Halt oder ich scheisse!. Hans Herrmann

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Halt oder ich scheisse! - Hans Herrmann

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verharrend das nächste Kommando zu erwarten haben.

      "Nach links treten – marsch!"

      "Halt!"

      "Zug – daher!"

      "Zurücktreten – marsch!"

      "Halt!"

      Ganz und gar nicht befriedigt den Leutnant fast jeden Morgen unser lustloses und nur angedeutetes Kniezucken.

      "Ich will sehen, dass ihr zuckt", sagt er mit tiefer, röhrender Stimme. "Ich zeige es euch." Er kommandiert sich selber "Marsch!" und zuckt daraufhin, die Füsse im klassischen 60-Grad-Winkel abgedreht, die Beine stämmig gegrätscht, tief in die Knie.

      "So will ich das sehen. Nach links treten…" Der Leutnant wartet lauernd, ob sich einer aus Versehen vorzeitig regt, wartet, wartet, dann, unvermittelt: "Marsch!"

      Wir zucken, rennen.

      "Halt!"

      Wir halten.

      "Ihr habt noch viel zu wenig gezuckt", sagt der Leutnant. "Ich will vor allem euer Zucken sehen. Es ist egal, wenn ihr nicht allzu schnell rennt; wichtig ist mir das Zucken. Am Zucken sehe ich, dass ihr voll da seid."

      Der Leutnant spannt sich, holt Luft.

      "Nach rechts treten – marsch!"

      Wir zucken, vollführen eine Vierteldrehung, rennen.

      "Halt!"

      Zwanzig Schuhpaare knallen auf dem Asphalt.

      "Nach links treten – marsch!"

      Zuck.

      "Halt!"

      Schuheknallen.

      "Zug – daher!"

      Zuck.

      Tacktacktack.

      "Nach rechts treten…" Ein prüfender Blick in die Runde. Alle stehen bockstill. Anspannung in den Beinmuskeln. Gleich muss es kommen… gleich…

      "Marsch!" Es tönt wie "Arsch".

      Zuck.

      Draussen am Gitter stehen ein paar zivile Zuschauer und schütteln den Kopf. Hier, im Welschland, hat man für soldatischen Drill wenig übrig. Würde sich dasselbe in der martialischen Innerschweiz abspielen – uns würde bestimmt beifälliger Applaus umbranden, und man würde uns anschliessend einen Kaffee mit Schnaps spendieren.

      6. Indiaca

      Zwanzig Rekruten im Sportdress auf der grossen Sportwiese hinter der Kaserne. Leibesertüchtigung unter freiem Himmel ist angesagt, zwecks Stählung der verweichlichten Zivilistenmuskeln und Schmeidigung der eingerosteten Sesselhockerglieder. Der Leutnant hält uns einen flachen, knallig gelben, handtellergrossen Lederball entgegen, an dem ein neckisches Büschel roter Federn befestigt ist.

      "Indiaca", knurrt er in seinen Bart hinein. "Wer kennt das?"

      Niemand regt sich.

      "Na, das ist so ähnlich wie Volleyball, man spielt sich das Ding hier zu, indem man mit der flachen Hand von unten her draufschlägt", erklärt der Leutnant mit mässiger Begeisterung. Dann teilt er uns in zwei Mannschaften ein und lässt uns im sanften Indiaca-Spiel gegeneinander antreten.

      Der Anpfiff ertönt, und wir beginnen, anmutig um diesen sonderbaren Federvogel herumzuhüpfen und zu -tänzeln. Dazu versuchen wir, ihn mit zaghaften und ungeschickten Schlägen zum Fliegen zu bringen, was uns mehr schlecht als recht gelingt.

      Ein Weiberspiel, denken wir. Fussball wäre jetzt viel schöner.

      "Können wir nicht Fussball spielen?", fragt Rekrut Jaun den Leutnant nach ein paar frustrierenden Minuten.

      "Nein, das ist im Militär leider verboten, das kommt vom Ausbildungschef persönlich", antwortet der Leutnant etwas betreten. Nach ein paar Sekunden, in denen er sich überlegt, wie viel er zu diesem erstaunlichen Verbot noch sagen soll, schiebt er nach: "Fussball ist angeblich zu grob und die Verletzungsgefahr zu gross. Man will wohl nicht zu viele Versicherungsfälle riskieren."

      Uns steht vor Verblüffung der Mund offen. Man befiehlt uns seit Wochen, mit scharfer Munition zu schiessen, auf unwegsamem Gelände herumzuklettern, schwer beladen unsere Wirbelsäulen zu strapazieren, auf der Kampfbahn Kopf und Kragen zu riskieren und nachts mit Pinzgauern im Wald herumzukarren, aber Fussball spielen lässt man uns nicht. Weil der Ausbildungschef der Schweizer Armee dieses Spiel als gefährlich einstuft. Ausgerechnet jener schneidige Korpskommandant, der einmal öffentlich gesagt haben soll, eine Rekrutenschule ohne mindestens einen Toten sei keine gute Rekrutenschule.

      Wie und wo müsste denn dieser der Qualität der militärischen Ausbildung geschuldete Todesfall nach Auffassung des Korpskommandanten erfolgen? Jedenfalls nicht auf dem Fussballfeld, so viel ist jetzt klar. Sondern auf dem Feld der Ehre. Was in einer Rekrutenschule bedeutet: bei einem prosaischen Verkehrsunfall, einem Schiessunfall, einer Genicklandung auf der Kampfbahn oder einem unglücklichen Sturz nach dem Wirtshausbesuch.

      Puh, sind wir froh, für heute nicht die Kampfbahn absolvieren, sondern nur Indiaca spielen zu müssen. Aber halt – ist das nicht eines dieser rituellen Indianerspiele, bei denen die Verlierer einst den Göttern geopfert wurden? Man kann nie vorsichtig genug sein…

      "Leutnant, dürfen wir nicht Rugby spielen? Das ist allemal besser als dieses Indiaca, das keiner von uns beherrscht, wie Sie ja selber sehen."

      "Meinetwegen. Rugby ist zwar gröber als Fussball, aber verboten ist es meines Wissens nicht. Spielen wir also Rugby. Aber seid etwas vorsichtig. Ich will nicht, dass sich jemand verletzt, verstanden? – Moment mal, ich kenne ja die Regeln nicht. Kennt sie jemand von euch? Nein? Hmmm… Was machen wir da bloss? Mal überlegen. Hmmm… Wisst ihr was? Wir spielen doch einfach Fussball. Aber psst – nicht weitersagen!"

      7. Die Sache mit der Gamelle

      Ausgang steht auf dem Tagesbefehl, hurra, was heisst, dass man uns einen freien Abend gewährt. Es türmt sich freilich eine Hürde auf, eine schier unüberwindliche, die es aber trotzdem zu überwinden gilt, so wir Rekruten denn in den Ausgang wollen: Zimmerkontrolle.

      Zimmerkontrolle, das bedeutet: Alles im Schlag dergestalt geputzt und geblitzt und millimetergenau ausgerichtet präsentieren, dass der Feldweibel, ein besonders ungnädiges Exemplar seiner Spezies, sich nach eingehender Besichtigung halbwegs zufrieden zeigen und uns, wenn auch widerstrebend, in den Ausgang entlassen muss.

      Der Helm hat, so gebietet es die vermutlich von einem Zwangsneurotiker ersonnene Zimmerordnung, oben auf dem Spind zu liegen, die Gesichtsseite nach vorn, scharf an der Oberkante des Spinds, flankiert von Schutzmaske (links) und der hartledernen Sanitätstasche (rechts), beide ebenfalls scharf an der Spindkante; der Rucksack links am Bettgestell festgezurrt, rechts davon der Effektensack – selbstverständlich nicht nach eigenem Gutdünken, sondern streng nach vorgeschriebener Verschlaufung der Trag- und Packriemen; das Bett gestrafft und geglättet, mit hingebungsvoll in die korrekte Form gezupften Paketfalten am Kopf- und am

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