Der Anti-Koch (Die Gesellenjahre - Teil 1). Ralf Real Shock

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Der Anti-Koch (Die Gesellenjahre - Teil 1) - Ralf Real Shock Der Anti-Koch

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brav auf.

      „Und Ihre Rufnummer ist….?“

      „Oh, die weiß ich jetzt nicht auswendig. Aber Moment, ich ruf mal eben zuhause an.“ Er deutete auf die Telefonzelle gegenüber von Tchibo.

      „Machen Sie nur, Machen Sie nur. Ich hab Zeit,“ winkte die Dame freundlich ab.

      „Heinemann, hast Du noch Kleingeld? Ein paar Groschen. Ich hab nur noch einen Fuchs.“

      „Ja, müsste ich haben.“

      Dann lief er auf die Zelle zu, stieß die Tür mit einem Ruck auf, nahm den Hörer ab und fing an, an der Scheibe zu drehen, ohne vorher meine Groschen einzuwerfen. Während er angeblich wartete, dass jemand am anderen Ende abnahm, schaute er kurz zu uns rüber, die Frau lächelte zurück, dann machte Breuer eine übertriebene Handbewegung, was bedeutete, dass er jemanden in der Leitung hatte. Nach kurzer Zeit legte er auf und kam wieder zu uns. Das Ganze hatte noch nicht einmal eine Minute in Anspruch genommen.

      Die Frau trug sich die von Breuer wahllos ausgedachten Zahlen auf ihren Fragebogen ein, bedankte sich und ging weiter. Als sie endlich außer Reichweite war, prusteten wir los.

      Ich war der Erste, der wieder einigermaßen der Sprache mächtig wurde: „Breuer, wenn Du so weiter machst, mit Deinen Verarschungen, kommst Du noch mal in Teufelsküche.“

      „Sind wir da nicht schon längst?“, kam seine Antwort in einem strengen Ton zurück.

      Lachend stiegen wir auf unsere Drahtesel und verabschiedeten uns.

      Deo

      „Guten Morgen, Herr Pätzold.“

      „Guten Morgen, Herr Heinemann.“

      „Herr Pätzold?“

      „Ja, Herr Heinemann. Was gibt´s denn?“

      „Äh, da steht ein Deo auf dem Pass.“

      „Das hat schon seine Richtigkeit. Kümmern Sie sich nicht drum.“

      „Ach so? Ja. Okay.“

      Die Uhr zeigte 8:25 Uhr, als ich die Küche an diesem Morgen zum Frühdienst betrat. Von meinem neuen, noch unbekannten Kollegen, der an dem Tag krankgeschrieben wurde, als ich gerade angefangen hatte, war keine Spur weit und breit zu sehen. Herr Pätzold wirkte angespannt und ungehalten. Von seiner sonst so lockeren lustigen Art war nichts zu spüren.

      Das Telefon klingelte. Herr Pätzold eilte mit großen Schritten ins Büro und nahm ab. In kurzen Abständen sprach er genervt ein „Ja, gut“, „Ja, in Ordnung“, „Ja, ich weiß Bescheid“ in die Sprechmuschel. Mit Schmackes knallte er den Hörer wieder auf die Gabel.

      „Das war Herr Döpke. Er kommt später. Hat verschlafen, wie er sagt“, rief er mir zu. Ich nickte in seine Richtung, aber er drehte schon wieder ab und brummelte so etwas wie „Fängt die Scheiße schon wieder an.“

      „Herr Heinemann, ich bin mal kurz im Personalraum verschwunden. Großartig vorbereiten müssen wir ja heute nichts. Wenn was ist, rufen Sie mich. Ja? Ach so, und wenn der Herr Döpke kommt, auch. Ja?“

      „Ja, Chef. Mach ich.“

      Ich hatte mich in der neuen Küche erstaunlich gut eingelebt. Ich wusste schon nach einer Woche, wo fast alles stand und hingehörte. So baute ich fix das Mise en Place für den Mittag auf und schnippelte danach noch schnell die vom Vortag übrig gebliebenen Salzkartoffeln für Bratkartoffeln weg, als ich hinter mir unverständlich gegrunzte Laute vernahm, die bei genauem, angestrengtem Hinhören wie nach einem „Hallo“ klangen. Ich drehte mich erschrocken um und sah auf eine regungslose, in sich gekrümmte Gestalt, die mitten im Raum wie aus einem Zombiefilm platziert worden war und die mich schon eine ganze Weile beobachtet haben musste. Mir wurde schlagartig unheimlich.

      „Sie sind der neue Koch?“, ranzte es mich unwirsch an.

      „Ja? Und Sie?“, stieß ich zögerlich hervor.

      Keine Antwort.

      Schweigen.

      Kurze Denkpause. „Sind Sie, äh, Herr Döpke?“, setzte ich nun mutiger hinterher.

      Wieder keine Antwort. Dafür bewegte es sich im Zeitlupentempo auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen, die sich klebrig und eiskalt anfühlte. Bei der Berührung zuckte ich kurz weg, erwiderte dann aber seinen trägen, schlaffen Händedruck.

      „Ich hol mal den Chef. Ja?“

      Keine Antwort.

      „Ist im Personalraum.“

      Keine Antwort.

      Ich zog unbewusst die Schultern hoch, überließ der Erscheinung seinem Schicksal und machte mich schleunigst aus dem Staub.

      „Ja, war mir klar, wo sonst? Ich komm mit,“ grollte es nun wie ein Donner hinter mir.

      Verdutzt hielt ich für einen Moment inne. Hatte ich da jetzt etwas verpasst? Oder hatte ich einfach zu schnell gesprochen?

      Im Personalraum wurde gepokert. Es ging um hohe Einsätze. Es ging immer um hohe Einsätze, wenn Herr Pätzold mal wieder im Personalraum verschwunden war. Mit Münzgeld gab er sich nicht ab. Das hatte ich in den paar Tagen rasch festgestellt. Er sah arg mitgenommen aus. Hektisch inhalierte er lange Züge an seiner Zigarette. Ein flüchtiger Blick im Aschenbecher langte, um festzustellen, dass er in der kurzen Zeit fast eine halbe Schachtel weggepafft hatte. Er schwitzte aus allen Poren. Sein Gegenüber, Herr Schönfeld, der Assistent von unserem Pächter, war die Ruhe selbst, nippte mit einem provokanten Lächeln am Wasserglas, lehnte sich anschließend lässig im Stuhl nach hinten. Er war sich, wie so oft seiner Sache sehr sicher, erneut Herrn Pätzold um einige Scheine zu erleichtern.

      Nachdem Herr Pätzold sein mageres Blatt enttäuscht auf den Tisch gepfeffert hatte, streckten sich Herr Schönfelds Hände schon gierig nach dem gut gefüllten Topf aus.

      „Noch ein Spiel, noch ein gottverdammtes Spiel, Schönfeld, dann hab ich Sie am Wickel“. Die pure Verzweiflung drang aus seiner Stimme durch.

      Herr Schönfeld lachte nur kurz auf: „Keine Zeit mehr, Pätzold, aber später vielleicht. Ach, wer ist denn da wieder aufgetaucht? Der Herr Döpke. Sieh mal einer an. Wie geht es Ihnen denn? Besser?“

      Keine Antwort! Dafür huschte ein höhnisches Grinsen durch sein unrasiertes Gesicht, als er Herrn Pätzold nach der verlorenen gegangenen Pokerrunde wie ein Häuflein Elend da hocken sah. Der brauchte aber nur wenige Augenblicke um sich wieder zu sammeln, stand auf, nahm einmal tief Luft, ging entschlossen auf Herrn Döpke zu und gab ihm die Hand: „Und? Ausgeschlafen, Herr Döpke? Wieso klebt Ihre Hand so?“

      Keine Antwort. Döpkes Blick ging ins Leere.

      „Und? Haben Sie sich denn wenigstens gut auskuriert?“

      „Das ist Honig.“

      „Honig?“

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