Sarg niemals money. Anno Dazumal

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erschöpfenden Arbeitstag kehre ich nach Hause zurück. Meine Nachbarn grüßen mich freundlich, da ihnen gar nichts Anderes übrigbleibt, weil mir das Haus gehört. Als Miet-Hai habe ich mir in meinem Viertel schon einen Namen gemacht und deswegen haben alle Respekt vor mir. Als Jobvermittler bist Du genauso erledigt wie ein Psychiater, denn sowohl der als auch ich haben den ganzen Tag mit Verrückten, Idioten und Unfähigen zu tun. Immer wenn so ein arbeitsloser Assi mein Büro betritt, weiß ich sofort, warum der keine Arbeit findet und wenn ich einen manischen Anflug habe, dann sage ich es ihm auch gleich ins Gesicht. Gut, das führt hin und wieder zu Dienstaufsichtsbeschwerden, aber die meisten Alos haben eh keinen Mumm und dem Rest brechen wir mit unserer schikanösen Bürokratie das Rückgrat. Außerdem bin ich verbeamtet, mir kann keiner was und so führe ich mich auch auf. Ich betrete meine Wohnung und betrachte liebevoll meine Freundin, die gerade den Boden wischt. „Schön, endlich mal jemanden arbeiten zu sehen“, meine ich erfreut. Judith steht auf und entgegnet wütend: „Du Arschloch! Den ganzen Tag bin ich am putzen und nicht mal daheim habe ich davor meine Ruhe.“ Vielleicht sollte ich erwähnen, daß Judith als Raumpflegerin arbeitet; ein Job, den sie übrigens mir verdankt und so haben wir uns damals auch kennengelernt. Sie gehört zu den wenigen Arbeitslosen, denen ich eine Stelle vermittelt habe. Das heißt nicht, daß ich ein schlechter Arbeitsvermittler wäre, ganz im Gegenteil. Ich bin halt wahnsinnig gut im Selektieren und fast alle Arbeitslosen sind eine unglaubliche Zumutung, so daß ich die Unternehmen vor ihnen schütze. Judith dagegen hat echt was drauf, im Putzen ist sie weltklasse, sogar im Zähneputzen. Deshalb lasse ich das hin und wieder auch von ihr erledigen und wenn sie sich weigert, dann erinnere ich sie an unseren Beziehungsvertrag und sie pariert. Ja, Du hast richtig gelesen, wir haben vor dem Beginn unserer Partnerschaft einen Beziehungsvertrag geschlossen, in dem steht, wer wofür verantwortlich ist. Sie hat den Haushalt zu führen und ich führe das große Wort. Eine gerechte Verteilung wie ich finde. Sie ist hübsch, meine Freundin, aber um einen Besuch beim Schönheitschirurgen wird wohl auch sie nicht herumkommen. Ich lege mich auf die Couch und schaue ihr beim Putzen zu. Es gibt wahrlich nichts Schöneres, als andere Leute beim Arbeiten zu beobachten. Genau aus diesem Grund zermürbt mich mein Job dermaßen, denn da ist es genau umgekehrt. Was war das wieder für ein anstrengender Tag! Immer diese depressive Stimmung in der Bundesagentur, was aber nicht nur an den Arbeitslosen liegt. Meine Arbeitskollegen sind auch nicht gerade Partylöwen und wenn ich nicht wäre, dann wäre dort überhaupt nichts geboten. Jetzt kommt Judith auf mich zu und ich zucke zusammen. Jedes Mal, wenn ich sie aus der Nähe sehe, bekomme ich einen Schreck, denn ich bin kurzsichtig und trage zu meinem großen Glück keine Brille. „Wo ist mein Essen?“ frage ich, um auch etwas zu sagen. „Mach’s Dir selbst!“ lautet ihre Antwort. Komisch, das hat sie gestern im Bett auch gesagt. Soll das der Anfang eines Zwergenaufstands sein, oder was? Vielleicht muß ich die Zügel wieder etwas anziehen, doch statt dessen ziehe ich mir viel lieber ihre Strumpfhose an und streichle mich zärtlich. Ich liebe es, ich Strumpfhosenfetischist.

      Strumpf ist Trumpf. Aber Judith schaut mich schon wieder so komisch an. Ich bin nicht verrückt, nur ein bißchen wunderlich. Nein, das genügt. Ich muß hier raus, denn die Eiszeit in meiner Wohnung ist unerträglich. Freundin - es geht nicht ohne. Von wegen! Ich wäre heilfroh, wenn ich wieder Single wäre, doch so einfach ist das leider nicht, denn ich habe noch zwei Jahre Vertrag. Deshalb verziehe ich mich und gehe zu meinen Freunden von den Antianonymen Alkoholikern. Sie begrüßen mich fröhlich und in bester bierseliger Laune und wir stoßen gemeinsam an. „Auf die Arbeitslosigkeit!“ rufen sie freude- und volltrunken und ich kann es ihnen nicht verübeln. „Ihr habt es gut! Ihr bekommt Geld fürs Nichtstun, wohingegen ich 40 Stunden in der Woche in meinem Büro rumsitzen und mich mit asozialem Gesocks wie Euch rumschlagen muß“, beschwere ich mich. „Bist schon ein armes Schwein“, pflichtet mir der stark übergewichtige Günther bei. „Und Du bist eine fette Sau“, kontere ich und sorge so für Gelächter. „Was ist faul bei Euch im Staate Deutschland? Warum wollt Ihr uns Langzeitarbeitslose so kraß schikanieren?“ will Rudi wissen, der alte Schwerenöter. „Weil andere Leute in die Arbeit gehen und von den Steuern, die die zahlen, lebt Ihr. Das ist eh nur wieder so eine symbolische Hau Zruck-Aktion, ein Sturmtrupp im Wasserglas“, beruhige ich sie. Mein Nazijargon gefällt ihnen und das, obwohl sie die Ersten gewesen wären, die man in einem Lager konzentriert und, ich vergaß, vergast hätte. Warum gerade die meine Freunde sind? Weil jeder Prophet Jünger braucht, ganz einfach, und ich habe dieser Scheißwelt noch jede Menge zu prophezeien. Wir rülpsen um die Wette und wieder einmal gewinnt Günther, was uns allmählich tierisch auf die Eier geht. „Was macht Ihr eigentlich den ganzen Tag?“ frage ich in die Runde und ernte erstaunte Blicke. „Aber Manni, das weißt Du doch: Wir sitzen hier und trinken Bier und dabei reden wir über die Probleme in der Welt“, berichtet Rudi. „Ales klar. Ihr redet also über Euch selbst“, gebe ich zu verstehen und beginne mein zweites Bier. Leute gehen an uns vorbei, mustern uns angewidert, schauen weg und eilen schnell weiter, noch bevor wir sie anpöbeln und beschimpfen können. Manche kennen mich und die glauben dann, ich würde mich sogar in meiner Freizeit um die Arbeitslosen kümmern, was dazu führt, daß ich grundsätzlich für einen guten Menschen gehalten werde, der ich natürlich nicht bin. „Na, Leute, wie sehen Eure Zukunftspläne aus?“ erkundige ich mich und Erwin legt sofort los: „Ich werde ein großer Künstler werden und in ein paar Monaten meine erste Ausstellung präsentieren.“ Wir lachen uns kaputt und Erwin schaut betreten auf die von ihm vollgepißte Erde. „Nicht lachen, Freunde“, beginne ich und hebe beschwichtigend meine Hände. „Unser Erwin ist schließlich als großartiger Aktionskünstler bekannt und ich freue mich schon darauf, seine in die Büsche geschissenen Haufen in einer Galerie ausgestellt zu sehen.“ Daraufhin kennt das Gebrüll keine Grenzen mehr und wenig später tauchen Polizisten auf, um an unserer Freude Anteil zu nehmen. „Ja wen haben wir denn da? Die Penner von nebenan mit ihrem Guru. Herr Hai, Sie sollen den Arbeitslosen Jobs verschaffen und sich nicht mit ihnen zusammen vollaufen lassen“, meint einer der Zuchtbullen zu mir und ich erwidere, nachdem ich aufgestanden bin und in der Nase gebohrt habe: „Was ich in meiner Freibierzeit mache, ist meine Sache.“ „Morgen ist der 1.Mai, der Tag der Arbeit, aber sowas kennt Ihr ja eh nicht. Also, wenn die Nazis kommen und Euch verprügeln, dann werden wir Euch nicht helfen“, verspricht der andere Zuchtbulle und sie verschwinden. „Geil! Dann kann ich mich heute ja so richtig zusaufen!“ freue ich mich und spendiere die nächste Runde. Wir lachen und trinken, scherzen und reihern, doch irgendwann habe ich zuviel intus und dann werde ich immer politisch. Ich erhebe meine Stimme und verkünde im Duktus des Führers: „Das Deutsche Reich braucht eine durchdachte Arbeitsmarktpolitik. Wir müssen noch mehr Autobahnen bauen, damit die Leute mehr Autos kaufen und die Wirtschaft floriert. Deutsche, kauft nur deutsche Produkte, falls Ihr welche findet! Der ewige Jude treibt nach wie vor sein Unwesen und unterdrückt uns. Aber wir werden uns gegen seinen Raubtierkapitalismus wehren. Dieses Land ist zu schön, um von den Amerikanern unterjocht zu werden. Wir brauchen eine Rechtspartei, denn das, was diese Linkspartei kann, haben wir auch drauf. Laßt mich Euer Führer sein, denn ich lasse Euch nie allein!“ töne ich und meine Saufbrüder nicken mir anerkennend zu. Daraufhin kotze ich um die nächste Ecke und lasse mich dann von meinen Kumpanen feiern. „Tolle Rede! Aus Dir kann wirklich noch was werden“, lobt mich Günther und ich weiß nicht, ob ein Lob aus seinem vollen Munde ein Kompliment oder eine Beleidigung ist. Kurz überlege ich, ob ich den Hitlergruß machen soll, lasse es dann aber doch bleiben, weil man sich auch als Beamter nicht alles leisten kann, dazu ist das Gehalt einfach zu niedrig. Nun beginnt Rudi zu lamentieren: „Alles wird teurer, ich weiß bald nicht mehr, wo ich noch sparen soll. Diese Politiker bereichern sich auf unsere Kosten und lachen sich über uns kaputt. Denen müßte man mal gehörig die Meinung sagen.“ „Ach was, das bringt doch nichts. Ich würde als Erstes den Verteidigungsminister aufhängen und dazu „Nur die Besten sterben. Jung“ von den Behsön Enkolz spielen lassen. Dann würden diese Volkstreter schon merkeln, daß Ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Was ist los mit Dir, Erwin? Sieht fast so aus als hättest du einen Glos im Hals“, kalauere ich, doch er läßt mit ernster Stimme verlauten: „Manfred, ich hoffe, daß das, was Du soeben gesagt hast, nicht Dein Ernst war, denn sonst müssen wir Dich aus den Antianonymen Alkoholikern ausschließen. Über die Politiker schimpfen ist eine Sache, aber zur Gewalt gegen sie aufrufen, etwas ganz Anderes. Ich erwarte eine Klarstellung von Dir.“ Ich bin überrascht. „Mensch, Erwin, Du alter Spießer, so nüchtern kenne ich Dich ja gar nicht. Du weißt doch, daß ich

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