Codename Travertin. T.D. Amrein
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Die Prints auf einer Sache, die allgemein interessierte. Kein Mord. Das würde zu schnell auffliegen. Aber Kunstwerke oder illegal gehandelte Altertümer zum Beispiel, die schafften es auch in die Nachrichten. Und das waren Dinge, die nicht jeder einfach so anfassen durfte, wie ein Taxi oder eine Banknote.
Er würde mit Fleischer darüber sprechen. Vermutlich blieb dies das Einzige, was er selbst beitragen konnte. Wenn ihm nicht ein plötzlicher Geistesblitz weiterhalf.
Gerteis ärgerte sich nicht nur über seine eigene Ohnmacht. Schmerzlich wurde ihm auch bewusst, wie sehr er schon zum alten Eisen gehörte. Ein nutzloser Esser, so hatte ihn sein Vater als Junge oft bezeichnet. Sollte der Alte so spät noch Recht bekommen? Möglicherweise hatte der damals die gleiche Erfahrung gemacht, die er selbst gerade erlebte. Und hatte mit diesem Spruch einfach von sich ablenken wollen?
Aber als zweifacher Kriegsheld hatte sein Vater das eigentlich nicht nötig gehabt. Der hatte gewusst, wozu er gelebt hatte. Völlig unvorstellbar, dass sich der Alte mit Dingen wie Sinn oder Unsinn des Krieges beschäftigt hatte. Pflicht und Gehorsam! Das zählte. Die guten alten Werte.
An denen er selbst jedoch gescheitert war. Hatte er denn eine Wahl gehabt?
„Verdammt!“, schalt er sich selbst. Das alles lag längst hinter ihm. Er hatte sich längst damit abgefunden, dass von ihm keine Spur mehr bleiben würde, sobald sich der Deckel seines letzten Möbels über ihm geschlossen hatte.
***
Franks Hände hatten sich soweit erholt, dass er seit ein paar Tagen wieder mit dem Suchgerät durch die Gegend streifen konnte. In einer anderen Ecke, die ihm der Denkmalpfleger, der offenbar gierig auf neues Material wartete, empfohlen hatte. Die Schwierigkeit bestand hier weniger darin, die Sachen zu finden, sondern darin, sie unbeobachtet aus der Erde zu bekommen. Frank nutzte deshalb die Morgendämmerung, um zu graben. Und den Tag, um zu suchen. Mit unauffälligen Zeichen wie einem geknickten kleinen Ast oder ähnlichen Dingen markierte er Plätze, die durch ein deutliches Signal der Sonde als mögliche Fundstellen in Frage kamen.
In dem lichten Wäldchen, das ihm der Denkmalheini empfohlen hatte, vermutete dieser einige unberührte Keltengräber. Allerdings sollte Frank, falls er darauf stieß, keinesfalls allein versuchen, die Gegenstände zu bergen. Stattdessen sollte er sich die Stelle merken, damit sie zusammen mit einigen zuverlässigen Jungs den kompletten Schatz in einer Nacht rausholen konnten.
Franks Aufmerksamkeit und die Interpretation der Sonden-Signale hatten sich durch die Übung weiter geschärft. Die Signale ergaben ein ähnliches Muster, wie es bei Skeletten mit Beigaben zu erwarten war. Oben zum Beispiel ein Halsreif, links und rechts die Waffen oder Armschmuck, im Fußbereich Behälter aus Metall oder weitere Preziosen. Abstände und Liegerichtung zeigten sich auffallend regelmäßig. Selbst ohne große Kenntnisse der Materie wäre jedem Schatzsucher klar, dass es sich hier zu graben lohnte.
Mindestens seit zwei Stunden hatte Frank niemanden in der Nähe gesehen, also überlegte er, ob er sich über die Anweisung hinwegsetzen konnte oder nicht. Die unglaubliche Neugier zu zügeln, die ihn erfasst hatte, schien fast unmöglich. Wenigstens eine kleine Sondierung! Nur, um sicher zu gehen, natürlich. Das schien ihm vertretbar. An der Stelle, an der er einen Halsreif vermutete, stach er eine Scholle aus der Erde und legte sie vorsichtig ab, um sie genau gleich wieder einsetzen zu können. Die wenigen Bäumchen und Sträucher hinterließen nicht genug Laub, um den Boden vollständig zu bedecken. Einige Kräuter, die Frank nicht kannte, wuchsen verstreut zwischen Pilzen und winzigen Nadelbäumchen. Trotzdem zeigte sich der Boden von Wurzeln durchsetzt, was leichtes Graben unmöglich machte.
Frank kratzte mit der Klinge seines Jagdmessers, das er sich kürzlich zu diesem Zweck zugelegt hatte, die Erde zwischen den Wurzeln hervor, um wenigstens noch eine Handbreit tiefer zu kommen. Der Denkmalpfleger hatte ihm erzählt, dass die Skelette oftmals fast direkt unter der Oberfläche lagen, in Tiefen von zehn bis zwanzig Zentimetern. Natürlich fand sich genau an dieser Stelle ein Stein zwischen den Wurzeln. Bei seinem Glück wohl unvermeidlich. Frank fluchte leise. Den Stein würde er auf jeden Fall noch schaffen, selbst wenn er damit die Klinge völlig ruinierte.
Überraschenderweise konnte Frank den ganzen Tag weitergraben, ohne gestört zu werden. Mehrere Objekte lagerten inzwischen in seinem Rucksack. Ein schöner Halsreif, zwei Dolche oder auf jeden Fall Klingen, die sich nicht so besonders gehalten hatten, sowie einige Klumpen, die anhand der Grünverfärbung auf Kupfer schließen ließen.
Völlig erschöpft, jedoch hochzufrieden, ließ Frank endlich ab. Die Fundstelle hatte er soweit präpariert, dass es kaum auffallen würde, dass hier jemand gegraben hatte.
Der Denkmalpfleger würde Augen machen, wenn er ihm die Fundstücke vorlegte. Eigentlich hatten sie ausgemacht, dass er ihm einzelne Funde ganz einfach per Post zuschicken konnte. Ohne Absender natürlich und an seine Privatadresse. Das vermied auf jeden Fall, mit Artefakten unterwegs oder bei einer Übergabe erwischt zu werden. Die Idee dazu stammte aus der Erfahrung des Denkmalpflegers. Es kam ab und zu vor, dass er auf diesem Weg Funde erhielt, die wahrscheinlich von Schatzsuchern stammten, die ein schlechtes Gewissen plagte.
Jedoch bei der Größe und Menge von Franks Funden bliebe auch diese Methode nicht mehr unauffällig. Dafür wandelte sich Franks Position damit vom ahnungslosen Helfer zum erfolgreichen Finder.
Und ganz nebenbei machte diese Arbeit auch noch richtig Spaß. Eigentlich konnte Frank sich gut vorstellen, in Zukunft nur noch Schätze auszugraben. Besser, als auf einer Baustelle zu malochen, wäre es allemal.
***
Frank rief den Denkmalpfleger zu Hause an. Der bestellte Frank auf den „Platz“, um das Vorgehen zu besprechen, wie er es ausdrückte. Weder Lob noch Tadel. Frank führte es auf die alte Regel zurück, am Telefon nichts Verdächtiges zu sagen.
So war er bester Laune, als er sich auf das „geliehene“ Fahrrad schwang. Der Treffpunkt, wieder der Rastplatz an der Landstraße, lag nur wenige Kilometer entfernt.
Die neue Entwicklung musste auch für den Beamten ideal sein. Je mehr Frank allein erledigte, desto weniger riskierte der Denkmalheini selbst, ohne dabei entbehrlich zu werden.
Also kein Grund für Misstrauen oder die Befürchtung, dass Frank ihm das Geschäft aus der Hand nehmen wollte.
Der Platz, eher an einer Stelle gelegen, an der kaum jemand rasten mochte, lag abgesehen von einigen hektischen Vögeln in gewohnter Ruhe da. Frank hielt sie für Spatzen oder Meisen, die sich um die Früchte eines Busches stritten. Er schob das Rad ins Gebüsch und verschwand selbst hinter einer dicken Zitterpappel. Heute kam er eindeutig zu früh. Die Reserve, die er eingerechnet hatte, erwies sich als zu lang für seine inzwischen beachtliche Kondition auf dem Rad. Sitzend lehnte er sich an den Stamm. Mit geschlossenen Augen genoss er den leichten Windhauch, der ihn umschmeichelte. Trotz der lauten Vogelbande, die sich nur kurz hatte aufscheuchen lassen, schlief er einfach ein.
***
Das hässliche Geräusch durchdrehender Reifen riss ihn aus dem Schlummer. Mühsam rappelte er sich auf und kroch aus der Deckung. Einen dunklen Wagen, der sich schnell entfernte, konnte er gerade noch erkennen.
Egal. Auf jeden Fall hatte der ihn noch rechtzeitig geweckt, bevor der Denkmalheini auftauchte. Ein Blick auf die Uhr ließ Frank stutzen. Er hatte mehr als eine halbe Stunde geschlafen. Der Typ sollte doch längst hier sein?
Oder hatten die noch rasch ein Geschäft abgewickelt, während der Geschäftspartner hinter einem Baum