Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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die, wie er recht gut wußte, einen irgend gegen ihn erhobenen Verdacht in diesem Augenblick nur vermehren mußte; er zeigte jedoch auf den sich jetzt wieder zurückziehenden Führer der mashorqueros und rief, kaum im Stande von der furchtbaren Anstrengung Luft zu schöpfen:

      „Dort - Den - macht Den unschädlich - es ist der Hauptmann der Henker - er kann Euch - er kann Euch nicht mehr entfliehen."

      „Wir dürfen die Hütte nicht verlassen!" rief warnend Don José, als er sah, daß Ellington unwillkürlich hinaussprang, um den gefährlichen Feind zu erreichen; aber seines Schwagers grenzenlose Wuth gegen die Helfershelfer und Henkersknechte seines grimmigsten Feindes ließ denselben im tollen Uebermuth der Gefahr trotzen.

      „Wir müssen Luft haben!" schrie er, indem er den Hahn der Büchse spannte und in's Freie sprang - „Pest und Blut über jene Schufte, und jetzt, da uns Gott sein Sonnen-/106/licht gesandt, mögen sie's wagen, unseren Büchsen entgegen zu treten!"

      Mit wenigen Sätzen den freien Plan vor der Hütte erreichend, von wo er das Thal überschauen konnte, sah er eben, kaum zwanzig Schritt von sich entfernt, die flüchtige Gestalt des jungen Spions. Hatte dieser doch gerade von der Hütte selber aus auf den Peon gefeuert, und jetzt floh er der Schlucht wieder zu. Fast unwillkürlich hob Ellington die Büchse, diesem den Todesboten nachzusenden; allein der Führer der Bande war edleres Wild. - Aber wo war der mashorquero geblieben? - wie in den Boden gesunken, schien er verschwunden. - Ellington sprang noch einige Schritte vor, und nicht viel Zeit hatte er zu verlieren, denn die Helfershelfer eilten von zwei verschiedenen Seiten herzu - da hob sich die dunkle Gestalt wieder aus dem Schnee heraus - die Schlinge wirbelte um seinen Kopf, und während der Engländer überrascht im Anschlag blieb, fühlte er sich plötzlich von einer unwiderstehlichen Gewalt gefaßt und zu Boden gerissen. Das Triumphgeschrei des Henkers tönte in sein Ohr, und das blanke, haarscharfe Messer in der Faust, stürmte dieser heran. Ellington wäre verloren gewesen, hätte Felipe nicht, wie er den mashorquero in den Schnee niederkauern sah, und leicht die Absicht desselben errieth, den jungen Spanier vermocht, dem Freund zu Hülfe zu eilen. - Fiel Ellington, das wußte er setzt recht gut, so war er selber verloren, und Don José, die Vertheidigung der Hütte so lange dem alten Herrn überlassend, kam mit der Doppelflinte eben noch zeitig genug, um das rechte Rohr auf den heranstürmenden Henker abzufeuern und sich dann rasch gegen zwei der anderen Feinde zu wenden, die indessen den Eingang der Hütte zu erreichen suchten.

      Hier aber empfing sie der Bleigruß des alten Briten, der trotz seiner vorgerückten Jahre die Tage in Moor und Haide noch lange nicht vergessen hatte und mit zwei wohl- gezielten Schüssen aus kaum fünfzehn Schritt Entfernung beide Henker zu Boden streckte.

      Es bedurfte keines weitern Schusses - wie ein Volk zerstreute Hühner stoben die übrigen der Verfolger, um der /107/ furchtbaren Wirkung der Feuerwaffen zu entgehen, nach allen Seiten auseinander. Ellington aber, der sich rasch wieder von der ersten Betäubung des Sturzes erholt und von dem Lasso befreit hatte, sah eben noch die Flucht der Feinde und den herbeieilenden Felipe, der, das in der casucha gefundene Messer seines früheren Kameraden in der Hand, jetzt ebenfalls herbeieilte und dem Engländer winkte, der Fährte des angeschossenen mashorquero nachzugehen. Am steilen Rand der Uferbank war dieser im Schnee verschwunden, aber das strömende Blut verrieth die Todeswunde des Unglücklichen, und als sie den Hang erreichten, von wo aus sie das ganze Thal übersehen konnten, taumelte der Henker seinem Grabe entgegen. Ellington hob noch einmal die Büchse, aber senkte sie wieder.

      „Schießt!" schrie der Peon, und ein wildes, unheimliches Feuer blitzte aus seinen Augen.

      Bei dem Klang des Wortes drehte sich der zum Tod getroffene Henker nach ihm um und that, die Hand krampfhaft auf die Wunde pressend, noch einen Schritt nach vorn - es war sein letzter - der Fuß glitt auf einem der Steine aus - er wollte sich halten, rechts von ihm wich der Schnee, eine steile Kluft hinab schmetterte er in die Tiefe, und in der nächsten Minute spielte die stürmische Fluth des Tucunjado mit der Leiche des Henkers.

      *

      Felipe war jetzt schlau genug, die Gefahr, in der er geschwebt, um seinen neuen Herren treu zu dienen, gegen die Flüchtigen herauszuheben, und da ihm nun selber der Rückzug abgeschnitten worden, führte er die kleine Schaar ihren mühseligen und auch gefährlichen Weg treulich durch den Schnee nach Chile hinüber. Wohl drohte ihnen noch ein grimmer Feind in aufsteigenden Wolken, die den Horizont umzogen und sich in dicken Schwaden über die Höhen legten, aber was ihren Pfad hier bedrohte, schützte sie auch auf der andern Seite wieder um so viel sicherer gegen jeden weitern Verfolger, von denen sich keiner in die Gebirge gewagt hätte, /108/ so lange solche Wolkennebel einen jener entsetzlichen Schneestürme befürchten ließen.

      Zwar mit Hunger und Kälte kämpfend, gewannen sie aber doch drei Tage nach den vorbeschriebenen Scenen die Schneegrenze Chiles - und Rosas' Arm reichte nicht so weit, sie hier mehr zu gefährden.

      Der todte Zimmermann

      I.

      Im Westen von Yorkshire, tief im Innern des Landes und von der großen Heerstraße selbst ziemlich abgelegen – denn Eisenbahnen gab es damals noch nicht in dem jetzt von ihnen nach allen Richtungen hin durchschnittenen England – lag ein altes, wohl nicht gerade schon verfallenes, jedoch baufällig genug aussehendes Gebäude. Vor der Reformation hatte es zu einem Kloster gedient, von den Rundköpfen aber genommen und eine Zeit lang zu einer Art Kaserne benutzt, war es später durch Kauf an eine alte katholische Familie übergegangen, die allerdings kein Kloster wieder daraus machen konnte und wollte, aber doch auch soviel als möglich das alte Schloß von den Entweihungen zu befreien suchte, die ein fanatischer Pöbel damals, in der festen Ueberzeugung, dem lieben Gott damit einen ungemein großen Gefallen zu thun, ausgeübt hatte.

      Die Klosterkirche oder Kapelle, von der die wüthenden Reformatoren wenig mehr als die Gewölbe hatten stehen lassen – und diese ebenfalls nur aus dem Grunde, weil sie sie nicht einreißen konnten -, wurde wieder so weit hergestellt, daß sie den Namen eines ‚anständigen Gotteshauses‘ verdiente – wie es die Pastoren und Priester gewöhnlich nennen, wenn die Kirche ländlich und die Pfarrwohnung behaglich eingerichtet ist. Die hohen gewölbten Fenster, aus denen die wilden Soldaten all‘ die zierlichen Steinhauereien, die gothischen Arabesken, Kreuze und Heiligenbilder, mit /112/ größter Sorgfalt herausgeschlagen hatten, wurden frisch, aber einfach umgemauert und mit neuen Fenstern versehen - die Zellen der Mönche dagegen, die eben den Haupttheil der Kaserne gebildet hatten, ließ der Eigenthümer niederreißen und den Platz zu Wirthschaftsgebäuden benutzen. Er war bis auf das Refectorium mit der innern Einrichtung fertig geworden, als er plötzlich starb und sein ganzes Vermögen und Grundeigenthum, was sich meist auf dies alte Kloster und die dazu gehörigen Ländereien beschränkte, seiner einzigen Erbin, einer Stiefschwester und alten Jungfer, hinterließ, die ihm bis dahin, mit Hülfe ihrer fast eben so alten Dienstmagd, die Wirthschaft geführt hatte.

      Diese verpachtete bald darauf das Gut an einen Fremden, einen Protestanten, der die Felder und sonstigen Wirthschaftsgebäude in vortrefflichen Stand brachte, sich aber dafür den Henker um die neu eingerichtete Kapelle kümmerte, und lieber zwei volle englische Meilen zu der dort errichteten protestantischen Kirche ritt, als daß er sich der kleinen Gemeinde in der alten Klosterkapelle angeschlossen hätte.

      Die Dienstleute, fast lauter Katholiken, die mit dem früheren Besitzer gekommen oder sich später, aus protestantischen Umgebungen, hierher gezogen hatten, schüttelten darüber freilich mit dem Kopf und meinten, der alte Herr müsse sich im Grabe umdrehen, wenn er sähe, wie all' seine Mühe und Arbeit nun so vergebens gewesen wäre und protestantische - und man könnte eben so gut sagen heidnische - Hände auf seinem Grund und Boden wirthschafteten. Die Schwester aber war ein viel zu vernünftiges Frauenzimmer, sich an solche Reden und Ideen zu kehren. Sie wußte recht gut, daß sie leben mußte, und da sie natürlich nicht selber mehr Landwirthschaft treiben und Felder bebauen konnte, so verstand es sich von selbst, daß sie einen Pächter

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