Interstate. Robert Lang
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Sie hatten trotz ihrer Müdigkeit lachen müssen, aber die Frau freundlich aufgeklärt, bevor die Situation peinlich werden konnte.
„Tut mir leid, Leute“, sagte die Kellnerin. „Ich bin einundfünfzig Jahre alt und noch nie weiter hier rausgekommen als bis Laramie. Und auch das nur, weil meine Schwester dorthin geheiratet hat.“
„Dann steht es 1:0 für Sie – Sie kennen sicher jeden Stein in dieser Gegend, oder?“ Sie errötete aus irgendeinem Grund und räumte rasch die Teller ab. Cord hinterließ ein großzügiges Trinkgeld auf dem Tisch und bezahlte die Rechnung an der Kasse neben dem Eingang.
Norwegen - gestern war er Schwede gewesen, und an vorgestern konnte er sich kaum mehr erinnern. Er sollte sich bald für eine dauerhaftere Identität entscheiden, denn die ständig neuen Lügen wurden anstrengend, und irgendwann würde er einen Fehler machen, sich in Widersprüche verheddern und damit den unsichtbaren Feind hinter ihnen erneut auf ihre Fährte lenken. Obwohl sich in seinem Aktenkoffer drei ziemlich echte Reisepässe befanden, scheute er davor zurück, mit ihnen hausieren zu gehen. Was er nicht vorzeigte, konnte auch von niemandem als falsch entlarvt werden.
Ja, dieser Kerl kam mir sofort komisch vor, der konnte kaum sein Jackett anziehen, so, als hätte er ein Problem mit seiner Schulter; behauptete, er sei ein norwegischer Journalist. Schaute sich ständig um, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Das muss Ihr Mann gewesen sein. Das war kein Skandinavier. Ja, Sie sagen es, meine Herren, Deutscher, das würde ich auch meinen!
Er glaubte nicht, dass seine Verfolger hier auftauchen und den alten Tankstellenpächter von Chugwater ins Kreuzverhör nehmen würden, allerdings war er sich einer Vielzahl von Dingen, die er noch vor ein paar Wochen als selbstverständlich betrachtet hatte, heute nicht mehr sicher. Es war zu viel geschehen.
Cord Hennings ging zum Heck des Wagens, öffnete die Klappe und legte das Bier und den Campari in den Kofferraum, wobei ihn seine Schulterwunde (die zumindest war echt, echter, als ihm lieb sein konnte) schmerzhaft daran erinnerte, dass er alles andere als in guter Verfassung war, und dass er dringend eine längere Pause benötigte, um gesund zu werden und wieder zu Kräften zu kommen.
„Ich habe mal ein wenig zu diesem Nest recherchiert“, sagte Lisa, während sie ihr Handy ausschaltete und in ihre Umhängetasche steckte. „Es hat nach der letzten Zählung zweihundertzwölf Einwohner, davon sind nullkommafünf Prozent Schwarze. Was zum Teufel ist ein halbes Prozent Afroamerikaner von zweihundertzwölf?“ Sie kicherte.
„Das halbe Prozent hat mir gerade Getränke verkauft und liest Abenteuerromane“, sagte er und brachte sie damit zum Lachen. Sie lachten viel zu selten. Die ganze Fahrt über hatte sie ihn immer wieder sorgenvoll von der Seite angeblickt, so als zweifelte sie daran, dass er durchhalten würde. „Du hättest mich in den Laden gehen lassen sollen. Du kannst ja kaum mehr stehen.“
Auf dem Weg zurück zum Motel passierten sie einen Streifenwagen, der aufgebockt in der Ausfahrt einer Feuerwache stand. Ihm fehlte das rechte Vorderrad, ein Cop war nirgends zu sehen. „Eine gute Gelegenheit für Bankräuber“, frotzelte Lisa. „Und für Brandstifter“, sagte er.
Sie parkten rückwärts vor ihrem Zimmer ein und Lisa zog los, um die fertige Wäsche aus der Maschine zu nehmen und den Trockner anzuwerfen, während er das Zimmer aufschloss und die mitgebrachten Getränke in den Kühlschrank stellte.
Sie hatten beide – aus unterschiedlichen Gründen - kaum Zeit gehabt, vernünftig für eine längere Reise zu packen, und deshalb galt es, alle paar Tage für frische Wäsche zu sorgen.
Cord streifte seine Schuhe ab, ließ sich auf das große Doppelbett fallen, schaltete mit der billigen Fernbedienung den Fernseher ein und zündete sich eine Zigarette an. Da sie beide rauchten und nirgends ein Verbotsschild hing, war das wohl unproblematisch.
Er war schon einmal in diesem Städtchen gewesen, fast fünfzehn Jahre musste das her sein, und er war mit seiner damaligen Partnerin hier gestrandet, auf dem Weg vom Devils Tower hinunter in den Süden. Er konnte sich nur deshalb noch daran erinnern, weil es der Tag gewesen war, an dem Hurrikan Katrina in New Orleans angelandet war, ein paar Dämme gebrochen waren und gigantische Fluten einen großen Teil der Stadt unter Wasser gesetzt hatten. Er hatte damals den Fernseher laufen gehabt, und mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination die Nachrichten aus Louisiana und anderen betroffenen Gegenden der Golfküste verfolgt.
Später, als sie wieder auf der Straße waren, begegneten ihnen auf Schritt und Tritt Menschen, die dort unten ihr Haus verloren hatten, und die alles, was ihnen geblieben war, auf dem Dach ihres Autos festgezurrt hatten. Beinahe jeder von ihnen stand vor dem Nichts.
Er wusste nicht, ob es richtig war, dass er seine Begleiterin immer tiefer in seine Angelegenheiten hineinzog. In New Orleans hatte es sich richtig angefühlt, aber spätestens seit einer Schießerei auf einem Parkplatz in Texas, bei der sie beide hätten draufgehen können, war er nicht mehr sicher, was sie betraf.
Sie hatten vor einigen Tagen, noch unten in Louisiana, einen vagen Deal abgeschlossen: Er nahm sie mit, egal wohin, Hauptsache so weit weg wie möglich von einem sadistischen Ehemann, der eitel genug sein würde, sie im ganzen Land zu suchen wie einen entlaufenen Hund.
Dafür half sie ihm in Angelegenheiten, bei denen er nur ungern selbst auftrat. Er konnte sie zur Bank schicken, wenn sie Bargeld brauchten. Sie ging zur Apotheke, um Medikamente zu besorgen, und ab und zu erledigte sie Telefonate für ihn. Sie verband seine Schusswunde alle paar Stunden neu – und, sie schlief mit ihm, was aber nicht zu dem Deal gehörte. Jedenfalls hoffte er das.
Sie war hart im Nehmen, das hatte sich schnell gezeigt, als sie unter Druck gerieten, und es hatte ihm einiges über sie und ihre Vergangenheit erzählt. Vielleicht war sie härter als er selbst es war.
Und just in der Sekunde, in der er das dachte, kam sie heftig atmend und kreidebleich ins Zimmer und ließ sich auf einen Stuhl vor dem Fernseher fallen.
„Was ist los? Hast du ein Gespenst gesehen?“
„Etwas, das dem nahekommt“, antwortete sie, immer noch aus der Puste. „Ich habe einen Anfall von Platzangst bekommen. Die Waschmaschine und der Trockner stehen in einem winzigen Verschlag, in dem man sich kaum um sich selbst drehen kann. Ich hasse so etwas. Und dann kam auch noch die Besitzerin herein, und da wurde es mir zu viel. Albern, oder?“
„Nein, das ist überhaupt nicht albern. Wenn der Trockner fertig ist, bleibst du hier und ich hole stattdessen die Wäsche.“
„Danke! Er müsste in einer halben Stunde soweit sein. Und jetzt brauche ich erstmal einen kräftigen Drink.“
2 Manassas, Virginia
„Verdammt, ich brauche das Geld jetzt! Genauer gesagt, morgen Abend um einundzwanzig Uhr!“
Er stieß ein paar wilde Verwünschungen aus, während er seine sorgfältig manikürte Hand zu einer lächerlich kleinen Faust ballte.
Sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung wartete geduldig, bis er sich wieder in der Gewalt hatte.
„Hat er dich wieder an den Eiern? Klar, das hat er, warum frage ich überhaupt? Wieviel ist es diesmal?“
„Fünfzigtausend, Übergabe morgen Abend, diesmal in einem Parkhaus in der Nähe des Logan Circle. Das alte Spiel – er ruft mich an, bevor ich das Parkhaus betrete, er gibt mir ein Signal, dann lege ich die Tasche mit dem Geld