Ygrit. Nicolas Koop

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Ygrit - Nicolas Koop

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erschienen die Jäger. Sie schwangen ihre Speere und wollten auf Beowulf eindringen. Doch da waren Skeld und die anderen Krieger heran. Mit erhobenen Äxten stellten sie sich gegen die Angreifer, worauf diese ihre Pferde zum Stehen brachten.

      »Wer seid ihr?«, fragte der, der ihr Anführer zu sein schien.

      »Ihr habt Hunde des Königs getötet und einer Verbrecherin geholfen. Legt eure Waffen nieder und folgt uns nach Heorot. Ihr habt euch vor unserem König Hrothgar zu verantworten.«

      Beowulf legte eine Hand auf Skelds Schulter, um ihn zur Ruhe zu ermahnen. Dann trat er schief lächelnd einen Schritt vor.

      »Ich bin Beowulf, Sohn der Gauten. Ein Bote eures Königs kam in meine Heimat. Eure Halle Heorot und eure Heimat, das Land der Dänen, wird heimgesucht von Ungeheuern aus Jötunheimr. Hrothgar und meinen Vater verbindet eine lange Freundschaft. Deswegen bin ich sogleich mit meinen Kriegern aufgebrochen, als ich von eurer Not hörte. Nach Heorot begleiten wir euch gerne. Denn dies ist auch unser Weg. Ob dieses Weib dort«, er zeigte auf die Frau, die noch immer am Boden lag, »eine Verbrecherin ist, werde ich dort erfahren. Doch unsere Waffen werden wir euch nicht geben. Wir sind nicht eure Gefangenen, sondern eure Gäste.«

      »Und?«, fragte der Jäger, »werdet ihr euch dem Urteilsspruch des Königs unterwerfen?«

      »Das werden wir. Ich schwöre es bei meinem Namen«, antwortete Beowulf.

      »Dann glaube ich dir, Gautensohn. Ihr sollt eure Waffen behalten. Und auch um das Weib sollt ihr euch kümmern dürfen. Doch wir werden euch umzingeln und euch bewachen.«

      »So sollt ihr es dann tun«, erwiderte Beowulf gelassen.

      »Wir haben nichts dagegen.«

      ~~~002~~~

      Bevor sie gen Heorot aufbrachen, war Beowulf zu seinem Schiff zurückgekehrt. Er hatte Wiglaf befohlen, sie zu begleiten, und den Befehl über das Schiff hatte er dem Steuermann übergeben. Es war Beowulf wichtig, beide Freunde an seiner Seite zu haben.

      Dann hatten sie notdürftig einen Wagen gezimmert, auf den sie die verletzte Frau legten. Beowulf breitete seinen Mantel über der Frau aus als Decke und dann machten sie sich auf den Weg.

      Als sie eine Weile gegangen waren -die Küste war nicht mehr in Sicht-, bestand Beowulf auf einer Pause, denn er wollte nach der Wunde am Bein der Frau sehen. Den Jägern war es nicht recht. Doch als Wiglaf lächelte und mit den Fingern über die Schneide seiner Axt fuhr, erklärten sie sich dazu bereit. Beowulf kniete sich neben den Karren und nahm die zarte Hand der Frau in die seine.

      »Herr«, mit Mühe hob sie ihren Kopf, »du hast mich gerettet.«

      »Nur eine Selbstverständlichkeit«, Beowulf sah sie ernst an.

      »Geht es dir denn besser?«

      »Die Wunde am Bein schmerzt mich sehr. Wer hat sie verbunden?«

      »Das war ich«, erwiderte Beowulf.

      »Leider hatte ich keine Heilkräuter dabei. So wirst du wohl eine Entzündung bekommen.«

      »Das ist in Ordnung. In meiner Hütte könnte ich mich selbst versorgen. Doch hier geht es wohl nicht. Du wirst mich Hrothgar ausliefern. Und dieser wird … .«

      »Nichts wird der König der Dänen dir tun«, versprach Beowulf.

      »Du stehst unter meinem Schutz. Niemand wird dir auch nur ein Haar krümmen. Ich bitte dich, mir deinen Namen zu sagen.«

      »Mein Name ist nicht unbekannt in diesem Land«, erwiderte die Frau.

      »Ich heiße Ygrit. Und wie heißt du, stolzer Krieger?«

      »Mein Name ist Beowulf.«

      »Beowulf, der Bienenwolf«, lächelte Ygrit.

      »Du kommst nicht aus diesem Land, oder?«

      »Mein Vater war ein Freund und Waffengefährte von Hrothgar. Ich bin ein Sohn der Gauten und gekommen in dieses Land, um den Dänen beizustehen gegen die Riesen aus Jötunheimr.«

      »Jötunheimr«, hauchte Ygrit.

      »Wir haben viel zu reden, stolzer Krieger.«

      »Ja, das haben wir. Doch nicht hier. Erst wollen wir sehen, was in Heorot passiert. Doch noch einmal wiederhole ich mein Versprechen. Egal was geschieht und wenn ich mein Leben wagen müsste, dir wird nichts geschehen, Ygrit.«

      »Du bist edel, Bienenwolf. Ich glaube dir, was du sagst«, antwortete Ygrit müde.

      Dann sank ihr Kopf nach hinten und sie fiel in einen unruhigen Schlaf.

      Die Krieger setzten sich wieder in Marsch und Skeld gesellte sich zu Beowulf.

      »Beowulf, mein Prinz, ist dies klug?«

      »Klug, Skeld?«

      »Sich um dieses Weib zu kümmern! Sich vielleicht die Feindschaft Hrothgars zuzuzie- hen!«

      »Mein alter Freund, fürchtest du dich vor einem Waffengang?«

      »Nein, ich fürchte mich nicht. Doch es ist ein Unterschied zwischen Mut und Wagemut. Vor seinem Tod versprach ich deinem Vater, dass ich auf dich aufpassen werde, Beowulf. Ich habe vor, dieses Versprechen zu halten, mein Prinz.«

      »Dann halte es, Skeld. Stehe mir bei, was auch immer kommen wird. Willst du das tun?«

      »Immer, mein Prinz.«

      So schritten sie still weiter. Beowulf, Wiglaf, Skeld und elf weitere Krieger, umringt von beinahe dreißig Jägern. Zwei Krieger Beowulfs zogen den Karren, auf dem Ygrit lag, die noch immer schlief. Ab und an stöhnte sie auf. Jedes Mal, wenn dies geschah, war es Beowulf so, als wenn er einen Dolchstoß in sein Herz bekam. Er versuchte, diese Empfindung zu verdrängen, doch es wollte ihm nicht wirklich gelingen. So war er dann froh, als der große Holzwall von Heorot erschien. Die Jäger umschlossen sie noch enger, als sie die Stadt betreten hatten. Sie wurden die große Hauptstraße entlang geführt, an den Holzhütten vorbei, bis sie vor der großen Holzhalle, der Ehrenhalle Hrothgars, stehen blieben. Dann öffnete sich die große Flügeltür und ein Mann erschien. Neben ihm ging seine Frau. Beide, der Mann und die Frau, waren nicht mehr jung, aber großgewachsen und schlank. Das lange Haupthaar des Mannes war bereits grau, auch das Haar seines Schnurrbartes. Gekleidet war er in lederne Hosen und ein weißes Hemd aus reinem Leinen. Darüber trug er einen edel bestickten Mantel. Die Frau hatte langes blondes Haar und war mit einem einfachen dunkelblauen Kleid bekleidet.

      »Heil, König Hrothgar und Königin Wealhtheow!«, rief der Anführer der Jäger, der nun von seinem Pferd gestiegen war. Er verbeugte sich tief vor seinem König und dessen Frau.

      »Hier bringe ich Eindringlinge, die die Grenzen unseres Reiches ohne Erlaubnis betreten haben. Und sie haben der Verbrecherin geholfen, die wir in deinem Auftrag jagen und stellen sollten, mein König.«

      »Sigurd, du redest Unsinn«, donnerte der König.

      Dann ließ er seine Frau stehen, trat auf Beowulf zu und umarmte diesen wie einen Sohn.

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