Animus oder Die Seele eines Stärkeren. Nik Morgen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Animus oder Die Seele eines Stärkeren - Nik Morgen страница 7
VERENA: Normal? Normal ist meine Ehe nicht. Ich habe nichts dagegen, dass du meinen Mann lieb hast. Vor allem nicht, wenn ich sehe, dass du ihm auch etwas bedeutest.
IVO: Sie sind zu freundlich um ehrlich zu sein. Zeigen Sie mir bitte die Fotos. Ich möchte eine Erinnerung an ihn haben.
VERENA: Ich zeige sie dir, wenn du das nächste Mal kommst.
IVO: Ich komme nicht mehr. Ich werde tot sein.
VERENA: Du machst mir Angst. Das wäre für meinen Mann sehr schlimm.
IVO: Ach, er wird erleichtert sein. Es befreit ihn von einem Skandal.
VERENA: Bist du wirklich so unvernünftig wie du sprichst? Ich hoffe, du hast irgendwo ein Gefühl für Verantwortung. Oder bist du so egoistisch, dass du nur an dich selber denkst?
IVO: Wie soll ich damit leben, was ich Ihnen anvertraut habe? Sie können sich nicht in mich einfühlen.
VERENA: Natürlich kann ich das. Aber du bewertest alles viel zu schwer. Was du gesagt hast, ist im Grunde ganz normal. Es wäre Wahnsinn, deswegen dein Leben wegzuschmeissen, jetzt wo du einen so wunderbaren Freund gefunden hast.
IVO: Was glauben Sie wird er dazu sagen, wenn Sie es ihm erzählen?
VERENA: Er wird nichts sagen. Er wird nur hoffen, dass du wiederkommst, damit er dir zeigen kann, dass für ihn alles in Ordnung ist.
IVO: Ich kann es nicht glauben. Mich ekelt die Vorstellung, dass jemand mich mag, geschweige denn jemand wie er. Ich liebe ihn. Ich will ihn nicht verlieren. Es macht mich traurig, dass er krank ist. Schauen Sie, da hängt ein Bild von ihm. Er sieht so stark und glücklich aus. Wenn ich so wäre wie er, dann könnte ich auch leben. Ich nehme dieses Bild mit.
VERENA: Aber du kommst wieder.
IVO: Ja.
VERENA: Versprochen?
IVO: Ja. Ich bringe mich nicht um. Ich möchte ihn wiedersehen. Das verspreche ich. (Er geht zur Tür und rennt hinaus. Die Türe lässt er offenstehen.)
aries
ich war ein verwahrloster Stallknecht
die Arbeit war mir zu schwer
ich war ständig erschöpft
und ich starb seelisch in manch einer Ecke der Pferdebox
nun sollte ich ein junges Pferd bereiten
und das Pferd hatte unheimliche Kraft
es freute sich, Sprünge zu lernen und Gangarten zu wechseln
und seine Lebhaftigkeit griff auf mich über
ich erwachte allmählich in seinem Sattel
gemeinsam feierten wir täglich Erfolge
es wurde das beste Pferd und ich der beste Reiter
ich weinte, als es verkauft wurde
und kompensierte die Trauer mit Sport
ich wurde Bodenturner und meine beste Kür war die am Pferd
ich hatte einen Trainer, der mich an mein Pferd erinnerte
er war auch klein und gedrungen und hatte unheimlich Kraft
er konnte schwere Gewichte herumtragen
und mit seinen Massagen gab er mir die Kraft weiter
er war von einer Gutmütigkeit sondergleichen
wie ein Vater sorgte er für mich und mehr
gemeinsam feierten auch wir Erfolge
bis zu dem Tag, als uns ein Unfall auseinander riss
es war Sabotage: jemand nahm den Bolzen aus dem Bein des Pferdes
für den Bocksprung
das Pferd brach auf einer Seite ein und ich fiel ins Genick
im Spital gab es einen Pfleger
der genauso verwahrlost war wie ich damals im Stall
doch im Training mit mir wurde er gesund
er wurde Musiker und engagierte sich mit seiner Band
für Entwicklungshilfe
bevor er starb, schrieb er ein tribute dieses tribute ist dieses Lied
Arme
EINER: (Zu sich.) Wie diese kräftigen Arme zittern!
ARME: Ich hätte dich der Dame mit dem Kinderwagen helfen lassen sollen. Es rächt sich immer, wenn ich nicht zu meinen schwachen Armen stehe.
EINER: Schwach?
ARME: Ja. Ich hatte einen Unfall in der Manege. Seit da bin ich Teilinvalid.
EINER: Das klingt unglaublich, wenn man diese Arme sieht.
AMRE: Aber man weiss es, wenn man sie spürt.
EINER: In einer Zeitschrift der Krankenkasse war eine medizinische Muster-Beilage: Blue-X, ein Gel gegen Muskelschmerz.
ARME: Das könnte mir Linderung bringen.
EINER: Ich massiere sie dir. Diese Arme verkörpern ein Paradox. Sie sehen überlegen aus und fühlen sich sanft an. Es scheint ihr Sinn liegt darin, berührt zu werden oder zu selber zu umarmen. – Leg mir sie einmal um die Schulter, dann bewege ich sie passiv durch wie beim Tanz.
ARME: Ja, auf lebendigem Grund nehm ich sie wahr wie früher. Ich habe den Eindruck, ich könnte wieder Bäume ausreissen. Oder ein Kind in Armen halten.
EINER: Lass das Kind lieber deine Arme tragen. Dann geht deine Kraft auf es über. Nimmst du den Arm schon weg?
ARME: Ich lasse sie dir da.
ERZÄHLER: Er schüttelt seine Arme locker über seine Schultern, ohne dass er seine eigenen verliert. Dann streckt er sie ihm hin.
EINER: Das sind zwei gesellige Stücke. Aber ich habe kein Recht...
ARME: Behalte sie.
ERZÄHLER: Beide heben den Arm zum Abschied. Er ruft ihm nach.
EINER: Mit deinen Armen gründ ich eine Heilsarmee.
attached
ALEX: Also. Wo war ich... Komm, lassen wir’s!
DOM: No! Come on. You mustn’t be so sensitive.