Der außergewöhnliche Angestellte. Orison Swett Marden

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Der außergewöhnliche Angestellte - Orison Swett Marden

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verlassen kann, wer jeden Morgen ein bisschen zu spät kommt oder die Zeit im Geschäft für seine persönlichen Zwecke nutzt – der wird es gewiss nicht weit bringen.

      In jedem großen Geschäft sind einige Angestellte mit guten Aussichten auf Beförderung. Wenn es irgendwo Arbeit gibt, ist diese bei ihnen schon halb erledigt, während die andern ihr sorgfältig aus dem Weg gehen. Sie messen ihre Arbeitszeit nicht ängstlich nach der Uhr oder ihre Verpflichtung nach der Höhe ihres Gehalts, sie schreien nicht gleich über Unbilligkeit, wenn es nicht für jede Mehrarbeit sofort besondere Bezahlung gibt.

      Die Bereitwilligkeit, überall und jederzeit zuzugreifen und zu helfen, findet bei den meisten Vorgesetzten gewiss die richtige Schätzung. Es schadet deshalb nichts, wenn du auch ein bisschen später zum Essen oder zum Vergnügen kommst; wenn du deinem Vorgesetzten einen Gefallen tust, so wird er dir’s gewiss nicht vergessen. Denn er schätzt es natürlich nicht besonders, wenn er jedesmal bitten muss, so oft es sich um etwas Außerordentliches handelt. Wer vorwärts kommen will, tut deshalb gut, wenn er jede Gelegenheit ergreift, um sich hilfreich zu erweisen, denn dadurch gewinnt er das Vertrauen des Vorgesetzten und kommt ihm näher.

      Du kannst dich in kein besseres Licht bei deinem Vorgesetzten setzen, als wenn du seinen Wünschen zuvorkommst und ihm zeigst, dass du ihm gerne helfen willst, die Last des Geschäftes zu tragen und sie ihm etwas leichter zu machen. Denke für ihn, wenn du kannst, und mache Pläne für ihn; er wird es schon schätzen und sich gern auf dich verlassen, und so machst du dich ihm allmählich unentbehrlich. Schon dass er sieht, du fühlst dich verantwortlich, du gibst dir Mühe, seinen Gewinn zu bedenken und zu vergrößern, schon das bindet dich an ihn und er wird manchen Mangel an dir übersehen, wenn er merkt, dass du an seinem Wohlergehen Anteil nimmst und dich wirklich bemühst, ihm zu helfen, wenn er überhaupt fühlt, dass du dich als mit dem Geschäft zusammengehörig empfindest.

      Es ist ganz merkwürdig, wie wenig junge Leute, die in der Welt vorwärts kommen wollen, imstande sind, selbständig zu handeln. Die wenigsten sind geborene Führer; die meisten sind zu nichts gut, als geführt zu werden. Dies ist eine der Hauptursachen, warum so viele junge Leute nicht vorwärts kommen. Wer an der Spitze eines Unternehmens steht, der will Leute um sich haben, die, wenn Not am Mann ist, nicht den Kopf verlieren, sondern denen etwas Gescheites einfällt, das sie dann auch selbständig ausführen können.

      Niemand lernt etwas Rechtes, wenn er bloß herumsteht und wartet, bis man ihm etwas aufträgt, und dies dann ausführt. Den von einem verfehlten Leben genesenden Faust mahnen die Stimmen der Geister:

      „Säume nicht, dich zu erdreisten,

      wenn die Menge zaudernd schweift,

      Alles kann der Edle leisten,

      der versteht und rasch ergreift!“

      Viele Arbeitgeber gäben gerne alles hin, wenn sie einen fänden, der selbständig für sie einträte und handelte, ohne zu fragen und um Anweisung zu bitten. Nicht Folger, sondern Führer werden gesucht, junge Leute, die im gegebenen Augenblick schnell und richtig zu handeln verstehen. Aber überall stehen in den großen Geschäften die jungen Leute herum, die Hände in der Tasche und unfähig, sich selber etwas auszudenken oder etwas zu tun, das ihnen nicht befohlen ist.

      Alle die Männer, die etwas Großes in der Welt geleistet haben, waren stramme Arbeiter, zumal in der Zeit, in der sie um ihre erste Lebensstellung kämpften. Wo das Genie umkehrt, wo das Talent sagt „Umsonst“, wo alle Fähigkeiten versagen, wo alles nichts mehr hilft, da tritt trotzige Ausdauer und zähe Willenskraft ein und leistet das Unmögliche.

      Wie oft erhalte ich Briefe von Angestellten, in denen sie mir klagen, sie seien seit Jahren in der selben Stellung ohne Gehaltsaufbesserung und ohne Aussicht darauf. Aber fast immer ist irgendetwas bei ihnen nicht in Ordnung. Sie haben keinen Unternehmungsgeist, oder keinen Blick für Geschäfte, oder sie arbeiten stumpfsinnig vor sich hin, oder sie kennen ihr Geschäft nur ganz oberflächlich – und deshalb sind sie eben nicht solche Leute, wie sie ein Unternehmer für höhere Stellungen brauchen kann.

      Wissen ist Macht; das gilt überall, am meisten aber gilt es auf dem besonderen Gebiet, wo einer tätig ist. Ich kenne junge Leute, die seit vielen Jahren in einem Teil eines Betriebes tätig sind, ohne aufzurücken; aber wenn man näher zusieht, so merkt man, dass sie auf die andern Betriebe desselben Geschäftes noch nie einen Blick geworfen und sich um das Ganze überhaupt noch nie gekümmert haben. Jeder ist bloß ein toter Zapfen an einem einzigen Rad, arbeitet wie ein Automat so und so viel Stunden des Tages und ist zufrieden, wenn der Tag vorbei ist.

      Aber ein solcher Mangel an Interesse fürs Geschäft, solche Gleichgültigkeit, die von nichts außerhalb der eigenen engen Betriebstätigkeit wissen will, das macht natürlich jedes Aufsteigen unmöglich. Was würde aus dem Geschäft, wenn der Arbeitgeber ebenso stumpfsinnig wäre wie diese automatenhaften Angestellten? Der Grundsatz, nach dem das Aufsteigen, das Wachstum, der Fortschritt vor sich gehen, ist der gleiche beim Angestellten wie beim Arbeitgeber. Ein Geschäft gedeiht, wenn es in unternehmenden und fortschrittlichem Geist und mit den neuesten und besten Mitteln betrieben wird; also muss auch der Angestellte, der aufrücken will, dieselben Bedingungen erfüllen.

      Willst du mehr sein als ein Durchschnittsarbeiter, so musst du mehr als Durchschnittsarbeit leisten. Willst du in der Geschäftswelt eine hervorragende Rolle spielen, ein Offizier in leitender Stellung sein und nicht immer bloß ein Soldat in Reih und Glied bleiben, dann musst du dich eben dranhalten, wo es Arbeit gibt.

      Wenn du deinen Vorgesetzten beneidest, weil er eine so unabhängige und unbeschränkte Stellung und so viel Geld hat, so suche doch einmal herauszubekommen, wie er es seinerzeit gemacht hat, vom Angestellten zum Vorgesetzten aufzusteigen. Wahrscheinlich wirst du die Entdeckung machen, dass er manches Jahr zwölf bis achtzehn Stunden täglich für geringes Gehalt gearbeitet und jedes Gramm von Energie, das er besaß, in sein Geschäft gesteckt hat!

      Man muss sich wundern, wie groß die Zahl der jungen Leute ist, die heute noch versuchen wollen, eine gute Stellung mit recht wenig Arbeit zu bekommen. Es ist doch gar nicht möglich, dass so viel Menschen immer der eine vom andern leben können, ohne dass jeder wirkliche Werte erzeugt. Aber wohin wir blicken, überall sehen wir junge Leute, die eine angenehme Stelle suchen, wo sie für möglichst wenig Arbeit möglichst viel Gehalt einstreichen.

      Aber selbst angenommen, dass du so etwas bekommen könntest – es würde dir selber nicht gut bekommen. Es kann unmöglich gut für deine Entwicklung sein, wenn du alle deine Anlagen aufs bloße Geldmachen verwendest und die Jagd nach dem Dollar zu deiner Lebensaufgabe machst. Es sollte mehr in dir sein, als dass du so leben kannst, und es ist etwas in dir, das bei einem solchen Leben sich nicht begnügt und das dir widerspricht, wenn du dein wahres Wesen so billig verkaufst. Wenn du nicht dein Bestes leistest und dir alle Mühe gibst, das Beste, was in dir lebendig ist, zu entwickeln, dann verlierst du die Achtung vor dir selber.

      Es macht furchtbar eng und klein, wenn man so versucht, möglichst viel Lohn für möglichst geringe Leistung zu erhalten. Der Geist wird eng, sein Wachstum und seine Entwicklung stocken. Wer durchs Leben kommen will, ohne zu kämpfen und ohne seinen Teil an der allgemeinen Last zu tragen, der wird schlecht.

      Das Erste, was ein Angestellter einsehen muss, der vorwärts kommen will, das ist die Tatsache, dass er all seine Arbeit fürs Geschäft zugleich für sich selbst tut. Alles, was er mit ganzem Sinn und Herzen tut, alles, was er wirklich fertig macht, das dient zugleich zu seiner eigenen Entwicklung und macht ihn größer, stärker und leistungsfähiger. Wer entschlossen ist, seinen Anteil an der Arbeit der Welt gut und gern zu leisten, wer nur dadurch vorwärts und in die Höhe kommen will, der ist überm Durchschnitt, der ist, wie er sein soll.

      So ist der Angestellte, wie er sein soll und wie man ihn heute überall, in jeder Stadt, sucht

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