Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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der dünnen Schneeschicht nicht zu viel zu vertrauen. Endlich erreichten sie den Theil des Ufers, der von dem Eingang der Hütte aus nicht mehr gesehen werden konnte, und der Peon mußte dem Anführer der Bande jetzt genau beschreiben, in welcher der beiden Hütten die Flüchtlinge ihr Lager aufgeschlagen, wie viel Gewehre und Pistolen sie bei sich hätten, und von welchem Körperbau die beiden jüngeren Männer wären.

      Felipe hatte bis jetzt gehofft, daß er selber zum Recognosciren ausgesandt werden würde, und schon allerlei Pläne darauf gebaut. Der mashorquero schien ihm aber keineswegs zu trauen, und dem mitgenommenen jungen Burschen eins seiner Terzerole und die nöthigen Befehle gebend, sandte er diesen nach dem Rücken der Hütte hinauf, um dort das Terzerol auf den ersten der Männer, der sich zeigen würde, aus seinem Versteck heraus abzufeuern, und sich nachher auf seine Beine zu verlassen, um wieder zu entkommen.

      Der Peon verlangte jetzt von seinem Begleiter wenigstens sein Messer zurück, um sich, im Fall es zu einem Handgemenge käme, vertheidigen zu können; der mashorquero verweigerte ihm dasselbe aber mit einem kräftigen Fluch und schwur, die einzige Art, wie er je wieder ein Messer von ihm bekommen solle, sei zwischen die Rippen oder in die Kehle.

      Die Nacht war indessen mehr und mehr vorgerückt, und hinter ihnen stieg schon der Morgenstern über die schroffen Kuppen des mächtigen Gebirges. - Der Tag konnte nicht mehr fern sein, aber noch immer ließ sich nicht das mindeste Zeichen irgend eines lebenden Wesens von der Hütte heraus hören oder erkennen. Der Henker wurde ungeduldig. So /102/ lagen sie wohl noch eine halbe Stunde, die Glieder fast zu Eis erstarrt, und über dem Schnee dämmerte indessen der junge Tag. Während die Schlucht unter ihnen noch in tiefem Dunkel lag, schoß über die schneeigen Kuppen, die schroff und starr in den sternbesäeten Nachthimmel hinausragten, ein lichter bläulicher Schein; die Hänge und Kanten gewannen Ausdruck in Form und Farbe, und es war fast, als ob weiße gigantische Körper aus dämmernden Nebelschleiern emporstiegen und höher wüchsen, indeß das steigende Licht ihnen Kraft gab und ihre Glieder reckte.

      „Ich halt's nicht mehr aus," flüsterte der Peon endlich, der, von dem scharfen Südostwind abgekehrt, vergebens die letzte Stunde schon gesucht hatte seine Glieder zu erwärmen - „mir ist das Blut in den Adern geronnen."

      „Daß ich's nicht flüssig mache!" drohte der mashorquero, „aber, beim Teufel! mir wird die Zeit hier auch lang, und ich begreife nicht, was die Canaillen so lange im Baue hält. - Dein Kamerad, der Schuft von Unitarier, hat jedenfalls geplaudert, und mir zuckt's ordentlich in den Armen, mein Messer da an ihm - und an Dir zu versuchen. - Ruhe! - was helfen mir Deine Beteuerungen, mach' Dich fertig, wir wollen den Spuren unseres vorangegangenen Spions folgen und der Bande zu Leibe rücken, die Uebrigen werden jetzt auf ihren Posten sein. - Ich will, beim Teufel! nicht Wochen lang im Sattel gehangen haben, um jetzt unverrichteter Sache wieder abzuziehen. Da, compañero - krieche einmal zurück bis zu jenem kleinen Vorsprung - von da mußt Du die Thür der Hütte in Sicht haben - und versuch', ob Du nichts von dort erkennen kannst."

      Felipe ließ sich das nicht zweimal sagen - irgend ein Grund, aus der Nähe des blutdürstigen mashorquero zu kommen, schien ihm erwünscht, noch dazu da es ihm zugleich Gelegenheit bot, seine Glieder wieder zu gebrauchen. Rasch deshalb in seiner eigenen Fährte zurückspringend, erreichte er bald den bezeichneten Platz und hob leise und vorsichtig den Kopf. - Ein einziger Blick verrieth dem Peon den ganzen Stand der Dinge, und wie ihm die /103/ Gedanken das Hirn durchkreuzten, welchen Weg er jetzt, da ihm ein günstiger Zufall auf kurze Zeit freie Bahn gegeben, am besten verfolgen könne, hatte sich im Nu sein Plan gebildet.

      Rasch überzeugte er sich nämlich, daß die Flüchtlinge die Gefahr kannten, in der sie sich befanden, und ihre Annäherung ruhig erwarteten. Er konnte die beiden Gestalten der jungen Männer erkennen, die mit ihren Gewehren in der Thür, aber noch weit genug im Innern standen, um von einem auswärts lauernden Feinde nicht gefährdet zu sein. Der abgesandte mashorquero dagegen lehnte an der einen Ecke der Hütte, wie der Tiger, der auf die Beute lauert, während die übrigen Feinde in kleinen Abtheilungen, theilweise schon in Schußnähe, aber immer noch durch schneebedeckte Felsstücke den Feinden verborgen, im Hinterhalt lagen. Hätten sie Feuerwaffen gehabt, die kleine Besatzung wäre der ersten Salve erlegen.

      Nahm er jetzt einen Anlauf, so konnte er sicher die casucha erreichen, ehe die mashorqueros im Stande waren ihn daran zu verhindern; aber wie dann, wenn ihn die Belagerten nicht hinanließen, vielleicht gar auf ihn feuerten? - „Pest und Tod!" murmelte er vor sich hin, „ich glaube die Bestien schössen auf ihren eigenen Bruder." - Im offenen Kampf mit ihnen war er der Gefahr aber noch weit mehr ausgesetzt, während seine Kehle juckte, wenn er nur an das Messer des blutdürstigen mashorqueros-Führers dachte. Er sah sich nach diesem um, und die ungeduldige, drohende Geberde desselben machte im Augenblick all' seinen Zweifeln ein Ende. Noch einmal das Terrain überschauend und mit den Augen messend, blieb ihm ein Raum von circa hundertzwanzig Fuß Breite, um zwischen der nächsten Abtheilung der Feinde zur Rechten und seinem jetzigen Tyrannen zur Linken durchzubrechen; die Entfernung bis zur casucha betrug überdies kaum mehr als dreihundert Schritt, und wenn ihn auch der Schnee im raschen Laufen hinderte, rechnete er doch im Anfang auf die Überraschung der im Hinterhalt Liegenden und später auf den Schutz, den ihm die Gewehre der Europäer bieten mußten. So also sich rasch und entschlossen auf den /104/ Kamm der Bank schwingend, hinter der vor er bis dahin recognoscirt hatte, floh er, hier von dem hartgefrorenen Schnee begünstigt, rasch über die Fläche hin. Wohl sah er, daß sich die Gewehre der Fremden, so wie er sich aus dem Schnee emporhob, gegen ihn wandten; aber nur ein flüchtiger Blick war es, den er dorthin warf, denn links von ihm sprang der mashorquero, jetzt ebenfalls jeden Versteck verschmähend, auf die Bank, und suchte augenscheinlich ihm den Weg abzuschneiden. Was half auch jetzt noch hinter dem Berg halten - ihr Hinterhalt war verrathen, und der mashorquero hätte in diesem Augenblick der Wuth und Rache sicherlich gern die Europäer entfliehen lassen, wäre ihm nur dadurch die Wiederergreifung des verrätherischen Peons gesichert gewesen.

      In tollkühnem Grimm jede andere Gefahr dabei hintansetzend, lief er deshalb dem flüchtigen Alten nach; das Terrain schien ihn auch zu begünstigen, denn jener gerieth in eine Schneewehe, durch die er sich nur weit langsamer Bahn brechen konnte. Ein Blick auf die casucha überzeugte ihn aber auch, daß er sich fast schon in Schußnähe befand, und dem Flüchtigen jetzt auf etwa dreißig Schritt nahe gekommen, riß er das Terzerol aus dem Gürtel, um auf ihn zu schießen. Da sprangen von drüben herüber die anderen Gauchos vor, und diesen nicht in die Hände zu laufen, mußte der Peon noch näher nach dem Führer der mashorqueros hinüberhalten. Dieser drückte die Waffe auf ihn ab, aber ohne Erfolg, und ingrimmig das Terzerol in den Schnee schleudernd, ergriff er den Lasso, den er lose in der linken Hand trug, und die Schlinge zweimal rasch um den Kopf schwingend, flog sie in furchtbarer Sicherheit über ihr Opfer.

      Felipe wäre verloren gewesen, hätte ihn der Schnee, der ihn am raschen Laufen hinderte, nicht auch eben wieder vor der gefährlicheren Lassoschlinge gerettet; denn kaum sah er die furchtbare Waffe, deren Sicherheit er nur zu gut aus eigener Erfahrung kannte, gegen sich gerichtet, als er auch blitzschnell in den hier weichen Schnee sank, und schon im nächsten Moment fühlte er, wie die drohende Schnur, durch den weichen Schnee emporgehalten, wie eine Schlange, aber harmlos, über /105/ ihn hinglitt. Die Gefahr war vorüber, und emporschnellend floh er der Hütte zu.

      Ellington und Don José standen dort Beide, die Gewehre im Anschlag, in der Thür, des sonderbaren Schauspiels Zeuge, und im Anfang in der That nicht sicher, ob das Ganze nicht eine schlau ausgesonnene Kriegslist sei, an sie heranzukommen. Das Abfeuern des Terzerols bestärkte sie darin fast noch mehr, denn an drei verschiedenen Stellen tauchten nach dem Schuß plötzlich dunkle, drohende Gestalten empor. Der Lassowurf schien aber wirklich ernst gemeint, und das bleiche, erregte Gesicht des Peons, der zu gleicher Zeit ängstliche Blicke nach dem entfernteren Theil ihrer eigenen Hütte warf, schien eher ihre Hülfe anzuflehen, als Verrath zu sinnen. Was konnte der einzige Unbewaffnete ihnen auch schaden? - Ungehindert ließen sie ihn deshalb heran, als ein Schuß, dicht neben ihnen abgefeuert, ja fast wie aus der Hütte selber kommend, sie auf's Neue erschreckte.

      In

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