Jochen Kleppers Roman "Der Vater" über den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I - Teil 2. Jochen Klepper

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Jochen Kleppers Roman

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überkupferten Holzgerüst, weil die frisch aufgeschüttete Erde die steinernen Türme noch nicht zu tragen vermochte – wollte nicht enden; und nun sang auch das neue Glockenspiel der Soldatenkirche den Choral der vollen Mittagsstunde. Der König hatte es getreu den geliebten Erinnerungen seiner holländischen Jugendreisen gießen lassen, als sei der dunkle, ernste Ruf der schweren Glocken nicht genug zu Gottes Lob in der Mark Brandenburg, als müsse auch ein lichter, himmlischer Glockengesang über seine Völkerstadt hinschweben.

      Aller Augen waren auf das Glockenwerk im Turm gerichtet, bis der übermäßige Widerschein der Sonne in der goldenen Wetterfahne sie blendete. Ein Geflirr von Gold war um den bronzenen Adler des Königs, der zu einer strahlenreichen Sonne strebte, als frommes Hoheitsabzeichen des Königs von Preußen auf dem Turme des Soldatengotteshauses. Bald sollten es auch seine Regimenter, seine Ämter alle führen. Das Wort der Heiligen Schrift, das zu dem Hoheitszeichen gehörte, wusste nur König Friedrich Wilhelm selbst; darüber hat er sich mit keinem beredet: „Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler.“ Denn der stolze Sinnspruch, den er vor der Welt ausgab, genügte ihm nicht. „Non soli cedit – Er weicht der Sonne nicht.“ Immer brauchte er das Wort des Glaubens.

      Auch war kein Städtegründer vor Gottes dunklen, alten Domen zu hellen, neuen Kirchen geflüchtet, so wie der Preußenkönig einst aus Brandenburg gewichen war. Und keiner wartete wie er „auf eine Stadt, die einen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“.

      Alles war ihm Gleichnis und Verkündigung; auch die Umfahrt, die sie Korso nannten, war nur Zeugnis: „Es stehet herrlich und prächtig vor Ihm und gehet gewaltig und fröhlich zu an Seinem Ort. Bringet her dem Herrn, ihr Völker, bringet her dem Herrn Ehre und Macht!“

       Zum letzten Mal für diesen Sonntagmorgen hatten die Karren und Karossen den König umkreist. Nun hielt die Kalesche Ihrer Majestät dicht vor ihm. Er trat an den Schlag und sprach einige Worte mit ihr, er tat viel freundliche Fragen. Die Königin fand es sehr heiß.

      Der Herr ging auch zum Wagen der Kinder, hob seinen Hulla heraus, küsste und streichelte ihn und setzte ihn als Reiter aufs vorderste Kutschpferd, was den zarten Kleinen etwas ängstlich machte.

      Inzwischen war man allenthalben ausgestiegen. Kronprinz Friedrich, von der Mutter lächelnd beachtet, hielt im Schatten drüben Cercle mit den neuen Gesandten. Der Freiherr Präsident von Gundling, als prüfe er nochmals das Glockenspiel, sah blinzelnd zu der Kirchenwetterfahne auf, zu dem Adler, der sich in die Sonne aufschwang.

      Einer der Fremden, wie sie zahlreich von Berlin herübergekommen waren, wies unauffällig auf den Kronprinzen, den er nicht kannte, und fragte den Freiherrn von Gundling, weil er ihm am nächsten stand, sehr leise, wer dies wohl sei.

      „Die aufgehende Sonne des Brandenburgischen Hauses“, sagte Gundling, denn er blinzelte noch immer in all das glockenumsungene, goldene Flirren über dem Turm, auf den Adler und das reiche Strahlenbündel der Sonne. Und erst als der Fragende ihn höflich an seinen Irrtum gemahnte und bemerkte, er habe den jungen Herrn dort gemeint, den ernsten, schmalen, vornehmen Knaben, erklärte Gundling verbindlich, indem er seinen Staubmantel um Brust und Schultern drapierte wie für ein Pesnesches Gemälde:

      „Ah, wer dies ist, mein Herr? Der Neffe des Königs von England!“

      * * *

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