Hearts Collide. Celine Ziegler
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Kapitel 1
"Und du bist dir auch sicher, dass du alles hast?", fragt mein Dad mich nun zum zigsten Mal.
"Ja, Dad. Ich hab sicher alles. Du bist ja nervöser als ich", lache ich.
Heute ist der Tag, auf den ich schon so lange gewartet habe. Ich ziehe auf die ZOS in London. Es ist Wahnsinn, wenn man bedenkt, wie lange ich auf diesen Tag gewartet habe. Auch wenn mir der Abschied von meinem Vater und meiner besten Freundin wirklich nahe geht, erfüllt sich heute mein Lebenstraum. Es ist die größte und beste Veränderung in meinem Leben und ich bin mir sicher, dass ich hier meinen Erfolgen näher kommen werde. Ich bin froh, endlich von meinem kalten Heimatdorf Aldbury verschwinden zu können. Und das, was ich schon von London gesehen habe, ist mehr als eine Faszination. Es ist schöner, als ich es mir je hätte vorstellen können.
"Es ist nur ... Du ..." Dad sieht so aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. Sein Kopf wird knallrot.
Ich weiß, dass es ihm schwer fällt, so viel Emotion zu zeigen. Sein Testosteronspiegel würde dann jedes Mal um einiges sinken, behauptet er immer, deshalb umarme ich ihn einfach so fest wie ich kann.
Jetzt scheint er sich dennoch nicht mehr beherrschen zu können, denn er schluchzt laut los mit dem Kopf in meiner Halsbeuge.
"Hach, Dad. Wein doch nicht, in einem Monat komm ich wieder zu Besuch", versuche ich ihn zu trösten und klopfe ihm sachte auf den Rücken. "Und außerdem willst du doch hier nicht vor allen eine Szene machen oder? Was die bloß denken, wenn hier ein heulender erwachsener Mann steht?"
Er lässt von mir ab und wischt sich unauffällig mit der Hand über die Wange, damit man seine kleine Träne nicht sehen kann.
Er wird mir so fehlen.
Schmunzelnd gehe ich auf meine beste Freundin zu, die genau neben ihm steht. Ihr Kopf ist ebenfalls schon gerötet und sie scheint die Luft anzuhalten. "Du wirst jetzt aber nicht auch weinen, oder? Noch eine nasse Schulter vertrage ich, glaube ich, nicht mehr." Ich versuche die Situation ein wenig von Unannehmlichkeiten zu befreien, doch Scarlett war schon immer nah am Wasser gebaut, deshalb denke ich, dass sie gleich explodieren wird.
"Komm her", schluchzt sie schließlich und zieht mich fest in ihre Arme. "Versprich mir, dass du mich mindestens drei Mal die Woche anrufst und mir von jedem kleinsten Detail berichtest." Sie lässt mich wieder los und hebt bestimmend ihren Finger. "Und du erzählst mir sofort, wenn du jemanden kennengelernt hast!"
Scar ist immer noch fest davon überzeugt, dass ich gerade hier auf diesem College die Liebe meines Lebens kennenlernen werde. Wir sind uns da allerdings nicht ganz einig, denn ich glaube eher weniger daran.
Ich verdrehe die Augen. "Wohl kaum, aber ja, werde ich tun, Mutti."
"Gut! Und jetzt schwinde in die Welt der Nerds!"
Sie meint wohl eher in die Welt der Träume und Literatur. Denn das ist, was es ist. Ein Traum, ein wahrer Traum. Kaum zu glauben, dass ich endlich hier bin. Wie viele Nächte ich damit verbracht habe, von diesem Tag heute zu fantasieren.
Nach langem Suchen habe ich endlich mein Zimmer gefunden, Zimmer 102. Ich kann immer noch nicht ganz fassen, dass ich endlich hier bin. Sogar die Gänge in den Wohnhäusern sehen cool aus. Ich schließe mit dem Schlüssel, den mir eine Betreuerin gegeben hat, die Tür auf und halte es kaum aus vor Vorfreude. Mit zwei riesigen Koffern im Schlepptau versuche ich, mich durch den viel zu engen Türrahmen zu quetschen und bin froh, dass ich nicht stolpere, als ich endlich im Zimmer stehe. Erleichtert seufze ich und sehe mich im Zimmer um.
Mir bleibt die Luft weg.
Die Wände sind bis auf den kleinsten Millimeter voll mit Postern von Boybands. Von den Beatles bis One Direction ist alles dabei. Ich schnappe entsetzt nach Luft. Bin ich in der Hölle gelandet? Oder doch im Folterraum eines Jungencolleges? Die Blase vom Traumzimmer auf meinem Traumcollege ist kurz vorm Platzen.
"Oh, hallo, ich sehe, du bist angekommen", höre ich eine Stimme hinter mir und ich drehe mich erschrocken um.
Ein Mädchen - ungefähr in meinem Alter - sitzt an einem der zwei Schreibtische im Zimmer und lächelt mich freundlich an. Ihre blonden Haare sind so extrem toupiert, dass sie nur noch wie ein reines Vogelnest aussehen. Ich kann sogar schon beobachten, wie neidisch manche Vögel von draußen zu ihr hineinstarren. Trägt sie etwa ein braunes Bettlaken um ihren Körper?
Ich bekomme kein Wort heraus. Mein Entsetzen ist einfach noch zu groß. Meine Kinnlade schleift mittlerweile schon am Boden und scheint da ein Mittagsschläfchen zu halten.
Das äußerst seltsame Mädchen steht auf und kommt langsam auf mich zu. Sie sieht mich abschätzend von oben bis unten an. "Mein Name ist Margaery und ich heiße dich herzlichst Willkommen in unserem gemeinsamen bescheidenen Zimmer." Sie macht gerade ernsthaft einen Knicks vor mir.
Und Moment mal … Margaery? Ist das nicht ein Charakter aus Games of Thrones? Ich traue fast meinen Augen und Ohren nicht. Das kann nur ein schlechter Scherz sein.
"Ehm, ich bin Ravely", krächze ich und halte Ausschau nach versteckten Kameras. Hier sollten besser welche sein.
Margae... wie auch immer, setzt sich auf ihr Bett, das Bettwäsche von Take That trägt und grinst mich breit an. "Ravely. Was ein schöner Name. Wusstest du, dass Rave Rabe bedeutet?"
"Ja, habe ich schon oft gehört." Ich kann meinen Blick nicht von ihrem Gewand lenken. Sie sieht aus wie eine Mischung aus Mönch und Neandertaler, ich kann aber nicht entscheiden, in welche Richtung sie eher tendiert.
"Das Gewand scheint deine Aufmerksamkeit geweckt zu haben. Gefällt es dir? Ich kann dir auch eines nähen, wenn du verlangst." Das Grinsen, das ihre Lippen ziert, ist so breit, dass es mehr als unheimlich wirkt.
"Nein!", platzt es aus mir heraus. Zu laut. "Ich meine, nein, danke. Ich bleibe bei meinen Alltagsklamotten, aber danke, ähm ... für das Angebot."
Sie nickt, immer noch lächelnd.
Ich setze mich auf das Bett ihr gegenüber und betrachte das Zimmer noch einmal, blinzle mehrmals, um auch wirklich auf Nummer Sicher zu gehen, dass das gerade real ist. Wenn diese Poster von hormonellen Boygroups nicht verschwinden, werden sie mich mit Sicherheit bis in meine Träume verfolgen. "Du scheinst also auf Boybands zu stehen, huh?" Ich versuche mein Entsetzen nicht ganz zur Geltung zur bringen, denke aber, dass es mir nicht gerade gut gelingt.
"Ja, Boybands sind für mich alles. Meine Religion, meine Fantasien, meine Welt … Mein Leben.“
"Hm-hm." Sie ist verrückt.
"Gefallen dir die Poster nicht?"
"Doch, doch, klar." Ich glaube meinen eigenen Worten nicht. "Es sind nur ... so viele, weißt du? Ich hab gar keinen Platz meine eigenen Poster aufzuhängen." Dass ich keine Poster habe, die ich aufhängen könnte, behalte ich für mich. Hauptsache, diese abstrakten Dinger kommen von den Wänden.
"O, ich entschuldige mich. Ich werde meinen Fehler bereinigen." Sie steht auf und fängt an das Riesenposter von der Tür abzuhängen.
Ich nutze die Zeit und räume meine Klamotten in den Schrank. Ich hoffe insgeheim,