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Öjwind schwenkt in einen kleinen Park, der ihn rettend mit einem Sandweg einlädt, und setzt sich auf eine verwitterte Holzbank, fühlt sich wie betulich erwacht, auf dem Schloss einer totalitär mystagogischen Halbgottheit, die dem Volk Demokratie gewähren will, während die Sambatrommeln des Umzugs allmählich verklingen, und im Park bunt Jogger und Joggerinnen Runde um Runde zu drehen beginnen, die reihenweise und sich unterhaltend an Öjwind entlang laufen, sich in die hinteren Gehwege des Parks entfernen und, ihrer scheinbar immer neuformierend, zurückkehren
Ein eindeutig älterer Mann setzt sich neben Öjwind und knistert bedeutungsvoll mit einer Plastiktüte, aus welcher er eine Dose hervorzieht, faltet die Tüte vorsichtig und legt diese knisternd auf die Bank.
Eine bunte Gruppierung Joggende trabt heran. Öjwind erzittert an der beginnenden Abendkühle.
Die Dose öffnet sich geräuschvoll.
Öjwind steht auf und beschließt, zu Aris Imbiss zu gehen,
Der Tag ist gelaufen, passiert sozusagen, vielleicht kann ich bei Ari jedenfalls ruhig nachdenken.
Auf dem Weg begegnet Öjwind einem ihm vertraut erscheinenden Menschen, der vor den Ruinen eines Hauses steht und eine Reihe von Weichplastik- und Wachs-Ohrstöpseln in den Händen hält, welche er sich aus den Ohren gezogen zu haben scheint.
Noch versenkt von der Abwägung, statt Aris Imbiss, lieber den Einkaufsladen an der Ecke aufzusuchen, überlegt Öjwind nun,
Ob vor oder hinter ihm entlang? - oftmals entscheiden solche Feinheiten über das Gelingen einer Begegnung.
Öjwind erscheint das von außerordentlicher Wichtigkeit. Rastlos im Abwägen nähert er sich dem Menschen auf einigen Schritten, als der ihn unvermittelt anblickt. Öjwind hält es augenblicklich für ratreich, einen
Guten Abend!
zu wünschen, um der Höflichkeit der Begegnung zu entsprechen. Die Entgegnung stellt sich als eine günstige heraus, auch wenn Öjwind, und zu dem Abend überhaupt, kein weiterer guter Gedanke einfällt. Jener entgegnet ihm nicht und hinterlässt Öjwind die Befremdung, gegrüßt zu haben.
Nach verlegenem Weitergehen, als Öjwind vor Aris Imbiss Halt macht, streift ihn eine Ahnung. Er tritt ein und bestellt,
Einen Tee und Pommes zum Mitnehmen, bitte!
und beginnt, Ari bei der Arbeit zuzusehen.
Ari vollzieht einen Turnus schneller, geübter Griffe, geht kurz in die hintere Küche, um etwas Besonderes zu holen, erscheint aber sogleich wieder zurück.
Die restlichen Plätze sind, unter Ausnahme zweier Mädchen, die offenbar kichernd ihre ersten Zigaretten rauchen und eines alten Mannes, der stoisch über einer Flasche Bier in eine Zeitung blickt, leer. Ari dreht sich um und ruft die albernden Mädchen zu sich, die schnell die Zigaretten ausmachen und schüchtern an den Tresen treten, gibt ihnen deren Bestellung, kassiert und dreht sich wieder an den Herd, als die Mädchen den Imbiss lachend verlassen.
Öjwind bemerkt die Regale, welche unterhalb der Decke angebracht sind, in denen zerlesene Buchexemplare, große Bildbände und Romane stehen. Er zögert und fragt,
Ob ich mir die Bücher ́mal ansehen und in das eine oder andere hineinlesen darf?
Ari wendet sich um, kommt hinter der Theke hervor und geht mit Öjwind zusammen zu den Regalen, fordert ihn auf, sich die Bücher anzusehen und, wenn Öjwind Geduld habe, darin zu lesen.
„Dafür stehen sie ja hier,“, sagt Ari, „auch wenn selten ein Gast, hinter der scheinbaren Zier, den Wert anerkennt.“
Öjwind dankt und fängt an, die Buchrücken zu studieren und entdeckt einen Bildband über Pablo Picasso, welchen er herauszieht.
Das Buch zeigt eine Ausstellung des Künstlers in dessen Heimatstadt. Angeregt blättert er in einem Band, welcher Skulpturen zeigt, und verharrt über einer Abbildung, die ein auf langstieligen Beinen stehendes, in Gold gegossenes Pferd darstellt.
Von dem Nachbartisch ertönt eine Stimme zu Öjwind herüber, „Sehen Sie, ich bin Arzt in einem Krankenhaus. Ich schneid` die Leute auf, hol` etwas aus ihnen hervor oder pack` etwas and`res hinein, - und dann näh` ich sie wieder zu. Feierabends sitz` ich hier gelegentlich und trink` Kaffee oder rauch` eine Pfeife. - Was gibt ´s denn noch zu erzählen? Wir haben die Schwerkraft. Eine Tasse fällt auf den Boden, auch wenn Sie auf dem Kopf stehen, und falls Sie Ihren Finger zwischen die Tür legen, tut der Finger weh.“
Er trinkt einen Schluck, und bevor Öjwind etwas erwidern kann, sagt er, „Eine Kette ist immer so stark wie das schwächste Glied.“
Öjwind schaudert, er will der Stärkste, der Erste und der Schönste sein.
„Gucken Sie sich die Leute, gegenwärtig, trotzdem genau an. Die laufen ein Leben lang wie die Hamster in den Käfigen und sind blind wie die Schleichen, können sich nicht mehr an die Augenfarbe ihrer Ehefrau oder ihres Ehemannes erinnern noch wissen sie von der Maserung auf der Tapete zu Haus. Das ist doch die Wirklichkeit, oder?!“
Ihm geht die Pfeife aus, und er beginnt diese nachzustopfen. Öjwind schweigt, während der Alte nochmals murmelnd sagt, „So ist doch die Realität.“, seine Zeitung aufnimmt und sich darin vertieft.
Ari ruft von seinem Tresen, ob Öjwind hier oder außer Haus essen wolle? Öjwind steht am Tisch des Arztes auf, wünscht einen,
Schönen Abend noch,
und geht zu dem Tresen,
Zum Mitnehmen, bitte!
Ari packt die Bestellung in Zeitungspapier ein und überreicht sie Öjwind.
Draußen erblickt er den pressanten, immer noch vor den Ruinen des verfallenen Hauses sich aufstellenden Herrn auf der anderen Straßenseite, geht hinüber und fragt ihn mutig nach seinem Befinden. Der glotzt, als ob er knurren wolle, Öjwind an und winkt nach dem Paket, der es ihm nun, unüberlegt und widerstrebend hinhält, entreißt es Öjwind und knurrt ihn so laut an, dass Öjwind davonläuft.
Außer Atem erreicht Öjwind die Eingangstür seiner Mietskaserne.
Fußball spielen wird´s gewesen sein,
erinnert Öjwind, als er durch die Eingangstür hineintritt und an den Zeitungen, dem Zeichen und der kleinen Treppe hinunter zum Hof vorbei ist, in dem die Kinder auf ihrer Rasenhälfte wieder Tor spielen,
In die Wohnung gekommen, zündet Öjwind eine achte Kerze an. Gleichgültigkeit durchzuckt ihm neuralgisch die Schlüsselbeine,
Woandershin hab` ich den Horror, aber ewiglich den Koffer auf das Bett werfen und Für-die-Reise-Packen spielen?
Die Nachbarn rufen sofort, „Feuer!“, als Öjwind bei noch offener Wohnungstür einige Zettel in einer ofenfesten Glasschale verbrennt. Aber er kann die aufgeregte Nachbarfamilie wieder beruhigen.
Nachts hat Öjwind einen Traum.