Paulo wird ein Goor (9). HaMuJu

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Paulo wird ein Goor (9) - HaMuJu

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wurde dem See entnommen, es war klar und sauber, sagte man jedenfalls, ich kochte es ab, bevor ich es trank, wahrscheinlich wäre das aber tatsächlich nicht nötig gewesen. Hinter der Hütte gab es ein Plumpsklo, ich erinnere mich, wie mein Vater es einst entleeren ließ, die Männer kippten den stinkenden Inhalt in den Wald, wo er eine Zeit lang vor sich hinroch, bevor die Natur ihn völlig neutralisierte.

      Sobald ich mit meinem Wagen die Autobahn verließ und in den Wald einbog, kappte ich meine Verbindung zur Außenwelt, ich legte zu Hause auch mein Handy auf den Schreibtisch und war so völlig auf mich allein gestellt. Wenn mir bei meinem Hüttenaufenthalt etwas passiert wäre, man hätte mich so schnell nicht erreicht, sicher sagte ich im Krankenhaus immer, dass ich in die Hütte führe, wenn ich mich einmal von allem loseiste. Ich war Oberarzt auf der urologischen Abteilung unseres Kreiskrankenhauses und hatte als solcher allerhand am Hals, da tat mir eine solche Abgeschiedenheit, wie ich sie in der Hütte vorfand, immer sehr gut. Die Hütte war unser „Ruhetempel“, wie mein Vater zu sagen pflegte, auch er wusste schon die absolute Stille zu schätzen, die einen dort umgab.

      Als wir Kinder waren, tobten wir nicht etwa herum und alberten und schrien, wie das die Kinder meistens machten, sondern wir verhielten uns so still wie möglich und empfanden selbst auch, wie gut uns die Ruhe tat, niemand von uns hatte das Bedürfnis nach Lärmen oder Herumtoben, wir bewegten uns während all unserer Aufenthalte an der Hütte in entspannter Ruhe. Vielleicht war es auch der See, der die Ruhe einforderte, sein Wasser war ja so dunkel und still und wenn Wasservögel auf ihm schwammen, so waren auch sie still. Vor der Hütte hatten mein Onkel und mein Vater eine Holzterrasse angelegt, auf der sich schön in der Sonne sitzen ließ, sie war, wie die gesamte Hütte, aus nordischer Lärche gefertigt, was sie eine Ewigkeit halten ließ. Es gab einige Terrassenmöbel, die ich in die Remise stellte, wenn ich wieder abfuhr, auch die Möbel waren aus Lärchenholz gezimmert, ein Tisch, vier Stühle und eine Liege. Die Hütte war nicht sehr groß, sie hatte zwei Zimmer und eine Kochecke, ein Zimmer war ein Wohnzimmer und eines ein Schlafzimmer.

      Früher, als wir alle in die Hütte fuhren, war auch dieses Zimmer ein Wohnzimmer und wurde zum Schlafen schnell umgeräumt. Die Hütte war nur spärlich eingerichtet, es gab zwei Sofas und sonstige Sitzgelegenheiten und es gab einen großen Schrank, der alles aufnahm, was man brauchte und das waren neben Küchenutensilien und dem Besteck und Geschirr auch unsere Kleidung, wenn wir zu Besuch waren. Der Schrank war wie ein Monolith aus feinem Lärchenholz, er war eigentlich für die Hüttenräume zu groß bemessen, wir beließen ihn aber an seinem Platz, er gehörte dorthin, wie die Hütte selbst auch. Die Kochecke bestand eigentlich nur aus einem Gasherd und einer Spüle, die allerdings ohne Wasseranschluss war, auch musste man das Schmutzwasser entsorgen, wir schütteten es meistens ins Plumpsklo, wem der Weg zu weit war, der schüttete es auch schon einmal neben die Terrasse. Das Gas für den Herd musste man immer mitbringen, meistens stand eine große Gasflasche in der Hütte, die für mehrere Aufenthalte reichte, wenn allerdings viel auf dem Herd gekocht wurde und die Gaslampe lange brannte, dann reichte das Gas nicht so lange. Im Sommer saß ich abends oft draußen am Lagerfeuer. Die Magie des Feuers muss nicht gesondert beschrieben werden, man schaute in die Flammen und dachte nach.

      Es gab in den Flammen im Grunde viel zu entdecken, nur wenn man genau hinsah, dann konnte man verschiedene Flammenfarben sehen oder eine Stichflamme bemerken, die sich an einer Gasblase aus dem Holz entzündet hatte. Was einen am Feuer scheinbar der Wirklichkeit entriss und ins Träumen versetzte, das war das Knistern des brennenden Holzes und das Lodern und zuckende Emporschießen der Feuerzungen. Ich konnte Stunden damit verbringen, am Feuer zu sitzen und in die Flammen zu starren, vollkommen ungestört, vollkommen losgelöst von allen Alltagsproblemen. Oftmals grillte ich ein paar Stücke Fleisch, dazu ließ ich das Feuer herunterbrennen und setzte dann einen Rost auf die Glut, das Fleisch hatte ich mir von meinem Metzger geben lassen, „na, wieder in die Einöde?“, fragte er mich dann.

      Ich hatte eine Kühltasche, in der ich auch Butter und etwas Wurst mitnahm, Brot kaufte ich frisch ein, dann noch ein paar Gewürze und etwas Salat, auch eine Flasche Schnaps und ein paar Bier, das musste reichen. Die Sommerabende zogen sich immer endlos, es wurde manchmal gar nicht dunkel, um 0.00 h schien manchmal die Sonne noch, was dem Ganzen etwas Unwirkliches gab. Die Stille wurde dann nur von Geräuschen unterbrochen, die von den Tieren gemacht wurden, die im Wald lebten. Ich kannte schon als Junge alle Vogelstimmen und horchte sofort auf, wenn ein fremdes Geräusch zu vernehmen war, das mit den mir bekannten Vogelstimmen nicht übereinstimmte. Das markanteste Geräusch aller Waldtiere machten die Hirsche in der Brunftzeit, das war ein so markerschütterndes Röhren, das alles andere still werden ließ. Gefolgt wurde das Röhren von einem Geräusch, das aufeinanderschlagende Geweihe erzeugten, wenn die Männchen ihre Kämpfe austrugen und erbittert aufeinander losstürmten.

      Die Brunft ist die Zeit, in der der Hirsch viel an Gewicht verliert, nicht nur wegen der Kämpfe mit seinen Rivalen um die Führerschaft in der Gruppe, sondern auch wegen der vielen Geschlechtsakte, die er mit den Hirschkühen in seinem Rudel ausführte. Sehr speziell war auch das laute Gekrächze der Eichelhäher oder das Hacken der Spechte, das liebliche Singen der Nachtigall oder das durchdringende Gurren der Wildtauben. Aber es gab noch viele andere Tierstimmen, die aus dem Wald zur Hütte drangen.

      Sie wurden durch die besondere Lage des Sees verstärkt, er lag in einem Kessel, umgeben von dicht mit Wald bestandenen felsigen Hängen, die Hüttenseite war etwas lichter, zumindest in Seenähe, bevor aber auch sie in Wald überging. Die Felswände im hinteren Seeteil ragten besonders steil empor und gingen erst in ihrem oberen Teil in Tannenwald über. Der Seekessel wirkte so wie ein Resonanzbecken, weshalb er die Tierstimmen nicht nur verstärkte, sondern auch besonders klar hervortreten ließ. An manchen warmen Sommerabenden passierte es, dass ich am Feuer, wenn es schon sehr weit heruntergebrannt war, einschlief und erst durch die spät einsetzende Nachtkühle des Sees wieder geweckt wurde. Dann ging ich in die Hütte und legte mich ins Bett, deckte mich richtig warm mit dem dicken Oberbett zu, das am Morgen, wenn die Sonne die Luft früh wieder erhitzt hatte, viel zu füllig war und mich ins Schwitzen brachte. Ich stieß das Oberbett dann von mir weg und lag unbedeckt auf dem Bett, das Fenster war geöffnet und die würzige Morgenluft strömte ins Zimmer.

      Das war eine Verbundenheit mit der Natur, wie es sie nur selten gab, wie sie auch nur wenigen vergönnt war, nicht einmal Jäger gingen ihrer Beschäftigung in solcher Abgeschiedenheit nach. Ich hatte noch nie jemanden am See gesehen, wohl hatte ich schon mal Schüsse von weit entfernten Jagden gehört, die dann aber wieder verstummten.

      Früher waren auch meine Brüder mit am See, als wir Kinder waren und unsere Urlaube mit den Eltern dort verbrachten. Sie waren dann aber weggezogen und wir trafen uns nur ganz selten einmal zu besonderen Anlässen, wie der Hochzeit ihrer Kinder oder ihrer eigenen Silberhochzeit. Ich hatte vor zwanzig Jahren Marietta geheiratet, war aber seit acht Jahren wieder von ihr geschieden und lebte seitdem allein, wir hatten keine Kinder, vielleicht war das der Grund für unsere Trennung. Marietta war dann nach Süden gezogen, sie hatte jemand anderen kennengelernt und eine Stellung als Internistin gefunden, sie arbeitete in einem großen Krankenhaus und fühlte sich dort sehr wohl, wie ich hörte. Marietta und ich hatten uns an der Uni kennengelernt, sie stammte aus einer Medizinerfamilie, auch ihre Geschwister studierten Medizin und da war eigentlich klar, dass auch Marietta Medizinerin wurde.

      Sie sah sehr gut aus und fiel mir an der Uni gleich auf, wir fingen beide zur gleichen Zeit mit dem Studium an und redeten zum ersten Mal in der Mensa miteinander. Ich glaubte, ich hatte mich sofort in Marietta verliebt und begann sie sogleich zu umgarnen. Wir wohnten beide im Wohnheim auf unterschiedlichen Etagen, sie wohnte mit ihrer Freundin und ich mit einem Freund zusammen. Ich glaubte, ich war Marietta auch auf Anhieb sympathisch, wenn ihre Freundin ausgegangen oder nach Hause zu ihren Eltern gefahren war, rief Marietta bei mir an, dass ich doch zu ihr kommen sollte und ich war dann immer gleich zu ihr hoch. Ohne viel Federlesens fielen wir dann auf Mariettas Bett und liebten uns, meine Güte, war das eine intensive Zeit!

      Unser Studium lief neben uns her, es forderte keinem von uns sonderlich viel ab, wir waren vollauf mit uns selbst beschäftigt, wir liebten uns, manche

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