Das einfache Leben. Ernst Wiechert

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Das einfache Leben - Ernst Wiechert

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       Ernst Wiechert

       Das einfache Leben

       Roman

      Inhaltsverzeichnis

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       13

       14

       15

       Impressum

      Ein drittes Mal begegnete Yen-Hui Kung-Fu-Tse und sagte: »Ich komme weiter.«

       »Wie das?« fragte Kung-Fu-Tse.

      »Ich bin alles losgeworden«, antwortete Yen-Hui.

      »Alles losgeworden!« sagte Kung-Fu-Tse ergriffen.

      »Was meinst du damit?«

      »Ich habe mich von meinem Körper frei gemacht«, antwortete Yen-Hui. »Ich habe meine Gedanken entlassen. Da ich so Leibes und Geistes ledig wurde, bin ich eins mit dem Alldurchdringenden geworden. Das ist es, was ich damit meine, daß ich alles losgeworden bin.«

      Reden und Gleichnisse des Tschuang-Tse

      Nicht lange nach dem großen Kriege stand um die Abendzeit eines Vorfrühlingstages ein Mann an einem der Westfenster seines Hauses und hob, in Gedanken verloren, den Blick von einem alten und unansehnlichen Buch, das er in den Händen hielt. Der große Abendhimmel, wolkenlos und von fernen Feuern brennend, erfüllte durch das weite Fenster den ganzen Raum mit rötlichem Licht. Die farbigen Einbände in der Bücherwand glühten, die fremdartigen Waffen und Masken in einem seitlichen Schrank schimmerten in einem fast bösen Glanz, und der unter Qualm und Nebel feuernde Kreuzer auf dem einzigen Bilde an der Wand schien, so beglänzt, geradeswegs in den flammenden Abgrund einer Götterdämmerung hineinzustürmen.

      Aber das verzauberndste Licht sammelte sich auf der gewölbten Fläche des riesigen Globus, der auf einem schwarzen Sockel frei vor der Mitte der Bücherreihen stand. Seine Gebirge waren mit braunen Erhebungen angedeutet, seine Ebenen wie Wiesen getönt, von dem Netzwerk der Ströme durchflochten, und seine blauen Meere schimmerten nun purpurn im Abendlicht.

      Die Blicke des Mannes, vom Lichte gelöst, wendeten sich dem bestrahlten Abbild der Erdkugel zu, wo die kleinen Inselgruppen wie Perlen im Indischen Ozean schwammen und der Pik von Colombo einen spitzen Schatten über die Flut zu werfen schien. Die Küsten der Meere waren mit einem feinen Glutstrich gegen die Festländer abgesetzt, und jenseits des Himalaja, auf den gelben tibetanischen Ländern, schien schon eine schweigende Dämmerung auf fremde Sternbilder zu warten.

      Lange blieb der Mann in dieses Bild versunken, bis es unter grünlichen und grauen Schatten immer matter wurde, die Küsten verschwammen, die Täler sich verdunkelten und es zu einer blassen Scheibe erlosch, einem fernen Gestirne gleich im Raume schwebend.

      Nun, in der wachsenden Stille des Abends, hob das Brausen der abseitigen Hauptstadt sich über die Gärten der Vorstädte und stand wie der Ton ferner Brandung, unmerklich steigend und fallend, über der Dämmerung. In den lichtgrün verblaßten Himmel ragten die Stämme der Kiefern, schwarz und unbewegt, über einer fernen Straße schimmerten weiße Lampen auf, schnell und nacheinander, und wer lange auf dem Meere gelebt hatte, mochte nun bei halbgeschlossenen Augen leicht sich einbilden, wieder auf einer Brücke zu stehen oder hinter den Fenstern der Kajüte, das leise Brausen des Schiffes im Ohr, indes die Lichter des Landes sich fern und lautlos verschoben, zurückglitten und erstarben, hinabgetaucht hinter die Krümmung der Erde, und das Unbefahrene vor dem Bug sich nun beherrschend erhob.

      Im letzten Licht nahm der Mann noch einmal das Buch vor die Augen, als wollte er sich einer bestimmten Stelle vergewissern, daß sie auch noch dastehe, nicht mitgelöscht von der Dämmerung der Welt. Dann ließ er es sinken und blickte hinaus, die linke Schläfe an den Vorhang des Fensters gelegt. Sein Gesicht über dem dunklen Rock empfing nun das letzte Abendlicht. Schatten sammelten sich unter der Stirn und in den tiefen Falten, die von den Nasenflügeln zum Munde liefen, und so war das Gesicht nun nicht unähnlich einem verkleinerten und verschmälerten Abbilde jener Erde, die vor den Bücherreihen schwebte, deren Täler im Schatten verdunkelten und deren Umrisse sich verloren, so daß nur ein matter Schein an der Stelle des Gegenständlichen blieb.

      Später, als die Tür sich plötzlich öffnete und das Licht des Flures fast grausam in den schweigenden Raum hineinbrach, ließ der Mann sich Zeit, das Gesicht nach der im Türrahmen Stehenden zu wenden, und bevor er sie erblickte, traten zuerst die wenigen nun erhellten Dinge des Raumes in sein Bewußtsein: das Bild des Kreuzers an der Wand, der nun, wie im Licht eines Scheinwerfers, immer noch aus den Panzertürmen seine düsterroten Salven schoß, eine schmale Büchersäule, die scharf begrenzte Bahn eines roten Teppichs und eine schmale Kante des Globus, die wie eine Sichel leuchtete.

      Dann erst sah er die Frau, die im Abendkleid auf der Schwelle stand und den bloßen Arm nach dem Lichtschalter ausstreckte. »Laß das!« sagte er scharf.

      Sie hielt in der Bewegung inne, ohne den Arm sinken zu lassen, und auch wenn sie nicht im Licht gestanden hätte, würde er gewußt haben, daß sie lächelte, nicht ohne Spott, aber auch nicht ohne Schonung.

      »Träumt man wieder?« fragte sie.

      »›Man‹ hat gelesen«, erwiderte er, trat an den Schreibtisch und legte das geöffnete Buch sorgfältig auf die leere Platte. »In einem Psalm, in dem man seit der Konfirmation nicht mehr gelesen hatte, und dort hat man den Vers gefunden: ›Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz.‹ Darüber hat man nachgedacht.«

      »Helden

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