Die erfundene Armut. Alex Bergstedt

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Die erfundene Armut - Alex Bergstedt

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als arm gilt, bräuchte er nur in einen armen Nachbarort ziehen, und schon wäre er wie durch Zauberhand reich.

      Nimmt man hingegen radikal die ganze Welt als Bezug, wären alle Deutschen steinreich, selbst wenn sie mit 500 Euro im Monat auskommen müssten.

      Man muss aber dann natürlich sehen, dass die Lebenshaltungskosten in Deutschland hoch sind, so dass man mit 500 Euro nicht weit kommen kann, während etwa in Kuba viele Dinge billig sind und jemand mit 500 Euro im Monat Rente dort als reicher Ausländer leben könnte.

      Sollte man dann als Kompromiss das Land zur Bezugsgröße wählen? Zunächst einmal wäre die Frage: Was ist das Land? Das Bundesland oder der Staat?

      Innerhalb eines Staates und sogar eines Bundeslandes kann das Einkommen aber sehr variieren. In Brasilien, zum Beispiel, gibt es sehr arme Gegenden, in denen man mit 300 Euro Monatseinkommen bequem leben kann. Auf der anderen Seite gibt es die Hauptstadt Brasilia, in der alle Gehälter vielfach höher als anderswo sind, aber auch die Mieten an europäische Großstädte erinnern, so dass man selbst mit 1000 Euro nicht weit kommt. Würde man das ganze Land Brasilien zur Bemessungsgröße machen, wären fast alle Einwohner Brasilias reich, selbst wenn manche kaum über die Runden kommen. Wer in Brasilia arm ist, könnte in den anderen Landesteilen als reich gelten, sofern er dort dasselbe Einkommen erzielen würde.

      Solche Unterschiede gibt es sogar auch innerhalb einer einzigen Stadt. Viele Städte haben luxuriöse Viertel für Reiche und Slums für Arme. Selbst in Deutschland gibt es arme und reiche Stadtviertel.

      So kann ein junger Rechtsanwalt während der Ausbildung und am Anfang seiner Karriere vielleicht nur in einer Sozialwohnung in einer preisgünstigen Wohngegend seiner Stadt wohnen. Mit der Zeit verbessert sich sein Einkommen, und er gehört bald zu den Reichen in seinem Stadtteil. Eines Tages sterben seine Eltern, angesehene Richter, und der Mann erbt die elterliche Villa in einer vornehmen Wohngegend. Wie groß ist aber seine Enttäuschung, als er feststellen muss, dass die Villen in seiner Straße und Gegend fast alle von Unternehmern bewohnt werden, die weitaus mehr verdienen als er, so dass er sich nun wohl als arm ansehen muss.

      Ohnehin müsste man auch definieren, ob die Meldeadresse oder der tatsächliche Aufenthalt zur Berechnung der Armut gelten soll. Wenn jemand in einem relativ armen brandenburger Dorf gemeldet ist, aber zwecks Studiums in Berlin wohnt und 2000 Euro monatlich zur Verfügung hat, ist er dann arm oder reich oder beides zugleich?

      Man sieht, egal ob man eine Straße, ein Stadtviertel, eine Stadt, das Bundesland, den Staat oder die ganze Welt zur Bemessungsgrundlage macht, immer kann es zu Ergebnissen kommen, die der wahren Situation nicht entsprechen und Armut oder Reichtum nur vortäuschen.

      Das Beispiel Monaco

      Wenn man an Monaco denkt, denkt man an reiche und schöne Leute, an Luxus usw. Wer aber dächte, dass die Armut in Monaco nach den Berechnungen gewisser Leuten besonders schlimm ist?

      Monaco ist eines der kleinsten Länder der Welt mit unter 40.000 Einwohnern. Die meisten Menschen verdienen in Monaco viel mehr als im benachbarten Frankreich und auch als in Deutschland. Lehrer, Kellner, Handwerker oder Hotelangestellte verdienen teilweise sogar das Doppelte. Aber das Durchschnittseinkommen liegt in Monaco bei über 12.000 Euro im Monat, da ein Drittel der Bevölkerung Millionäre sind und auch einige Milliardäre dort leben. Die mit 60% davon definierte Armutsgrenze liegt also bei 7200 oder 7300 Euro, das gilt wohlgemerkt pro Kopf. Verdient ein alleinstehender Lehrer 7400 Euro, liegt er knapp über der Grenze, hat er aber ein Kind, das noch nichts verdient, haben sie pro Kopf 3700 Euro, sind also weit unter der Armutsgrenze. Man kann also sagen, dass die Armut und besonders die Kinderarmut in Monaco weit verbreitet sind. Es gibt wesentlich mehr Armut in Monaco als in Deutschland, rund die Hälfte aller monegassischen Kinder gelten als arm. Sie leben zwar mit allem Komfort und ihre Eltern haben teure Autos, aber sie gelten als arm.

      Eigene Berechnung

      Wenn man solche Geschichten hört, muss man sich natürlich fragen, ob es wirklich angemessen ist, dass der Wohnsitz darüber entscheidet, ob jemand arm oder reich ist. Andererseits kann man auch nicht alle Bürger der ganzen Welt miteinander vergleichen, denn in manchen Gegenden ist es unmöglich, mit 300 Euro im Monat zu überleben, in anderen schon. In sehr kalten Gegenden muss viel Geld in Heizung und solides Wohnen gesteckt werden, während in immerwarmen Gegenden ein Häuschen im Stile eines gepflegten deutschen Kleingartens bereits vielen vollkommen genügt.

      Man muss also differenzieren, aber nicht nach Wohnort, sondern danach, ob eine Person mit der ihr zur Verfügung stehenden Geldmenge ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.

      Dazu muss dann aber natürlich zunächst definiert werden, was zum Lebensunterhalt gehört. Unbestritten natürlich die Ernährung. Aber dürfen es nur Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln und einfaches Brot sein, oder kann auch ein Mensch als arm betrachtet werden, der sich teure Fertigprodukte kauft oder sein Essen beim Döner oder MacDonald holt, oder aber hochwertige Bioprodukte kauft?

      Sollte man zudem berücksichtigen, dass manche Menschen, zum Beispiel Diabetiker oder Allergiker, oft teurere Lebensmittel benötigen?

      Also was braucht ein Mensch, um sich so zu ernähren, dass man nicht denken muss, er sei arm, wenn man seine Ernährungsgewohnheiten sieht? In Deutschland sind die Einkaufspreise überall fast gleich, jedenfalls die Preise in den Supermärkten sind in entlegenen Gegenden die Gleichen wie in den Großstädten. Wo läge die Armutsgrenze bei der Ernährung in Deutschland? Hundert Euro? 300 Euro? 600 Euro?

      Natürlich braucht der Mensch auch ein Dach über dem Kopf. Und da schwanken die Mietpreise natürlich von Region zu Region sehr stark. Mancher hat auch einfach Glück und ergattert etwas Preiswertes oder hat eine eigene Wohnung.

      Welche sonstigen Bedürfnisse muss man noch berücksichtigen? Schulgeld? Kann ein Mensch als arm gelten, wenn er sein Kind auf eine Privatschule schickt? Versicherungen? Welche Versicherungen kann oder sollte ein Mensch haben, der aber trotzdem noch als arm gelten soll?

      Wieviel Geld kann bzw. sollte er für Vergnügungen zur Verfügung haben, also Kino, Theater, Konzerte, Fernsehen, Gesellschaftsspiele, Handy, Streaming, Reisen, Freizeitspaß, Restaurants, neue Bücher usw.

      Schließt das auch Vergnügungen ein, die von vielen anderen Menschen abgelehnt werden wie zum Beispiel Rauchen, Bordellbesuche, Tätowierungen, gesundheitsschädigende Süßigkeiten, Computerspiele usw.? Kann ein Mensch als arm bezeichnet werden, wenn er Waschmaschine, Geschirrspüler, Fernseher, Computer, Handy und mehr besitzt, oder gilt er nur als arm, wenn er per Hand wäscht und lediglich ein einfaches Radio besitzt? Erst wenn alle diese Faktoren abgeklärt sind, kann man überhaupt eine Grenze ziehen, unterhalb derer jemand in den Augen eines anderen als arm gelten könnte.

      Jeder Mensch hat andere Erfahrungen gemacht. Ich persönlich habe zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass ein alleinstehender Mensch für Grundnahrungsmittel im Monat 50 Euro braucht. Ich persönlich komme sogar mit 30 Euro aus, allerdings werde ich oft von meinen Musikschülern zum Essen eingeladen, so dass ich bestimmt so vier bis fünf Mahlzeiten pro Woche spare.

      Ich esse gerne Müsli, und zwar in großen Portionen von über 1000 kcal pro Mahlzeit. Dazu kaufe ich im Monat etwa 10 Packungen Haferflocken und 10 Liter Vollmilch. Das kostet alleine schon 13 Euro. Die Milch ist Vollmilch und kann daher mit Wasser 1 zu 1 verdünnt werden, so wie es das Kochbuch von Dr. Oetker ohnehin empfiehlt. Das schmeckt allerdings nur gut, finde ich, wenn Obst ins Müsli geschnitten wird, dann macht das Wasser den Geschmack frischer, ähnlich wie bei mit Wasser gemischtem Saft.

      Obst

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