihnachtsurlaub in der Heimat ist es passiert. Ein älterer Junge, Jörg Schmidt, der Schwarm aller Mädchen und etwa 28 Jahre alt, entjungferte mich. An Silvester. Im Auto. Zwar nicht sehr romantisch, aber ich war froh, es endlich hinter mich gebracht zu haben. Jörg Schmidt, eine Trophäe!
Wieder zurück im Internat, habe ich ihn auch gleich betrogen. Ein Junge aus sehr gutem Hause machte mir den Hof. Die Eltern hatten ein kleines Privatflugzeug, und er hatte gerade seinen Flugschein gemacht. Es war wunderbar, zum ersten Mal die große weite Welt zu schnuppern. Er lud mich ein, mit ihm in das Kleinwalsertal zu fliegen – zum five o’clock tea. Mann, war das ein Ding. Adrenalin pur!
Am nächsten Tag machte er einen Flug ganz allein und stürzte ab. Er war auf der Stelle tot. Hölle. Ich stürzte in ein tiefes Loch. Der Tod! Warum? Schicksal? Warum nicht am Tag zuvor? Tausend Fragen waren offen. Die Nächte wurden noch länger mit Diskussionen und Deutungen.
– 3 –
STAATSEXAMEN
Als kleiner Krebs – geboren am 25. Juni – bin ich wieder für einige Wochen in mir abgetaucht, habe sinniert und hinterfragt. Etwas, was mich mein ganzes Leben lang begleitet hat. Wenn ich zu sehr nach außen gegangen war, musste ich mich immer für eine gewisse Phase zurückziehen, um wieder in meine Mitte zu kommen.
Ein paar Monate später, kurz vor meinem neunzehnten Geburtstag, machte ich dann an der Staatsoper in München bei Ballettdirektor Heinz Rosen mein Staatsexamen als Bühnentänzerin.
Schon mit neun, als ich auf dem Wege nach Berchtesgaden mit dem Zug durch München fuhr, war mir klar, dass München einmal meine Heimat werden würde. In Berchtesgaden musste ich mich einer dreimonatigen Kur unterziehen, da meine Bronchien angeschlagen waren. In diesem Kurheim hatte ich die ersten Berührungen mit dem Übersinnlichen. Des Nachts, klopfte es immer an der gleichen Stelle in der Wand zwischen den beiden Schlafsälen. Alle Kinder fingen vor Angst jämmerlich an zu weinen. Ich fand das eher spannend. Nachdem man dem Phänomen nachforschte, wurde die Wand abgerissen, und der Spuk war vorbei. Man sprach davon, dass vor langer Zeit eine Frau an dieser Stelle eingemauert wurde und ihre Seele nicht heimkehren konnte ob dieser Verletzung. Offiziell wurde darüber aber keine Erklärung abgegeben. Für mich lag das auf der Hand.
Natürlich hätte ich am liebsten sofort an der Münchner Staatsoper als Tänzerin anfangen wollen. Aber leider gab es keine Vakanz zu diesem Zeitpunkt und man gab mir den Rat, ein Jahr später wieder vorzutanzen.
Guter Rat ist teuer. Meine liebe Freundin und Kollegin Ursula Horn, die mit mir im Internat war und zur gleichen Zeit die Prüfung in München ablegte, wollte das Gleiche. Sie schlug mir vor, erst einmal gemeinsam ein möbliertes Zimmer in Schwabing zu nehmen und in München zu bleiben. Gesagt, getan! Wir fanden ein schönes, großes Zimmer in der Elisabethstraße in Schwabing, und eine Entdeckungsreise durch München begann.
Morgens ging es zum Prinzregententheater in welchem die Tanzakademie – ein Teil der Staatsoper – beherbergt war. Zwei Stunden klassisches Training. Auch die Tänzer der Staatsoper waren oft da und man lernte sich kennen. Konstanze Vernont, Heinz Bosl, Margot Werner, Elvira. Mit Heinz Bosl verstand ich mich sofort am besten. Wir waren einander verbunden, waren Seelenverwandte. Vielleicht spürte ich damals schon, dass er nicht alt werden würde.
Nun war da nur noch eine Frage offen: Wo kommt bloß das Geld her? Ein Tipp unter Kollegen: Probiert es doch mal beim Bavaria-Fernsehballett!
– 4 –
FERNSEHBALLETT
Drei Wochen später durften wir im Ballettsaal der Bavaria vortanzen. Die Fernsehshow-Choreographen Kurt Jacob, William Milliè und Irene Mann waren begeistert. Neben unserer Tanzkunst waren wir obendrein hübsch und 173 Zentimeter groß, was bei Tänzerinnen nicht die Norm war. Also bekamen wir einen Jahresvertrag als Bavaria-Fernsehtänzerin, mit einem monatlichen Gehalt von 650 Mark. Der Wahnsinn!
Wir tanzten und spielten in den größten Fernsehshows rauf und runter und wurden mit all den Stars auf Du und Du. Ende November ergab es sich, dass wir die letzte Show der wilden und durchgeknallten Marika Röck drehten. Die Story der Sendung: Marika mimte eine Musikproduzentin, und wir Tänzerinnen waren ihre Angestellten. Wir sollten große Plastikherzen mit farbigen Daunenquasten kreisförmig putzen und dabei einen Schlager trällern. Ich kam mir so albern vor, dass ich meine Quaste dem Regisseur zu Füßen legte und meinte, nicht so lange klassisches Ballett studiert zu haben, um bei Marika die Plastikherzen zu putzen. Die Aufregung war groß. Ich wurde angehalten, in der Garderobe abzuwarten, bis klar war, wie man mit mir verfahren würde.
Bis der Produzent an die Tür klopfte, verging eine Stunde. Er drückte mir die Kündigung in die Hand. Als ich damit nicht einverstanden war, schlug er vor, mich nach dem bevorstehenden Wochenende an den Justitiar der Studios zu wenden – was ich nach drei Tagen auch tat. Dieser Justitiar, Dr. Dr. Gustav Brugger, war von meiner Chuzpe eher beeindruckt und amüsiert. Nach einem längeren Gespräch stellte er mich wieder ein, wollte aber das Weihnachtsgeld von 29 Mark streichen – als Strafe sozusagen. Nach Protesten meinerseits lud er mich zum Ausgleich am darauffolgenden Sonntag zum Mittagsessen ein. Es war eine schöne Begegnung. Sein Wissen und seine Weisheit hatten mich sehr beeindruckt. Gutes Aussehen war mir wichtig, aber wichtiger noch, war mir der Intellekt eines Mannes. Beeindruckend war mir auch schnelles witziges Denken. Wir hatten auch viel Spaß bei diesem Treffen und wollten uns wiedersehen. Als ich Weihnachten zu meiner Mutter fuhr, erzählte ich ihr, den Mann meines Lebens gefunden zu haben.
Gustav hatte eine Wohnung gleich bei mir um die Ecke in der Nordendstraße. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, gingen ins Theater, in die Oper, in Museen, oder aßen nur gemeinsam zu Abend. Er war ein Kunstkenner, und ich liebte all dieses. Ich war zum ersten Mal angekommen und richtig verliebt. Mir war damals noch nicht klar, dass ich meinen Vater in ihm suchte.
– 5 –
HEIRAT
Ein halbes Jahr später machte er mir einen Heiratsantrag, und am 21. August 1965 heirateten wir in Lindau, seiner Heimatstadt. Es war seine zweite Ehe. In erster war er mit einer Schauspielerin verheiratet, und aus dieser Ehe gab es eine Tochter, Ursula. Die Hochzeit war eher spartanisch, nur standesamtlich, da es ja seine zweite Ehe war und auch war er katholisch.
Mein