Hearts Collide. Celine Ziegler
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Ein lautes Stöhnen kommt von den Schülern. Außer natürlich von mir, ich freue mich total darüber, dass so etwas bewertet wird.
Die erste Stunde wurden uns weitere Informationen über das bevorstehende Schuljahr gesagt und ich freue mich jetzt schon wie eine Schneekönigin, endlich damit beginnen zu können. Genau so habe ich mir das College vorgestellt. Nachdem ich den Hörsaal verlassen habe, krame ich meinen Plan vom Campus aus meiner Tasche und versuche den Weg zum Physikkurs zu finden. Ich drehe die Karte ständig herum, um endlich zu kapieren, welcher Weg eigentlich welcher ist. Ich verzweifle jedoch. Mein Orientierungssinn war noch nie besonders ausgeprägt.
"Du hältst die Karte falschherum", höre ich eine bekannte Stimme hinter mehr.
Na, toll. Der hat mir gerade noch gefehlt. Mister Ich-Ziehe-Alle-Aufmerksamkeit-Auf-Mich grinst mich schelmisch an.
Erst jetzt fällt mir auf, wie viel größer er ist als ich. Na ja, das ist wahrscheinlich jeder. Ich, mit meinen einmeterfünfundfünzig überrage kaum jemanden, der nicht gerade zehn Jahre jünger ist als ich. Seine Haare sind gelockt und nach oben gestylt und mit seinen stechend grünen Augen erinnert er mich an den Protagonist meines Lieblingsbuches. Nur, dass dieser Protagonist ein hoffnungsloser Romantiker ist, was ich ihm hier vor mir bestimmt nicht zutrauen kann.
"Oh, danke", sage ich einfach lässig und drehe mich von ihm weg. Ich steure irgendeine Richtung an. Ob es die falsche oder richtige Richtung ist, ist irrelevant, denn ich will erst einmal von ihm weg. Mein Plan scheint jedoch kläglich zu scheitern, denn ich höre schon seine Schritte hinter mir.
Er taucht neben mir auf, nimmt mir die Karte aus der Hand und sieht darauf. "Welchen Kurs hast du denn jetzt?"
Ich beherrsche mich, freundlich zu bleiben und ihm nicht sofort wieder die Karte aus der Hand zu reisen. "Physik."
"O, hab ich jetzt auch. Begleite mich doch einfach." Er lächelt freundlich und hält mir wieder die Karte hin.
Nein, ich will dich nicht begleiten.
Ich seufze und nehme ihm die Karte ab. "Von mir aus."
"Bist du neu hier?", unterbricht er die eigentlich bisher angenehme Stille zwischen uns, während wir zu den Physikräumen laufen.
"Ja."
"Gefällt es dir bisher?"
"Kann ich noch nicht beurteilen." Er fängt an mir tierisch auf den Keks zu gehen.
"O, ach so. Ich denke, es wird dir hier gefallen. Die Möglichkeiten der - "
Ich bleibe stehen und unterbreche ihn. Das will ich mir echt nicht anhören. "Hör mal, ich will einfach nur in den Kurs gehen, mehr nicht. Wenn du also mit jemandem Konversation betreiben möchtest, bin ich definitiv die Falsche dafür."
Er tritt einen Schritt zurück und hebt die Hände vor seinen Körper. "Wow, wow, ganz ruhig, Catwoman. Ich wollte nur freundlich sein. Aber wie du meinst, dann finde halt alleine den Weg zum Kurs, denn ich hab´ eigentlich einen anderen Kurs, am anderen Ende des Campus. Aber meine durch und durch freundliche Seele hat mir befohlen mich um die hilflosen Neulinge zu kümmern. Hast du dir jetzt vermiest." Und er zieht ab.
Verärgert sehe ich ihm nach und schnaube. Mist.
Mist. Mist. Mist. Ich will auf gar keinen Fall zu spät zum Kurs kommen an meinem ersten Tag. Aber ich will jetzt auch nicht einknicken und ihn nach Hilfe fragen. Nach wenigen Momenten des Konflikts in meinem Kopf sehe ich Aby und gehe zu ihr.
"Aby, kannst du mich bitte, bitte zum Physikkurs bringen? Ich kann diese doofe Karte nicht lesen und dieser noch doofere Bender hat einfach einen Abgang gemacht." Ich komme mir so hilflos auf dieser Schule vor.
"Ja, klar, kein Problem, ich hab jetzt eh eine Freistunde." Sie verabschiedet sich von ihrer Gruppe an Menschen, bei denen sie eben noch stand.
"Danke, du bist mein Held." Ich stöhne erleichtert und packe meine Karte vom Campus in meinen Rucksack.
"Nicht doch. Aber was sagtest du? Bender?"
"Ja, Bender. Er wollte mich eigentlich zum Physikkurs bringen, aber dann hab ich ihn, anscheinend zu unfreundlich für seine 'durch und durch freundliche Seele', angepampt und dann ist er gegangen. Echt ein Idiot. Dann ist er auch noch zu spät zu unserem Kurs gekommen. Was ist das denn für einer?"
"Ravely, glaub mir, so doof ist Aiden - also Bender - nicht. Er war letztes Jahr der einzige, der sein Buch veröffentlichen konnte. Er hat sogar mehrere Preise dafür bekommen."
Ich hebe meine Brauen und kann meinen Neid nicht verstecken. Bender ist tatsächlich der Letzte von dem ich erwartet hätte, dass er ein Buch veröffentlich hat, womit er sogar Auszeichnungen gewonnen hat.
"Außerdem ist er heiß", zwinkert Aby.
Ich verschlucke mich an meiner Spucke. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Werde ich auch nicht. Aussehen macht keine Leute, sondern Leistungen. "Heiß sein bereinigt den ersten Eindruck auch nicht mehr. Und der ist mehr als schlecht ausgefallen“, blaffe ich deshalb.
"Warum genau magst du ihn jetzt nochmal nicht?" Sie lacht.
Ich muss selbst überlegen. Eigentlich hat er ja nichts Schlimmes getan, außer den Unterricht gestört. Danach wollte er mich sogar zu meinem Kurs bringen, obwohl seiner ein ganz anderer war. Im Großen und Ganzen könnte er bei jeder anderen Person gut abschneiden. Ich kann mir einfach nicht erklären, wieso ich ihn so doof finde.
"Ich mag ihn einfach nicht", meine ich. Mittlerweile komme ich mir tatsächlich einfach selbst bescheuert vor.
"So, hier ist es. Block C. Hier sind immer die naturwissenschaftlichen Kurse. Bis später!" Aby winkt mir noch zu und geht.
Mein Kopf ist voll von Gedanken, die ich nicht kontrollieren kann und ich frage mich abermals, wieso ich Bender -anscheinend Aiden - einfach nicht ab haben kann. Normalerweise habe ich nie wirklich etwas gegen irgendwelche fiktiven Personen gehabt, sie haben mich einfach nur nie interessiert. Ich schiebe den Gedanken 'Aiden' bei Seite und konzentriere mich auf Physik.
Nachdem all meine Kurse um drei Uhr zu Ende sind, gehe ich wieder auf mein Zimmer, um meine Hausaufgaben zu erledigen. Ich mache zuerst die nervigen Hausaufgaben, unter anderem Biologie und Physik und widme mich erst zum Schluss meinen Schreibhausaufgaben. Das Beste kommt bei mir einfach immer erst zum Schluss, so verliere ich die Motivation auch nicht zu schnell.
Ich schreibe über den schweren Abschied von Scar und meinem Dad, wie sie beide weinen mussten. Über das Drama mit Aby und wie ich mich erleichtert und gleichzeitig hintergangen gefühlt habe. Ich schreibe sogar ein paar Sätze über Aiden. Auch, wenn er mir egal ist, beschäftigt er mich auf irgendeine Art und Weise. Ich frage mich, was für ein Buch es ist, das er veröffentlicht hat. Es ist bestimmt ein Krimi, das würde zu ihm passen. Oder vielleicht ist es ein Roman? Nein. Romantik passt ganz und gar nicht zu ihm.
Wieder einmal wundere ich mich über mich selbst, wie schnell ich doch über ihn urteile, obwohl ich ihn überhaupt nicht kenne. Ich war doch sonst nicht so.
Als ich bemerke, dass ich allein über Aiden eine Seite verfasst habe, klappe ich meinen Laptop seufzend zu. Ich muss mich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren und da ist Aiden definitiv nicht dabei.