Veyron Swift und der Orden der Medusa. Tobias Fischer

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Veyron Swift und der Orden der Medusa - Tobias Fischer Veyron Swift

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er etwas sagen, als das Klingeln der Haustür ihn aus der Zornesstarre riss. Vielleicht war es Vanessa, die kam um sich zu entschuldigen?

      Ohne auf Veyrons Reaktion zu warten, stürmte er zur Haustür und riss sie auf. Seine Aufregung schlug sofort in Enttäuschung und schließlich Überraschung um. Mehrere Leute standen vor der Tür: ein hagerer Priester mit schlohweißem Scheitel, ein rundlicher, gemütlich dreinschauender Inspektor von der Polizei und zwei uniformierte Constables. Unten auf der Straße standen zwei Dienstfahrzeuge. Tom seufzte enttäuscht. Vanessa hatte ihre Chance vertan. Was jetzt kommen würde, war Arbeit für Veyron – vielleicht auch ein wenig Ärger. Insgeheim hoffte er vor allem auf Letzteres.

      Der Inspektor hob seine Dienstmarke und stellte sich als John Moore vor.

      »Dürfen wir hereinkommen?«

      Tom bedeutete den Herren einzutreten, doch nur der Inspektor und der Priester kamen ins Haus. Die Constables blieben draußen. Tom warf ihnen einen neugierigen Blick zu. Er erkannte, dass noch jemand in einem der Autos saß. Wegen der abgedunkelten Scheiben konnte er jedoch nicht mehr erkennen. Er schloss die Tür und brachte die beiden ins Wohnzimmer, wo Veyron Swift schon auf sie wartete. Er lümmelte immer noch im Sessel, hatte die Fingerspitzen aneinander gepresst und die Augen geschlossen.

      »Kommen Sie herein, Gentlemen. Ich habe Sie bereits erwartet. Unser Telefonat heute Morgen verhieß ja eine spannende Geschichte. Also bitte, setzen Sie sich und schildern Sie mir Ihr Problem ohne Zögern, oder Zurückhaltung. Zeit ist kostbar und ich will so wenig wie möglich davon verlieren. Lassen Sie kein Detail aus, alles ist wichtig, selbst die allerkleinste Kleinigkeit«, begrüßte er seine Gäste, indem er auf die gegenüberliegende Couch deutete.

      Die Federn quietschten, als die beiden Männer in die plüschigen Polster einsanken. Sie legten offenbar Wert darauf, möglichst großen Abstand zu Veyron zu wahren. Zumindest schlussfolgerte Tom das aus dem Zucken ihrer Nasenflügel.

      »Ich bin Inspektor Moore, das ist Pater Thomas Felton, wir kommen in einer sehr… nun, in einer vielleicht etwas seltsamen… eigentlich ist es mir schon fast peinlich, aber mein Kollege, Bill Gregson… er meinte, ich solle mich an Sie wenden. Er kennt Sie recht gut… hat ja schon ein paar Mal mit Ihnen zusammengearbeitet und deshalb …«, stammelte der Inspektor herum. Er machte einen verlegenen, fast schon beschämten Eindruck. In Pater Feltons Gesicht konnte man ähnliche Empfindungen lesen. Tom spürte förmlich, wie unangenehm ihnen das alles war. Schließlich traf ihn der Blick aus den kleinen runden Augen des Inspektors.

      »Vielleicht sollte der Junge lieber rausgehen«, meinte Moore.

      Veyron riss die Augen auf und lehnte das mit kraftvoller und entschiedener Stimme ab.

      »Tom Packard ist mein persönlicher Assistent. Sie können vor ihm so frei reden wie vor mir, sofern Sie überhaupt dazu in der Lage sind, Mr. Moore. Falls ja, würde ich es sehr begrüßen, wenn Sie mir endlich erzählen, was Sie hierher geführt hat.«

      Moore atmete kurz tief durch, und warf einen forschenden Blick durch die altmodische Wohnzimmereinrichtung, dann begann er, von Neuem zu erzählen.

      »Also, Gregson und ich, wir sind alte Freunde. Wir haben uns auf einem Fortbildungskurs kennengelernt. Ich hatte mal mit der Überlegung gespielt, zum CID zu wechseln, aber es dann doch sein lassen. Die harten Sachen, die sind nichts für mich. Ständig Mord und überall Leichen. Mir reichen die kleinen Einbrüche, die Ehedramen und die verwahrlosten Kinder zur Genüge. Aber dieser eine Fall, nun, der lässt mich einfach nicht mehr los. So etwas Ergreifendes und zugleich Bedrückendes habe ich noch nie erlebt. Ich meine, ich bin vollkommen hilflos. Wir, das heißt der Pater und ich, wir wissen uns einfach keinen Rat mehr. Natürlich wäre eine Nervenklinik eine Möglichkeit, aber das würde mir das Herz zerreißen. Dieses arme Mädchen, vermutlich von irgendeiner Anstalt geflohen. Jetzt weiß sie nicht mehr, wie sie zurückkehren soll. Sie hat überhaupt keine Ahnung wo sie ist, oder woher sie kam. Sie wartet unten im Wagen. Pater Felton kümmert sich um sie, darum habe ich ihn mitgebracht.«

      Veyron schnaubte ungehalten und brachte Moore mit einer Geste zum Schweigen.

      »Hören Sie mit diesem zusammenhangslosen Gequatsche auf, Moore! Erstatten Sie mir einen präzisen Bericht, bitte ohne Sentimentalitäten, wie Sie es gegenüber Ihrem Chefinspektor auch täten.«

      Tom biss sich auf die Lippe. Es war Moore anzusehen, dass er die Zurechtweisungen Veyrons nicht mehr lange hinnehmen würde.

      »Wie Sie meinen«, entgegnete der Inspektor, jetzt schon deutlich unfreundlicher im Ton. Pater Felton rutschte verlegen von einer Gesäßhälfte auf die andere.

      »Vor zwei Wochen wurde eine junge Frau ins örtliche Krankenhaus gebracht. Es war draußen auf der Smalton Road, bei Congleton, wo diese durch ein Waldstück führt. Die junge Frau, sie nennt sich Julia - vermutlich osteuropäisch, so wie sie ihren Namen ausspricht – Iulia – ist aus diesem Wald aufgetaucht und einfach auf die Straße gerannt. Das war mitten in der Nacht, so gegen elf Uhr. Unglücklicher Weise war zum gleichen Zeitpunkt Roger Wetherlay mit seinem Auto unterwegs. Er hat sie noch rechtzeitig gesehen und eine Vollbremsung hingelegt, aber sie dennoch erwischt und sich eine Beule im Kotflügel eingefangen. Sie hat kurz nach dem Zusammenstoß das Bewusstsein verloren. Nachdem Wetherlay sofort den Rettungsdienst und die Polizei alarmiert hatte, wurde die junge Frau ins örtliche Krankenhaus gebracht und behandelt. Zum Glück nur ein paar Prellungen, nichts Ernstes«, berichtete Moore, nicht zur Gänze Veyrons Bitte entsprechend. Er wischte sich mit einem Taschentuch die schweißglänzende Stirn ab und fuhr dann fort.

      »Wetherlay war vorbildlich langsam unterwegs, hat in allen Belangen richtig reagiert und die Unfallstelle ist aufgrund des dichten Strauchbewuchses am Straßenrand auch sehr unübersichtlich. Zudem war er sehr rührig und ehrlich betroffen. Es gibt für mich keinen Grund, gegen den armen Mann Anzeige zu erstatten.«

      Veyron zuckte nur mit den Schultern. »Das ist alles ziemlich uninteressant und belanglos«, sagte er. »Warum sind Sie nun eigentlich hier? Der Weg von Congleton nach London ist ja kein Katzensprung und die Preise im Starrington Panorama Hotel sind nicht gerade billig.«

      Moore schnappte überrascht nach Luft. »Wie können Sie wissen, dass wir dort unsere Zimmer haben?«, fragte er.

      Veyron gestattete sich für einen Sekundenbruchteil ein triumphierendes Lächeln. »Ihr Taschentuch ist mit dem Logo der Starrington Panorama-Kette bedruckt. Da Sie durchgehend schwitzen – selbst jetzt – liegt es auf der Hand, dass Sie einen enormen Taschentuschverschleiß haben. Folglich kann das aktuelle Tuch nur aus dem Starrington Panorama London kommen, da es nirgendwo zwischen London und Edinburgh ein anderes Starrington Panorama gibt. Sie haben Ihren letzten Urlaub, der erst kurz zurückliegt, allerdings nicht in Schottland verbracht, sondern im Süden, Spanien oder Portugal würde ich sagen. Das erkenne ich an der Bräunung Ihrer Haut, besonders stark im Gesicht und im Nacken. Folglich bleibt nur das Hotel in London übrig.«

      Moore warf einen fast schon schockierten Blick auf das Taschentuch und steckte es rasch in die Hosentasche. Er brauchte einen Moment, um den Faden wieder aufzunehmen.

      »Das ist ja erstaunlich, nein wirklich. Echt erstaunlich. Nun ja, der Fall ist eigentlich dieser: Die junge Frau redet nur wirres Zeug. Sie fantasiert die ganze Zeit. Offenbar liegt dem ein schweres Trauma zugrunde. Darum hat das Krankenhaus Pater Felton hinzugezogen. Er arbeitet dort als Seelsorger.«

      Nun ergriff der weißhaarige Pater das Wort.

      »Auch ich konnte der jungen Frau nicht weiterhelfen. Wir wissen nicht, woher sie kommt. Sie ist furchtbar aufgeregt, hat fast vor allem Angst, selbst vor Straßenlaternen oder Fahrrädern. Sie hat sich vor den Ärzten auf den Boden geworfen,

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