Die große Null. Walther Kabel

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Die große Null - Walther Kabel

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lächelten: Mathilde, die unsere Ferien verteidigte.

      Und – Mathilde siegte.

      Die Haustür klappte zu. Die Sperrkette rasselte. Dann brachte die brave Alte einen Zettel.

      »Da war eben ’n altes Männchen da,« erklärte sie. »Er gab mir den Zettel. Er hat schnell was raufgeschrieben.«

      Und sie verschwand wieder. –

      Kritzliche Bleistiftzeilen:

      Geehrter Herr H.! Die große Null hat sich bei mir gemeldet. –

       Ernst Wogitsch, Modelleur, Berlin C., Brückengang 6, 2 Treppen.

      Harald warf den Zettel hin und lief hinaus – lief in den Vorgarten …

      Ich ihm nach. Wir stürmten der eine nach rechts, der andere nach links die Blücherstraße hinab, riefen wiederholt:

      »Herr Wogitsch — Herr Wogitsch!!«

      Ich hatte, durch Haralds jähe Lebendigkeit angesteckt, gar nicht mehr an unsere Ferien gedacht.

      Ich dachte nur noch an den Modelleur Wogitsch, bei dem die große Null sich gemeldet hatte. Ich wollte Wogitsch kennenlernen! Er würde uns mitteilen, wie sich die große Null gemeldet hatte!

      Zum vierten Male brüllte ich:

      »Herr Wogitsch — Herr Wogitsch!!«

      Alles umsonst …

      Und dabei konnte das alte Männchen sich doch noch gar nicht so weit entfernt haben.

      Ein paar Leute schauten mir nach. Ein paar junge Burschen gröhlten spottend: »Wo — gitsch! Wo — gitsch!«

      Schließlich kehrte ich um.

      An der Pforte unseres Vorgartens traf ich mit Harald zusammen. Er war genau so außer Atem wie ich.

      »Ich begreife nicht, wo er geblieben sein kann,« meinte Harst keuchend. »Wenn Mathilde unser Haus nicht so energisch gegen diesen Besuch geschützt hätte, säße Wogitsch jetzt dort im Zimmer und wir könnten feststellen, was an ihm und seiner Meldung daran ist. So aber müssen wir nun nach dem Brückengang, übrigens ein uraltes Gäßchen am Berliner Rathaus. – Vorwärts. Machen wir uns fertig. Wenn wir ein Auto nehmen, sind wir vor Wogitsch dort und fassen ihn vor der Haustür ab.«

      In drei Minuten waren wir bereit. – »Vergiß das Handwerkszeug nicht,« sagte Harald noch, der jetzt offenbar keine Langeweile mehr verspürte.

      Wir fanden ein Auto, fuhren die Berliner Straße, die Motzstraße entlang, – kamen in die Potsdamer, in die Leipziger.

      Harald rauchte die dritte Mirakulum, pfiff hin und wieder die bekannten Takte aus Carmen:

      »Auf – in den – Kampf – Torrero …«

      Ich pfiff nicht. Nein, dazu hatte ich auch nicht die allergeringste Veranlassung. Lionel Barring ist kein Gegner, den man mit Operntakten begrüßt. Mir fiel die Szene in den Tokkara-Höhlen ein, wie die Boa mit dem Weiberkopf aus dem Dunkel hervorkroch, – Barrings Werk, Barrings Erfindung!

      Ich pfiff nicht … Ich fühlte nur nach der Schlüsseltasche der Beinkleider, in der keine Schlüssel, sondern so ein kleines schwarzes, matt glänzendes Ding steckte. –

      Das Auto hielt an der Jungfernbrücke.

      Die letzte Strecke wollten wir zu Fuß gehen. Harald machte hier den Führer. Er kennt Berlin wie seine Westentasche.

      Wieder kamen wir über eine schmale, alte, schlecht beleuchtete Holzbrücke – mehr ein Fußgängerbrücklein.

      Dann der Brückengang. Am Hause links ein Warnungsschild »Einfahren verboten!«

      Allerdings – hier in diesem Gäßchen mit dem kaum meterbreiten Bürgersteig konnten zwei Wagen einander nicht ausweichen.

      Alt-Berlin …

      Ja – das älteste Berlin umgab uns hier: Häuschen mit winzigen Fenstern und Türen, mit Dächern von den wunderlichsten Formen …

      Totenstill war’s in dem Gäßchen.

      Unheimlich still …

      So, als müßten jeden Augenblick aus den uralten verwitterten Haustüren Männer in der Tracht aus den Zeiten des alten Fritz heraustreten und uns mit klappernden Skelettkiefern und mit einer Geste fleischloser Skeletthände begrüßen.

      Nur ein Hund, ein gelbes, langhaariges Zufallsprodukt der Liebe eines Pudels und eines Teckels, stand versonnen mitten auf dem holprigen Fahrdamm und schien auf jemand zu warten.

      Auch wir warteten vor Nr. 6, schlenderten auf und ab und beschauten uns immer wieder das engbrüstige, zweistöckige Häuschen, dessen Erdgeschoßfenster kaum ein Viertel Meter über dem Boden lagen und durch Holzladen von außen gesichert waren, – nur zwei Fensterlein, daneben die Haustür. Durch die Spalten der Laden drang Lichtschein und ein dumpfes Klopfen. Ein Blechschild über der Tür verhieß allen kranken Stiefeln baldige Heilung durch Schuhmachermeister Emil Rehbein.

      Der Hund wartete und wir warteten.

      Es wurde später und später. Der Hund gab das Warten auf und trollte mißmutig von dannen. Harst meinte, er habe über die Hundesteuererhöhung nachgegrübelt, die wieder die Zahl der ahnungslosen Hundefleischesser vermehren würde.

      Harst war bei Laune und meine Uhr bei drei Viertel zehn.

      Dann klopfte Harst an einen der Fensterladen. Jemand rief drinnen:

      »Bist Du’s, Wogitsch?«

      »Nein. Aber ich möchte Herrn Wogitsch dringend sprechen,« erwiderte Harald recht laut.

      Herr Emil Rehbein schloß die Haustür auf und beleuchtete uns mit seiner Schusterlampe.

      Wir sahen einen kleinen, dürren, stark buckligen Mann mit einem verkniffenen, grämlichen Gesicht vor uns. Unter buschigen grauen Augenbrauen schillerten ein Paar schlaue mißtrauische Mauseäuglein.

      »Wogitsch ist ausgegangen,« sagte er. »Soll ich ihm etwas bestellen?«

      »Nein. – Wissen Sie, wen Wogitsch besuchen wollte?«

      »Ja. Herrn Harst, den Privatdetektiv.«

      »Mein Name ist Harst, Herr Rehbein. Das da ist mein Freund Schraut.«

      Der Bucklige machte sofort Platz. »Wollen die Herren nicht nähertreten? Bitte … Sie können ja bei mir warten. Bitte …«

      ——————————

      2. Kapitel.

       Die Kuckucksuhr.

      Saurer Ledergeruch und der Duft einer kurzen Pfeife empfingen uns. Auf dem Arbeitstisch hockte eine zahme Dohle.

      Rehbein

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